Retrodingsbums… ach ihr wisst schon, Jahresende und so…

Ich habe seit über einem Jahr so ‘ne Zettelbox im Regal neben meinem Schreibtisch stehen. Da werfe ich gelegentlich Gedanken, Ideen, Gute Erfahrungen etc. hinein; also auf Papier, nachdem ich diese auf so kleine Zettelchen geschmiert habe. Und es überrascht mich immer wieder dass ich nicht nur a) meine Sauklaue Monate später noch entziffern kann, sondern b) auch das eine oder andere darauf steht, dass mir Mut macht. Ich habe diese Box mit ein paar Sprüchen beklebt. Einer davon ist von Clive Staples Lewis, dem Autor der “Chroniken von Narnia” und gutem Freund von Tolkien. Er lautet: “Isn’t it funny how, day by day, nothing changes, but when you look back, everything is different…?” So kommt mir das Jahr 2024 vor. Viel Scheiße ist passiert, die mich zwischenzeitlich immer wieder an den Rand meiner Kräfte gebracht hat (und das vermutlich im neuen Jahr gleich wieder tun wird); und doch kann ich eine Bilanz vorweisen, mit der ICH weitestgehend zufrieden sein dürfte, wenn ich zu diesem Gefühl mit Blick auf meine Arbeit derzeit fähig wäre. Also, Schwamm drüber. Anstatt über die Vergangenheit zu jammern, die – wenn ich meinen Zettelchen glauben Schenken möchte – doch mit einigen Siegen garniert war, soll es ein, nicht immer ganz ernst gemeinter Rückblick werden. Denn richtig ernst nehmen kann ich die ganze Scheiße erst ab dem 07.01.2025 wieder…

  • Ich habe etwas dazu gelernt: nämlich dass es nicht auf die Größe des Scheißhaufens ankommt, sondern auf die Einstellung des Betrachtungswinkels. Dinge im Okular können gelegentlich viel größer sein, als sie erscheinen, aber sind es nicht doch die kleinen Dinge, die besondere Freude bereiten? Also: einfach den Blickwinkel einstellen, bis die Größe passt! Oder Blattgold drauf kleben, wie manche das im QM immer machen. Aber Obacht – auch funkelnde Dinge können furchtbar stinken…
  • Das war aber nicht das Einzige: ich weiß jetzt auch, dass ich den Satz “Wir sind auf einem guten Weg!”, begleitet von der im Windschatten lauernden Killerphrase “Das sind doch auch unsere Ziele!” abgrundtief hasse! Haben die jetzt ein Geheim-EEG installiert und glauben ernsthaft, darauf sähe man, was ich denke? Mal davon ab, dass ich meine Ziele oft genug selbst erst mal rausfinden muss. Dem Himmel sei Dank werden wir nicht mit LCD-Displays in der Stirn ausgeliefert, die unsere Gedanken live ausgeben, sonst wäre ich wahrscheinlich geflogen.
  • Ich kann jetzt beinahe fließend Bullshit-Sprech: meine KPI (Key Performance Indicators) sind mit dem Überzeugungs-Effizienz-Faktor ÜFF, dem Überlastungs-Resilienz-Koeffizienten ÜRK und der Dummes-Geschwätz-Konter&Terminierungs-Zahl DG-KoTZ hinreichend beschrieben und werden akribisch gemonitored und reported – und zwar nur an mich. Laufen die Zahlen aus dem Ruder, laufe ich davon. Easy, oder…?
  • Wo wir doch gerade beim Lernen sind: manche Menschen (und JA, ich meine damit Azubis) sind stinkfaul und noch dazu so arrogant, ernsthaft zu glauben, das meine Kolleg:innen und ich zu blöd sind, es mitzukriegen, wenn sie generative KI benutzen, um sich das Leben einfach zu machen – Leute, nur zur Info: ich gebe Fortbildungen zu dem Thema, also werdet erwachsen und erledigt euren Scheiß gefälligst selbst! Damit kommen wir doch tatsächlich schon direkt zum nächsten Punkt…
  • KI in meinem Leben: spielt mittlerweile eine gewisse Rolle. Sie kann nämlich helfen, die Arbeitseffizienz zu steigern, wenn sie punktuell sachgerecht eingesetzt wird. Und obwohl das so ist, stehe ich immer noch auf dem Standpunkt, dass wir uns erst richtig mit der menschlichen Dummheit befassen sollten, bevor wir es so richtig mit künstlicher Intelligenz versuchen können. Man muss sich nur diese selbstherrliche, tech-affine, vollkommen durchgeknallte antidemokratische Hohlbirne anschauen, die einst illegal aus Südafrika in die Staaten eingewandert ist, um zu wissen, was ich fürchte. Ja, ich meine Elon Musk, Faboys- and girls. Wann wandert dieses Stück Scheiße ENDLICH auf den Mars aus…?
  • DIE KOMFORTZONE: Heidewitzka, was habe ich dieses Jahr oft darüber referiert, dass NIEMAND in der Komfortzone gut und nachhaltig was lernt! Es wirkt nicht immer so, als wenn die zuhören würden (siehe oben), aber ich habe dabei ernsthaft noch einiges über mich selbst erfahren; und wie es mir gelingen kann, besser zu werden. Ich bin jetzt ein gereifter Hund, aber neue Kunststückchen lerne ich immer noch gerne (siehe KI-Nutzung). Ich habe neuen Kram schon immer gerne spielerisch erforscht – und ich durfte feststellen, dass das auch 2024 wieder gut funktioniert hat. Den Drive nehme ich nach 2025 mit. ABER… spielerisch bedeutet nicht mühelos und schon gar nicht auf der Couch liegend – selbst, wenn es nur eine mentale Couch ist.
  • A propos Spielen: ICH WILL NOCH MEHR ZOCKEN! Aber… man kann getrost festhalten, dass auch das Jahr 2024 (und damit das 35. Jahr meiner Pen’n’Paper-Karriere) nicht ohne einige Sitzungen auskommen musste. Mehr geht immer, aber Terminfindung is a pain in the ass. Immerhin, ich sehe, dass sich was bewegt. Und ich habe auch hier noch das eine oder andere auszuprobieren. Ein paar Sachen habe ich letzthin schon umgesetzt und war durchaus angetan.
  • Ich möchte zur Politik möglichst wenig Worte verlieren… nur so viel: Friedrich Merz hat sich als ewiggestriger, miesepetriger Fass-mich-nicht-an etabliert! Er wär so gerne der harte Schoolyard-Bully und hat nicht mal die Eier in der Hose, ‘n flapsigen Spruch von unserem Noch-Kanzler-Eremiten sportlich zu nehmen? Mann, Mann, Mann. Wohin man auch blickt: Amateure, Flachpfeifen, arrogante Selbstdarsteller, Pienzbacken und Dauer-Talkshow-Sprechblasen-Klopfer. Was soll ich damit? Und das wird ja bis zum 23.02.25 nicht besser. Nur eine Sache ist klar: das Fascho-Pack von der AfD ist KEINE Alternative für unser Land – und wer sehenden Auges auf deren Ein- Aus- und Unfälle (die von den Medien in aller Breite und Buntheit regelmäßig dokumentiert werden) trotzdem diese Nazis wählt, ist KEIN Protestwähler, sondern ein waschechter NAZI. Raffts endlich, ihr Pfosten!
  • Das Beste kommt natürlich zum Schluss: die Urlaube mit meiner Famile waren und sind wunderbare Auszeiten vom Wahnsinn des Alltags. Südfrankreich hat meine Sinne ebenso beglückt, wie Mittelitalien. Ich reisse immer noch 1100 KM auf einer Arschbacke ab, wenn ich weiß, dass ich dort für eine kurze Weile DAS Leben haben darf, für das ich eigentlich gemacht bin. Langsamer, bewusster, konzentrierter, intensiver. Nur dann umgeben von Menschen, wenn ich das will und mit wem ich will; zumindest weitgehend.

