Keiner macht mir Drogen!

Als ich anfing, Blaulichtauto zu fahren, da gab es, zumindest gefühlt, einen Haufen Einsätze mit Junkies. Ich hatte zu Beginn meiner Karriere als Healthcare Professional ein sehr bigottes, sicherlich auch von meiner jugendlichen Naivität gefärbtes Weltbild. Dieses sagte mir, dass Drogenkonsumenten böse seien und aus eigener Schuld auf der Schattenseite unserer Gesellschaft wandeln würden.

Was für ein Bullshit! Menschen die aDrogen konsumieren, sind in allererster Linie Menschen … die Drogen konsumieren!

Mal ganz davon abgesehen, dass Drogenkonsum damals nur problematisiert wurde – und auch heute zumeist nur negativ dargestellt wird – wenn es sich um illegale Drogen handelt. Von den Millionen Hektolitern Bier, Wein und Schnaps, die jährlich durch teutonische Kehlen rinnen, wird immer nur berichtet, wenn es sich für irgendeine sinn- und nutzlose Blaulichtdokusoap als „Action“ eignet; womit wir wieder beim bigotten Weltbild wären, habe ich doch damals auch gerne mal einen weggezecht. Von Tabak wollen wir gar nicht erst reden.

Man hat erst angefangen, auch gegen diese Kulturdrogen zu schießen, als man feststellen musste, dass der volkswirtschaftliche Schaden, welchen harter oder auch riskanter Konsum anrichten können, unsere Shareholder jährlich einen Haufen Penunze kostet. Volksgesundheit? Dass ich keinen Lachflash kriege. Es geht niemals um den Menschen, sondern immer nur um die Kohle. Nichtsdestotrotz werden die meisten Menschen immer noch hysterisch, wenn die Sprache auf so genannte harte Drogen kommt. Freunde der Nacht; „zu Tode gehascht!“? Echt jetzt? Keine Ahnung von Pharmakologie, aber mir erzählen wollen, wie Drogen wirken, was sie im Menschen anrichten, wie gefährlich sie sind und dass man ja von Crack und Meth beim ersten Mal süchtig wird…

Hinsichtlich solcher Legenden und der sozialen Implikationen des Gebrauchs von Drogen hätte ich folgende Leseempfehlung im Angebot: Dr. Carl Hart, High Price: Drugs, Neuroscience, and Discovering Myself. Das Buch handelt zwar in/von den USA, die Schlussfolgerungen, die vom Autor hinsichtlich der sozialen Folgen der Kriminalisierung von Drogen gezogen werden, gelten jedoch in Deutschland ebenso, wenn auch nicht im gleichen Umfang. Dennoch ist es bedenkenswert, wenn die politische Diskussion um teilweise Legalisierung, Fixer-Stuben, Substitutions-Programme und ähnliches wieder von den Ewiggestrigen dominiert wird, die der Meinung sind, dass ihr Weltbild auch die soziale Realität der anderen dominieren muss. Diese Typen gehen in den Anden nach Machu Picchu wandern, würden ihren Wanderführer aber in Good Old Germany einlochen lassen, weil er Coca-Blätter kaut; eine jahrtausendealte Kulturdroge, die bei uns halt zufällig als Kokain bekannt geworden ist. Und schon wieder sind wir bei bigott.

Die Gründe für Drogenkonsum – sei es Alkohol, Tabak, oder eine x-beliebige von den bösen anderen Substanzen – sind so mannigfaltig wie die Menschen und ihre Lebens-Umstände. JA, zweifellos muss man den Konsum im Auge behalten und regulieren. Aber das reine Prohibition nicht funktioniert, haben gerade die USA von 1920 bis 1933 mehr als schlagend bewiesen. Das einzige, was der 18 Zusatzartikel der Verfassung bewirkt hat, war ein Anstieg der organisierten Kriminalität (oder was denkt ihr, wie Al Capone so reich und berüchtigt geworden ist?).

Nutzer und kleine Dealer einzulochen, ist genauso sinnfrei (ein paar Stunden später sind sie eh wieder draußen), wie es unnötige Arbeit für unsere Ermittlungsbehörden erzeugt. Und die Großdealer kriegt man sowieso so gut wie nie. Warum also nicht diese ganze Illegalität austrocknen, in dem man den Konsum unter staatliche Kontrolle stellt und Psychologen, Sozialarbeiter und Juristen darüber wachen lässt, so wie in Portugal. Wenn Menschen etwas konsumieren wollen, tun sie das, egal, ob es legal ist oder nicht. So zu tun, als ob das allesamt Verbrechen wären, nutzt aber keinem.

Denn indem ich diese Menschen kriminalisiere, schließe ich sie von der Teilhabe an der Gesellschaft aus, ohne herausgefunden zu haben, wie wertvoll sie eventuell für diese sein könnten. Das ist dumm, wenn ich doch Fachkräftemangel beklage und überdies die Kosten bedenke, die dieser tägliche Kleinkrieg gegen die Drogen erzeugt. Der dabei erzeugte volkswirtschaftliche Schaden wiegt viel schwerer, als der durch Alkohol und Tabak. Denkt doch einfach mal drüber nach.Gute Nacht.

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