Ich bin ein extravertierter Introvertierter. Ich kann Rampensau, aber nur, bis meine Akkus leer sind. Im Moment sind wir zwar nicht weg, weil die Festtage zu Hause mit Familie und Freunden zu feiern sind. Aber die Akus füllen sich dennoch – Gott sei Dank. Aber eigentlich will ich einfach nur mehr von zu Hause arbeiten, schreiben, lehren, beraten – und diesen ganzen Chefquatsch Chefquatsch sein lassen. Wir werden sehen. Vielleicht fällt mir morgen noch ein Grußwort für 2025 ein. Und wenn nicht… rutscht gut, aber in die richtige Richtung. Wir hören uns…

Auch als Podcast…

Holy Sh**…!

Man fiebert, man wartet, man bangt, man sehnt, man wünscht, man verflucht, man winkt genervt ab, man verdammt, man möchte am liebsten wegrennen und trotzdem alles auf einmal in sich aufsaugen. Es gibt diese Periode zum Ende eines jeden Jahres, zu der Zeit sich wie Melasse und WD 40 gleichzeitig anfühlt und man sich stetig bei der Frage ertappt, was das alles eigentlich soll? Denn wenn wir dieses ganze Jahresendgebimse und -gesummse mal kurz aus größerer Höhe betrachten, stelle ICH immer wieder Folgendes fest: gehe ich am 31.12. um 23:58 kacken und betätige am 01.01. 00.03 die Spülung, so gilt einfach nur: different year – same shit! Ich schrieb hier in den letzten Jahren immer mal wieder über Rites de Passage (z. B. in diesem Post) und die heilende WIrkung für die Seele, welche insbesondere die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr auf mich – und die anderen, von Stress, Arbeitsverdichtung, der Weltlage und dem ganzen Scheiß geplagten Menschen in meinem Umfeld – haben sollte. Diese Heilung kann allerdings nur beginnen, wenn man sich darauf einlassen kann. Dazu müsste man einfach drauf scheißen können und das fällt mir derzeit schwer, denn wenn ich am 07.01 zurückkehre gilt: different year – same shit! Ich stellte letzthin fest, dass selbst ein in weitestgehender Solitude verbrachtes Wochenende meine sozialen Batterien kaum noch aufzuladen vermag, meine Bullshit-toleranz stabil bei ca. zwei Prozent umherdümpelt und mein Job mich eher zum Kotzen bringt, denn zum Lächeln. Da nutzen ein paar wenige Tage Urlaub bestenfalls, um partiell auf andere Gedanken zu kommen. Und doch…

Heute Abend beginnen die Raunächte, jene dunklen Stunden des Jahres, die – wie man von einem guten Übergang erwarten darf – Ende und Anfang gleichzeitig repräsentieren, wie sonst nur wenige Dinge in unserer, vom geschäftigen Huzz und Buzz des Arbeitslebens und der vielen anderen Verpflichtungen durchgetakteten Gesellschaft. Aldous Huxleys Schöne Neue Welt lässt grüßen… Eigentlich sollte es kein bestimmtes Datum als Grund für Instrospektion, Neubewertung, Kurskorrektur brauchen – also jene Aspekte, die wir gelegentlich zum Anlass nehmen, um als Erwachsener in eine neue Lebens-Phase eintreten zu können, ganz gleich, wie groß oder klein die Veränderung am Ende dann sein mag. Doch wir Menschen neigen dazu, uns an speziellen Daten aufzuhängen, weil diese in der unerquicklichen Unüberschaubarkeit jener Aneinanderreihung weiterer Sekunden, von denen wir niemals WIRKLICH wissen können, wie die nächste aussehen wird (man erinnere sich an die unüberwindbare Mauer der nächsten Sekunde), temporale Landmarken darstellen. So wie der Kirchturm, dieses eine besondere blaue Haus oder der kleine Park uns helfen, durch unsere geografische Umgebung zu navigieren, so sind Geburtstage, Feiertage, die eigentlich sehr willkürliche Einteilung in Wochen á sieben Tage (und in 12 krumme anstatt 13 identische Monate) und manches andere mentale Anker, welche die Relativität von Zeit besser erträglich machen. Und so klammern wir Menschen uns auch weiterhin verzweifelt an bestimmte, von alters her überlieferte Rituale; und so klammere ich mich an die Raunächte, um mit der Frage zu ringen, was als Nächtes werden soll. Wohl wissend, dass alles Plotten und Planen bestenfalls das Gelächter des Schicksals anregt.

Ich glaube nicht, dass ich mich diesbezüglich sonderlich von anderen Menschen unterscheide. Ich bezeichne mich – wie ein hoch geschätzter Kollege dies auch immer zu tun pflegt – als durchschnittlich intelligenten Menschen. Ich kann nicht besser in die, wie bereits bemerkt eher nur vage wahrnehmbare Zukunft schauen, einfach so schlimme Probleme lösen oder die Welt retten, als viele andere auch. Ich habe allerdings einige Talente, die tatsächlich eher selten geworden zu sein scheinen: Anstand, Haltung, Selbstreflexion und die Bereitschaft, meine Kreativität auch mal sinnvoll einzusetzen, ohne gleich auf den Paycheck zu schielen. All das möchte ich nun in die Wagschale werfen und die Raunächte tatsächlich als Anlass nehmen, zu schauen was war, was jetzt gerade ist und was vielleicht sein könnte. Nicht im Sinne einer Heilung, sondern eher im Sinne eines Re-Framings. Ich brauch eine neue Perspektive auf meine Situation; und auf die Frage, ob der Aufwand, welchen zu treiben ich mich derzeit (noch) verpflichtet fühle und die Benefits noch in irgendeinem Verhältnis zueinander stehen? Ich betrachte das gar nicht so sehr aus fiskalischen Gesichtspunkten, wiewohl ich Verpflichtungen habe, die nach Beachtung verlangen; ich kann nicht einfach so den Stecker ziehen und erst mal ein Sabbatical einlegen. Denn wenn ich das könnte, wäre das schon lange passiert. Ich denke tatsächlich schon seit einer Weile über diese Dinge nach – doch erst jetzt habe ich (dank einiger freier Tage) auch tatsächlich die Muse, über Alternativen nachzudenken, ohne immerzu von den Nöten des Alltags abgelenkt zu werden. Ich würde das allerdings nicht als Rite de Passage bezeichnen wollen, da zunächst noch unklar bleibt, ob es tatsächlich zu einer Veränderung kommen wird (und falls ja, zu welcher), sondern eher als Rite de la pensée; oder vielleicht sogar als Rite du rêve. Denn nachdenken muss ich – und träumen will ich!

Wie man’s auch dreht und wendet, wir stecken mitten im Weihnachtsfest, zu dem ich euch allen da draußen (ganz gleich, welchem Glauben ihr anhängen mögt) friedvolle Feiertage wünschen möchte! Feiert, was immer ihr zu feiern habt – und wenn ihr echt glaubt, nichts zu feiern zu haben, dann feiert trotzdem nach bestem Vermögen; und wenn’s nur ist, weil jeder Tag ohne Zettel am Zeh ein guter Tag ist! Das Jahresende dräut nun mit aller Macht und irgendwie zieht es viele dann immer zu Rückblicken. Man möchte resümieren, was war und was ist. Dazu kann ich jetzt gerade nur sagen: vor allem einige dienstliche Teile von 2024 waren atomar granatenmäßige Ultrabullenscheiße! Mein Bedarf ist gedeckt. Ob mir noch Anderes, Sinnvolleres, Schöneres einfällt, werden wir in den nächsten Tagen sehen. Bleibt sauber, so gut es geht. Wir hören uns noch, bevor für ’24 endgültig der Hammer fällt…

Auch als Podcast…

Against the rules…

Stellen wir uns einmal vor, wir arbeiten in einer komplexen Organisation, deren Gedeihen der Garant für unsere Existenz ist. Diese Organisation stellt ein Uno-Acto-Produkt zur Verfügung, in unserem Fall eine Dienstleistung, welche in dem Moment verzehrt wird (das nennt man auch so, auch wenn es KEIN Essen ist), in welchem sie hergestellt wird. Mit vielen Dienstleistungen verschiedenster Arten ist es so, dass sie den selben dynamischen Entwicklungen der Kultur unterworfen sind, für deren Mitglieder sie produziert werden. Kultur ist nämlich ein Prozess, in welchem sich Menschen und damit gleichsam deren Art sich auszudrücken, sich zu verwirklichen, miteinander zu interagieren, etc. immer weiter entwickeln und verändern. Die Menschen und ihre Kultur als Ausdruck ihres sozialen, künstlerischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Handelns beeinflussen sich dabei gegenseitig und bleiben niemals statisch. Wer in einer Kultur statisch agiert, wird von ihr irgendwann dafür bestraft. Ergo muss unsere Organisation auch ihre Dienstleistung immer wieder neu an die sich ändernden kulturellen Notwendigkeiten anpassen, andernfalls wird sie vom Markt verschwinden! Und damit wäre ja meine Existenz bedroht, welche – wie oben gesagt – vom weiteren Erfolg der Organisation abhängt. Damit ist aber doch eigentlich alles ganz einfach: die Orga entwickelt sich eben mit und alles ist super shiny-shiny, oder? Tja… wenn das doch nur so einfach wäre.

Organisationen prägen nämlich, je nachdem wie alt und komplex sie werden, Regelwerke aus, welche die internen Beziehungen, Aufgaben, Abhängigkeiten, Weisungsbefugnisse, etc. regeln sollen. Und je unübersichtlicher die Orga wird, desto unübersichtlicher wird das Regularium, welches diese einhegen soll. Denn komplexe Organisationen neigen dazu, sich auf drei Hauptkomponenten ihres Daseins zu konzentrieren: Kontrolle der Prozesse, um diese einer Koordination unterwerfen zu können, damit die Produktivität gehalten bzw. sogar gesteigert werden kann. Alles MUSS in Key Performance Indicators (KPI) gegossen werden. Und die Macht der KPIs über alle Prozesse ist der Tod der Kreativität! Denn all diese Kontroll- und Koordinationsmechanismen schaffen (neben ihrer originären Aufgabe) vor allem eines: autopoietische Prozesse, welche das Überleben dieser Kontroll- und Koordinationseinheiten innerhalb der Organisation gewährleisten sollen. Verwaltung bläht sich stets selbst auf, um ihr Überleben zu sichern – und wird dabei ineffektiv! Ein noch viel größeres Problem ist allerdings, dass im gleichen Zug jenes Regularium, welches Anfangs tatsächlich helfen sollte, die Organisation im Griff zu behalten, irgendwann ein unheiliges Eigenleben entwickelt. Irgendwann sind dann so viele Einzelregeln gültig, dass es, sofern man auch nur versucht, sie alle einzuhalten zwangsläufig zu einer Erstarrung der Organisation kommen muss; die Innovations- und Wandlungsfähigkeit gehen verloren, die Regeln werden nur noch befolgt, einfach weil es die Regeln sind. Aus Organisations-Kultur wird Organisations-Tradition! Und eine Weile später stirbt die Organisation dann…

Dass es nicht ganz so häufig dazu kommt, dass Organisationen tatsächlich sterben, wie die eben von mir aufgezeigten, durchaus häufig anzutreffenden Entwicklungen vermuten lassen, liegt daran, dass wir Menschen dazu neigen, Regeln zu unterlaufen, zu verbiegen und nicht ganz so ernst zu nehmen, wenn wir zu der Überzeugung gelangt sind, dass diese oder jene Regel in genau diesem Moment Quatsch ist, einer positiven Entwicklung im Weg steht, oder evtl. sogar Schaden verursacht. Ein Beispiel: man steht mit seinem Fahrzeug nachts um 02:37 an einer roten Ampel. Alle, bekanntermaßen wenig befahrenen Zu- und Abfahrten sind weithin sichtbar lotterleer und es gibt keine Blitzampel, welche einen etwaigen Verstoß dokumentieren könnte – was wird man wohl tun…? Zeichnen wir das Bild noch etwas differenzierter: nehmen wir an, das Fahrzeug ist ein Rettungswagen mit einem Patienten, der zwar nicht kritisch ist, der vom Rumliegen auf der Fahrtrage im RTW aber auch nicht besser wird. Ihre Entscheidung, Watson. Sofern solches – explizit NICHT Regelkonformes – Verhalten in bestimmten Situationen dazu angetan ist, in der Gesamtschau der Prozesse einer Organisation oder eines Subsystems dieser Orga einen Benefit zu erzeugen, spricht man in der Diktion von Niklas Luhmann von “brauchbarer Illegalität“. Es geht dabei nicht um expressiv gesetzeswidriges Handeln (also Illegalität im Kontext unserer Gesetze), sondern um ein interpretierendes Biegen / Unterlaufen von Regeln und Normen innerhalb komplexer Organisationen, um positive Einzeleffekte erzielen oder aber deren Innovations- und Reaktionsfähigkeit erhalten zu können. Und man spricht auch dann nicht von “brauchbarer Illegalität”, wenn das Handeln lediglich darauf abzielt, einen Vorteil für sich selbst zu gewinnen; das wird in den meisten Fällen eh ein durch das StGB beschriebenes Verhalten sein: Mobbing, Unterschlagung, Betrug, etc.

Aber der Spruch “Alle haben gesagt, dass das nicht geht. Dann kam einer, der das nicht wusste und hat es einfach gemacht!” beschreibt die Idee hinter dem Begriff “brauchbare Illegalität” ganz gut. Manchmal muss man andere Wege abseits des Üblichen gehen, um an ein Ziel kommen zu können. Und wenn diese Wege theoretisch durch diese oder jene Regel verbaut sind, kann selektive Blindheit in solchen Situationen sehr hilfreich sein. Das dann manchmal trotzdem jemand – sich die Augen reibend – immer noch das Bier hält und sich fragt, was zur Hölle da gerade passiert ist, bleibt hierbei wohl für immer ein Risiko. Aber ohne den Mut, Regeln zu brechen, die kreativen Problemlösungen im Wege stehen, würden wir vermutlich noch immer Fellvorhänge benutzen, bei der Mammutjagd verletzt werden, ohne dass die BG für die Folgen aufkäme; und Säbelzahntiger wären immer noch eine existentielle Bedrohung. Na ja, ICH hätte freilaufende Großkatzen in Berlin ja gefeiert… Man mag anderer Meinung sein, aber für mich ist ein gelegentliches Going against the Rules essentieller Bestandteil meines Daseins. Denn wenn man in einem Zimmer steht und nicht verstehen kann, warum das/die Gegenüber einfach nicht sehen können (oder wollen), was vollkommen klar (und laut trötend…) im Raum steht, bleiben halt manchmal nur noch die verpönten Guerillataktiken. ICH bin jedenfalls lieber brauchbar illegal, anstatt unkreativen Dienst nach Vorschrift zu tun und damit Probleme nur unnötig zu prolongieren. Und ihr so? By the way – bald ist Weihnachten. Legt euch doch mal selbst was Gutes unter den Baum. Wie wäre es etwa mit einem Arsch in der Hose, wenn der Wind bei der Arbeit mal wieder auffrischt. Gehabt euch wohl…

Auch als Podcast…

It’s the end, my only friend…

Die Liebe für das Abseitige, das Ungewöhnliche, das Nerdige, die seit Kindertagen mein wichtigstes Movens ist, scheint nicht nachlassen zu wollen. Denn wann immer die Last schwer wird, findet sich ein Funke der Beklopptheit, der meine Kreativität wieder anzündet; gleich einem Scheiterhaufen für all die Scheiße, die man bisweilen zu fressen hat und die man nun mit Macht wieder loswerden darf. Manchmal geht man durch Zeiten, in denen es wirkt, als wenn das Licht schwindet, als wenn man nicht mal mehr die Kraft hat, das Notwendige zu tun und sich einfach nur noch unter einem Stein verkriechen möchte. Solche Zeiten sind insbesondere schwer, wenn man per vertraglicher Verpflichtung keine Chance bekommt sich zu verkriechen, jedoch im Grunde seines Herzens ein Introvertierter ist, der lediglich gelernt hat, offen für andere Menschen und Situationen zu sein. Ja, ich bin AUCH eine Rampensau, wenn die Situation es erfordert, oder wenn ich Spaß daran finde. Aber diese Extraversion kostet mich viel Kraft, denn zuerst bin ich ein Mensch, der seine Ruhe braucht und den, diese Ruhe nicht zu bekommen immer wieder auf’s Neue an seine Grenzen bringt. Letzthin war meine Contenance endgültig aufgebraucht und ich habe meine rohen Emotionen für einen kurzen Augenblick freien Lauf gelassen. Die Zeugen haben dann auch gleich auf die übliche Art reagiert, die wir uns als kultivierte Affen haben antrainieren lassen: “Wer brüllt hat unrecht.”, das Gesicht wahren ist wichtiger als alles Andere, “Man redet nur mit Menschen, die sich im Griff haben.”… bla, schwa, laber, schwätz. DUMMES GEBABBEL ALLSEITS. Denn das Interessante an der Erfahrung war, dass die Menschen, die ich angebrüllt habe nicht verstehen konnten – und vermutlich immer noch nicht verstehen können – dass sie daran einfach selbst schuld sind, weil sie immer und immer wieder in alte Muster verfallen.

Ich arbeite an einem Ort, an dem es zumindest für manche Menschen a) üblich ist über- anstatt miteinander zu sprechen, b) das Ansehen, welches man bei anderen zu genießen müssen glaubt, wichtiger ist als die Sache, c) jeder – entgegen anders lautenden Beteuerungen – nur seinen eigenen Bereich sieht (oder besser seinen “geschäftlichen Vorteil”, was auch immer das in einem Tendenz-Betrieb bedeuten mag) und d) Tradition als ausreichender Fortschritt betrachtet wird. Ich Vollidiot habe tatsächlich ein paar Jahre geglaubt, etwas an den Dingen ändern zu können, habe mich durch Beteuerungen, dass sich Dinge schon entwickeln würden, dass wir auf einem guten Weg wären, dass man nur noch etwas Geduld haben müsse bei der Stange halten lassen. Aber ich bin jetzt an dem Punkt, da ich in aller Deutlichkeit feststellen muss, dass ich mir diese Scheiße nicht mehr länger anhören will. Mein Problem ist – unumwunden – dass ich erst einen äquivalent bezahlten anderen Job finden müsste, der meine Skills und Talente wirklich abfragt und dessen Anbieter mich auch ehrlich zu würdigen weiß. Und solche Jobs gibt es anscheinend nicht, weil wir alle in Sandburgen aus Schall und Rauch sitzen, uns gegenseitig auf die Schulter klopfend, was für geile Typen wir doch sind. JA, meistens sind es Typen. Hätten wir tatsächlich Gleichberechtigung, müsste ich doch irgendwann mal einen weiblichen Boss haben, der mich zur Verzweiflung bringt…. aber bis heute keine Spur davon. Der Haufen Scheiße, den mein Kreativ-Scheiterhaufen also heuer abfackeln muss ist echt immens! Wenigstens habe ich über die Feiertage Urlaub. Einstweilen bleibt also erst mal alles beim Alten – und ich vermutlich unglücklich, weil ich gerne wirklich etwas bewegen würde, aber eben auch für meine Familie sorgen muss…

Wut kommt über meinen Geist, zu oft
obwohl er stets erschafft und hofft.
Ich war, ich bin, ich werde sein,
doch vieles ist nur Trug und Schein.
Ich wollt' schon vieles, hab wenig geschafft.
Das Ding zu drehen mangelt mir wohl die Kraft!
Dies Ding namens "LEBEN", es fordert viel
mit ihm wild zu tanzen ist wie ein Spiel -
ein teuflischer Reigen im Kreis, denn was war -
oft auch was ist - erscheint mir nun klar!
Kommt noch mehr, ich kann's nicht sehen,
unscharf im Nebel gewahr ich ein Flehen.
Wessen Klage ich gewahre, ist auch egal;
's klingt mir doch wie meine eigene Qual...
Was bleibt mir also zwischen den vielen Ideen,
außer einfach immer weiter zu gehen...?


(Was auch immer das hier Anderen bedeuten mag - mir ist es eine Erleichterung und ein Zeichen. DA IST NOCH KREATIVE KRAFT IN MIR!)
Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N°59 – rock the grid…?

Mit Pen’n’Paper-Rollenspiel ist es wie mit dem Essen – ab und an muss man mal was Neues ausprobieren. Oder wenigstens Dinge wieder ausprobieren, die man schon mal kannte, aber irgendwie wieder aus den Augen verloren hatte. Und wenn es einfach nur dazu gut ist, zu der Erkenntnis gelangen zu können, dass man z.B. KEIN Tactical Wargamer ist. Also… ich verstehe schon, was das Wort Taktik bedeutet und je nach gespieltem Charakter versuche auch ich durchaus, in kompetitiven Szenarien (lese: Kämpfen) den Sieg vom Platz zu tragen. Aber ich bin KEIN Wargamer. Ich habe nie verstanden, warum ein Kampf auf bestimmte Art ablaufen muss und bestimmte Manöver nur mit dieser oder jener Spezialisierung möglich sind. Now don’t get me wrong: wir benutzen auch Regeln, die für alle gleich sind. Aber die lassen Freiraum für kreative Moves, Nutzung der Umgebung, Stunt-Combos und vieles mehr. Ich selbst spiele gerne freier und als SL stehe ich auf dem Standpunkt, dass jeder Char alles probieren kann; es wird nur nicht jeder in allem gleich profizient sein. Ein Beispiel kann dies evtl. verdeutlichen: ein geübter Melee-Fighter gerät in eine bewaffnete Auseinandersetzung mit zwei deutlich größeren Gegnern. Ist der Spieler clever, wird er versuchen, die Größe der Gegner zu seinem Vorteil einzusetzen, indem er etwa zwischen den Beinen durchflutscht und die zwei ineinander laufen lässt. Hierzu ist eine Akrobatik-Probe erforderlich und je nachdem wie gut (oder schlecht) diese geschafft wird, gibt’s einen Modifikator auf den Counterstrike oder Dodge-Roll. Würde jemand untrainiertes derlei versuchen, kann er das auch jederzeit tun, hat aber eine deutlich höhere Schwierigkeit, gegen die gewürfelt werden muss (weil solche Manöver nicht beübt sind) und steht am Ende vielleicht sogar ohne weitere Aktionen da (in meinem System haben Chars per Trainingslevel nämlich unterschiedlich viele Aktionen pro Kampfrunde) und muss nun zähneklappernd hinnehmen, dass die Großen vielleicht noch einen Angriffsversuch übrig haben… Aber wir spielen das eher selten auf einem Feld-Gitter mit festen Abständen; und wenn haben die Angaben eher deskriptiven Charakter Denn Chars haben überdies teileise deutlich unterschiedliche Bewegungsgeschwindigkeiten. Mir kann doch keiner erzählen, dass sich ein richtiger Bücherwurm/Lauch genauso schnell (oder langsam) bewegt wie ein durchtrainierter Melee-Fighter oder Rogue, der mit einem professionellen Athleten vergleichbar ist.

(c) by Monika Merz

Das wird hier kein DnD-Bashing. ICH habe nur im Laufe der Jahre eine Meinung darüber entwickelt, wie manche Dinge funktionieren sollten: Für Nahkampfwaffen braucht man z. B. nämlich neben Stärke (bestimmt den Schaden) ebenso Geschicklichkeit (bestimmt die Treffer-Wahrscheinlichkeit). Dass dies in anderen Spielsystemen anders gehandhabt wird, liegt daran, dass dort kollaborative Problemlösungs-Taktik im Vordergrund steht und keiner ganz allein den Shit so richtig rocken können soll. Das ist die Idee hinter der Abenteurer-Gruppe mit ihren klassischen Archetypen (Melee-Fighter, Archer, Healer, Mage, Rogue), die alle unterschiedliche Rollen erfüllen sollen. Kein Rollenspielsystem, dass ich je kennengelernt habe, schafft hier allerdings tatsächlich Realismus. Das ist aber u. U. auch gar nicht das Ziel. Die Regeln sollen ja nur dazu dienen, eine bestimmte Idee von Gameplay und das damit assoziierte gewünschte Verhalten der Spieler in handhabbare Zahlenwerte zu übersetzen! Dass ein stolzer Krieger real keine Stärke von 20 hat, sondern einfach nur verdammt viel stärker ist, als die anderen Chars ringsum und in bestimmten Situationen sogar noch mehr Stärke mobilisieren kann, versteht jeder intuitiv. Ob die Charaktere schnell sterben, oder (wie etwa John McClane, John Wick, John Rambo oder beliebige andere Kampf-Johns) unfassbar viel aushalten, trotzdem noch stehen und weiter kämpfen, wird dabei durch eine hohe Konstitution, viele Stamina-/Trefferpunke oder ähnliche Zahlenwerte auf dem Charakterblatt ausgedrückt. Aber das Charakterblatt ist nur ein unvollständiges, auf das rein Statistische reduziertes Abbild der Person, die ich eigentlich durch mein Spiel verkörpern möchte. Knüpfe ich das Regelkorsett eng oder weit? Versuche ich möglichst viel oder eher wenig mit den Regeln abzudecken? Baue ich auf Konsens und Quick Rulings, oder soll es jedesmal in einem dauernden Rumgeblätter im Regelwerk enden…? Das sind Fragen, mit denen Gamedesigner, Spieler und Spielleiter sich häufig auseinander setzen müssen, weil die Antworten – je nachdem, wen man fragt – häufig divergieren. Auch deshalb kann es niemals EIN IMMERGÜLTIGES Regelwerk geben…

Glasboard (60×45 cm), dry-erase chalk-marker und ein selbstgebastelter Tick-Counter…

Es gibt wenige Dinge, über die innerhalb der Pen’n’Paper-Szene wirklich Konsens herrscht, weil die Wünsche der Spieler:innen und Spielleiter:innen bezüglich der jeweiligen Themen der Spielwelt, des Grades an realistisch vs. cinematisch, der Menge an Action vs. Social Play vs. Exploration, des Umfangs sowie der Tiefe und Spezifität der Regeln für dieses oder jenes und des individuellen Grades an Immersion erheblich variieren – auf eines kann man sich aber irgendwie immer einigen: es sollte Spaß machen! Immerhin… Was aber bedeutet, dass des Einen Spaß des Anderen Pein sein kann. Kommen wir also zurück zum Thema “ausprobieren”. Ich lasse mich immer wieder gerne auf neue Erfahrungen ein, stelle aber mit zunehmendem Alter fest, dass mir eine gewisse Freiheit des Ausdruckes sowohl als Spieler, wie auch als Spielleiter wichtiger ist, als stabile Regeln (man könnte despektierlich sagen: Fluff ist mir heute wichtiger als Crunch); wenn ich dann aber irgendwelche Talente, spezielle Eigenschaften, Sprüche, etc. nachblättern muss, um zu irgendeiner Auflösung einer Kampfsituation kommen zu können, werde ich ungeduldig. Es bricht für MICH den Spielfluss – und damit die Immersion. Mir ist natürlich bewusst, dass mache Leute für die Vorstellung dieser oder jener Szene (insbesondere bei dynamischen Kampfsituationen) grafische Hilfen brauchen, die das “theatre of the mind” unterstützen und gleichzeitig alle auf die gleiche Basis holen (siehe oben). Wie man das macht, ist Sache des Geschmacks und des Geldbeutels.

Was ich nicht mag ist, wenn das Grid dabei zu einem Diktator des Spiels wird. Mir ist es ehrlich vollkommen Wumpe, ob irgendein Char schon 30ft Movement zusammen hat oder nicht; wenn es allen logisch erscheint, dass der Char das tun könnte, was mir der Spieler beschrieben hat – go for it and let the dice decide….! Wenn “das Grid rocken” bedeutet, dass ich jeden Scheiß ausprobieren kann, der im Rahmen der Spielwelt, der (durch den SL interpretierten) Regeln und des durch sie beschrieben erwünschten Verhaltens der Spieler möglich erscheint, bin ich an Bord – wenn mich Regeln dabei bremsen, einfach weil es halt die Regeln sind und die Idee dahinter offenkundig ist, kollaborativ-taktisches Verhalten über die Ausdrucksfreiheit des Chars zu stellen, habe ich ein Problem. Was nicht bedeutet, das Chars nicht zusammenarbeiten sollzten. DAS war schon immer sinnvoll. Aber ich will weg von diesem Archetypen-Gedöns à la “Der Tank muss da stehen!”, “Der Healer kann nur dies oder jenes tun!”, “Nur der Rogue kann jemanden backstabben!”. Das ist für mich ganz persönlich stereotyper, ausgenudelter, langweiliger Scheiß, weil es subjektiv meine Agency einschränkt. Kann man natürlich – wie bereits weiter oben erwähnt – auch anders sehen. Ganz egal, welche Variante man besser findet – in jedem Fall sollte der Spielfluss geschmeidig sein und möglichst wenig durch Referenzgeblättere unterbrochen werden, weil ich (und vermutlich auch andere) sonst ganz schnell rauskommen. Und dann ist es mit dem einzigen, worauf wir uns ja einigen können – nämlich dem Spaß – Essig! In diese, Sinne – always game on!

Auch als Podcast…

Zuviel…

Es gibt diese Zeiten, zu denen Überfluss herrscht. Wir sind ja gerade in der Adventszeit, da herrscht – natürlich – ein Überfluss an Kalorien, insbesondere an solchen der umzuckerten Art. Allerdings ist das sogenannte “Vierte Quartal” in vielen Gewerken auch so etwas wie ein verschärfter Jahresendspurt. In der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung fällt dann plötzlich allen ein, dass sie noch dies, das oder jenes brauchen. Meistens Pflichtstunden mit Fortbildungsinhalten. In manchen Berufen ist sowas halt vorgeschrieben. Was daraus folgt, ist – natürlich – Stress für jene, die solche Dienstleistungen erbringen. Man könnte derlei verhindern, indem man sich über das Gesamtjahr hinweg einen Plan macht und nicht alles in die letzten drei bis vier Monate stopft; aber im ersten Quartal ist ja noch SO VIEL Zeit. Im zweiten Quartal hat man ja SO VIEL zu tun. Im dritten Quartal müssen ALLE in Urlaub (was mit Verlaub ein Riesenquatsch ist – hätten wir keine schulpflichtigen Kinder, würden wir einen Teufel tun, in der schweineteuren Hauptsaison zu verreisen!). Und plötzlich klopft Weihnachten zaghaft an die Großhirnrinde, erste Schoko-Nikoläuse und Spekulatius tauchen in den Geschäften auf und alle Welt ruft: “Mist, wir haben da was vergessen!” Es ist, seit ich damit zu tun habe, jedes Jahr das gleiche Spiel. Mittlerweile nervt es nur noch!

Sehnsucht…

Aber das mit dem Überfluss ist auch an vielen anderen Stellen zu bemerken. Ich habe in diesem Format ja schon häufiger auf die vielen Probleme des Konsummaterialismus hingewiesen; die Leier müssen wir heute nicht spielen. Es gnügt an dieser Stelle einmal sanft darauf hinzuweisen, DASS IHR SPACKOS ENDLICH AUFHÖREN MÜSST, UNSERE WELT ZU VERBRAUCHEN, ALS WENN WIR NOCH EINE ZWEITE IN RESERVE HÄTTEN! Seht iht – tut doch gar nicht so weh, oder? Worum es mir heute geht, ist eher das zuviel an Ungesundheit. In meinem Berufsfeld macht man sich heute, zumindest während der Ausbildung durchaus Gedanken über Salutogenese, also die Gesunderhaltung von Menschen, weil präventive Medizin viel vernünftiger wäre, als kurative; man renoviert ja auch seine Hütte, BEVOR sie in sich zusammenfällt. Nur dass jeder Finanzverantwortliche im Gesundheitswesen natürlich weiß, dass sich mit Krankheit – auf Grund der heute üblichen Organisation der Vergütung von Leistungen – in den meisten entwickelten Industrienationen viel mehr Geld verdienen lässt, als mit Gesundheit. Wir haben zwar Programme, die zu besserem Umgang mit der eigenen Gesundheit anregen sollen, indem mit positiven Anreizen gearbeitet wird – doch diese Programme kommen von den Kosten-Trägern, nicht den Leistungserbringern. Sie sind allesamt freiwillig. Und es geht nicht um den Erhalt der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger, sondern um den möglichst günstigen Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer heimischen Wirtschaft. “Ja ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt…” Denn je länger wir effizient arbeiten können und je weniger die “Instandhaltung” kostet, desto besser funktioniert die Umverteilung von unten nach. Es lebe ein hoher Gini-Koeffizient!

Was ist dann aber, wenn man plötzlich öfter oder länger krank wird? Nun dann wird man zu einer Betriebskostenproblematik, die selbst in Tendenzunternehmen dazu führt, dass sich die Verantwortlichen auf den Weg machen, einen halbwegs verträglich zu entsorgen. Klingt das in manchn Ohren jetzt ein bisschen asozial, oder gar brutal? Tja, aber so ist die Realität im frühen 21. Jahrhundert nun mal – Geld regiert die Welt. Bist du nicht (mehr) dienlich, für andere welches zu verdienen, bist du entbehrlich. Ich selbst habe diese Erfahrung bisher noch nie als Betroffener machen müssen, aber ich muss nicht sehr weit schauen, um die Mentalität sehen zu können, die dahinter steht: Betriebswirtschaftslehre ist übrigens der Name… und ich denke darüber intensiv nach, weil mein Körper mir eben in dieser Zeit des Überflusses im Guten wie im Schlechten eben zu verstehen gibt, dass ich nicht so weiter machen KANN, wie bisher. Die Zeichen welche meine Physis sendet, sagen mir unmissverständlich, dass meine Cognitio und meine Emotio das Tempo und die Intensität der Belastung nicht weiter mitzugehen willens und in der Lage sind. Einfacher formuliert: im Moment fehlt nur noch die nächste hypertensive Entgleisung. Und SO WEIT lasse ich es bestimmt nicht kommen! Man könnte meine gegenwärtige Beziehung zu meinem Job als Hassliebe charakterisieren. Ich LIEBE meine Arbeit – aber ich HASSE die Bedingungen, zu denen ich sie derzeit erbringen muss!

Man kann sich selbstverständlich unfassbar viel schönreden, sich für wichtig, ja eventuell sogar für unersetzbar empfinden und seine ganze Selbstwirksamkeit über die ausgeübte Arbeit erzeugen. Aber am Ende des Tages interessiert sich dein Arbeitgeber nur dann für deine Befindlichkeiten, wenn du lieferst – am Besten mehr, als vertraglich vereinbart. Schon wenn irgendjemand aus dem “Managment” Friktionen im Dienstablauf nur in der Ferne kommen zu sehen glaubt, ist schon die Kacke am Dampfen; und die Arbeitsaufträge, möglichst schnell alles wieder auf normal zu regulieren lassen nur sehr kurz auf sich warten. Aber wehe, du selbst hast Ideen, Pläne, Projekte, Veränderungen, Innovationen, etc. in der Mache und benötigst Freigaben, Entscheidungen, etc – dann wartest du bis zum Sanktnimmerleinstag, weil… es könnte ja Geld kosten! Meine diesbezüglichen Erfahrungen der letzten Jahre waren mannigfaltig und mein Bedarf ist mittlerweile mehr als gedeckt. Weil ich im Moment schlicht nicht mehr annähernd so leistungsfähig bin wie sonst, macht mir das alles sehr zu schaffen. Man beginnt ob des Umstandes, öfter um Hilfe bitten zu müssen und nicht mehr alles wie gewohnt hinzubekommen seinen Wert in Frage zu stellen – obwohl genau DAS genau DIE FALSCHE Frage ist – denn unten im tiefen Grunde meines Herzens weiß ich sehr genau, wie viel ich wert bin. Es fällt mir nur gelegentlich schwer, mich daran zu erinnern… Es sind noch 15 Tage bis Heiligabend und mir ist ALLES ZUVIEL! Nur um das an dieser Stelle noch mal klarzustellen: es mangelt mir nicht an Ideen, Plänen, Kreativität. Es mangelt mir jedoch an den Möglichkeiten, diese umsetzen zu können; und das drückt hart auf die Motivation. Wie ist es bei euch so…?

Stuck in the middle N°5 – about depression…

Ich schaue aus dem Fenster und die Stadt liegt vor mr in grau in grau – feuchter Dunst, soweit das Auge reicht; man kann die nasse Kälte spüren, ohne vor die Tür zu gehen. Tage, an denen man keine sonderliche Motivation verspürt, etwas anderes zu tun, als seine Zeit drinnen mit Dingen zu verbummeln, die Spaß machen und mit Arbeit überhaupt nichts zu tun haben. Zeit, in sich hinein zu lauschen und zu hören, was das Drinnen zu vermelden weiß, wenn das Draußen so wenig Wert auf seine Präsentation zu legen scheint. Alles kann, vieles darf, nix muss! Scheiß auf Selbstoptimierung! Scheiß auf Achtsamkeit! Scheiß auf Effizienz! Denn heute ist verdammtnochmal Sonntag. Das Drinnen reflektiert ja oft das Draußen, doch im Moment fühle ich nicht so. Ich bin die Tage von einem lieben Freund gefragt worden, ob es momentan einfach nur viel Arbeit wäre, oder ob das emotionale Befinden auch (mal wieder) eine Rolle spielen würde? Wir sind schon vor einer ganzen Weile überein gekommen, die äußeren Umstände (Stress, Konflikte, etc.) und den jeweiligen Zustand unserer Depression getrennt voneinander betrachten zu wollen. Objektiv kann es einem ziemlich gut gehen und trotzdem ist drinnen Weltuntergang. Wer noch nie mit einer Depression zu tun hatte, KANN NICHT VERSTEHEN, wovon ich gerade spreche; deshalb noch mal in aller Deutlichkeit: du kannst in einem Rolls Royce durch die Stadt fahren, eine wunderschöne Person im Arm halten und dich trotzdem einsam, unfähig und von allem enttäuscht fühlen. Das geht ganz einfach – du musst nur beim Seelencheckout, wenn du in den nächsten Reinkarnations-Zyklus gehst, dass All-Scheiße-Inclusive-Paket eingebucht bekommen. Auf zur nächsten Runde und Danke für nichts.

Um es klar zu sagen: die Herbst- und Winterzeit, wie sie sich derzeit präsentieren sind eine Supergelegenheit, mal wieder richtig auf Talfahrt zu gehen. Was mich im Moment irritiert ist die Gelassenheit, die ich verspüre. Ich bin nicht depressiv. Ich bin überarbeitet, habe keine Zeit, die Dinge zu tun, die ich eigentlich momentan tun müsste weil mein Team derzeit ausgedünnt ist und ich auch nach einigen Tagen Ruhe immer noch nicht wieder vollständig genesen bin. “Drauf geschissen, geht schon irgendwie” funktioniert aber nicht unbegrenzt lange! Möglicherweise macht mich meine protestantische Arbeitsethik, die ich von meinem Vater erlernt habe hier gerade zum Opfer. Keine Ahnung, bisher war ich auf meine Sekundär-Tugenden wie Arbeitsethos, Pünktlichkeit, Belastbarkeit, etc. immer stolz gewesen. Und zwar nicht, weil ich dadurch für jemand anders Wertschöpfung betreiben durfte, sondern weil ich meine Tätigkeit wirklich als sinnvoll, sinnstiftend und essentiell wichtig erachte. Kann vermutlich NICHT jede*r von sich sagen, würde ich behaupten. Und doch ist im Moment die Arbeits-Batterie unendlich leer, meine Bullshit-Toleranz beinahe aufgebraucht und mein Bedarf an Pausen größer, als die Wochenenden diesen zu stillen vermögen. Und irgendwie warte ich schon darauf, dass meine Bosse wieder mit irgendeinem neuen Scheiß um die Ecke kommen, den ich momentan nicht bearbeiten kann; schlicht weil mir Zeit und Energie dazu fehlen. Wäre ich damit allein , ginge es ja noch, aber der Rest meiner Mannschaft pfeift auch auf dem letzten Loch. Und es sind noch unendlich vollgepackte drei Wochen bis zum Urlaub… Wie gesagt, eigentlich erwarte ich jederzeit einen Zusammenbruch, aber im Moment zeigt sich meine Psyche stattdessen resilient wie schon lange nicht mehr. Habe ich was dazugelernt…? Ich weiß von mir, dass meine Depression tatsächlich endogen angelegt zu sein scheint (mütterlicherseits vererbt), wobei es aber verschiedene Trigger gibt, die ich bislang identifizieren konnte (einer davon ist Arbeitsüberlastung…). Vermutlich kann ich denen mittlerweile trotzdem instinktiv besser aus dem Weg gehen, als ich das früher konnte. Einfach wird es in diesem Leben trotzdem nicht mehr!

Erstellt mit ChatGPT…

Was mich in dem Zusammenhang am meisten irritiert ist, wie viele Posts/Threads in den antisozialen Medien sich mittlerweile mit dem Thema Depression auseinandersetzen. Da trendes gerade was! Wenn es dabei um Aufklärung, um professionelle Hilfsangebote, um “geteiltes Leid ist halbes Leid” geht, lasse ich mir das ja noch gefallen. Aber nicht wenige Honks da draußen haben sich einfach nur ein bisschen gefährliches Halbwissen angelesen und glauben jetzt wirklich, halbgare Heilsbotschaften herausposaunen zu können. Ist auch so ein Trend, den ich in den letzten Jahren bemerkt habe. Ich weiß nicht, ob das so ein Generationsding ist, aber es scheint in Mode gekommen zu sein, zu glauben, dass man einen Sachverhalt nicht mehr intensiv studieren und sich dem Gegenstand kritisch über mehrere mögliche Zugänge annähern muss, um auch wirklich umfassend Bescheid zu wissen, bevor man sich äußert oder irgendwas tut – kaum ein paar Webseiten und Videos auf TikTok konsummiert, sich ‘n bisschen was zusammengereimt und schon glaubt man, bewaffnet mit seiner “Professur” von der Google-University besser Bescheid zu wissen, als echte Spezialisten im Feld. Etwas mehr Imposter-Syndrom anstatt Dunning-Kruger täte unserer Welt manchmal echt gut (auch wenn beides Scheiße ist…)! Noch schlimmer sind allerdings diese ganzen Berater-Fuzzies, die versuchen, mit den Problemen, Unsicherheiten, Schwächen, Ambivalenzen anderer Menschen Geld zu machen. Die sind einfach nur gefährlich, nutzlos und eine deutlich schlimmere Pest als die Dunning-Kruger-Kinder dieser Welt, weil sie all die Unsicherheit ihrer Mitmenschen wissentlich und willentlich ausnutzen. Pfui Teufel! Wie man es auch dreht und wendet, das Thema bleibt für mich persönlich IMMER AKTUELL. Mache ich hier eigentlich auch gerade ungerechtfertigterweise auf mich aufmerksam? Keine Ahnung. Aber falls es doch so rüberkommen sollte: darum geht es mir nicht. Sondern nur darum, dass das “Stuck in the middle”-Gefühl, welches ich in den letzten Posts ausführlich beschrieben habe definitiv auch ein Trigger sein kann, den man im Auge behalten sollte. Und damit ist es auch erst Mal gut. Ich wünsche einen schicken Start in die neue Woche.