Die Liebe für das Abseitige, das Ungewöhnliche, das Nerdige, die seit Kindertagen mein wichtigstes Movens ist, scheint nicht nachlassen zu wollen. Denn wann immer die Last schwer wird, findet sich ein Funke der Beklopptheit, der meine Kreativität wieder anzündet; gleich einem Scheiterhaufen für all die Scheiße, die man bisweilen zu fressen hat und die man nun mit Macht wieder loswerden darf. Manchmal geht man durch Zeiten, in denen es wirkt, als wenn das Licht schwindet, als wenn man nicht mal mehr die Kraft hat, das Notwendige zu tun und sich einfach nur noch unter einem Stein verkriechen möchte. Solche Zeiten sind insbesondere schwer, wenn man per vertraglicher Verpflichtung keine Chance bekommt sich zu verkriechen, jedoch im Grunde seines Herzens ein Introvertierter ist, der lediglich gelernt hat, offen für andere Menschen und Situationen zu sein. Ja, ich bin AUCH eine Rampensau, wenn die Situation es erfordert, oder wenn ich Spaß daran finde. Aber diese Extraversion kostet mich viel Kraft, denn zuerst bin ich ein Mensch, der seine Ruhe braucht und den, diese Ruhe nicht zu bekommen immer wieder auf’s Neue an seine Grenzen bringt. Letzthin war meine Contenance endgültig aufgebraucht und ich habe meine rohen Emotionen für einen kurzen Augenblick freien Lauf gelassen. Die Zeugen haben dann auch gleich auf die übliche Art reagiert, die wir uns als kultivierte Affen haben antrainieren lassen: “Wer brüllt hat unrecht.”, das Gesicht wahren ist wichtiger als alles Andere, “Man redet nur mit Menschen, die sich im Griff haben.”… bla, schwa, laber, schwätz. DUMMES GEBABBEL ALLSEITS. Denn das Interessante an der Erfahrung war, dass die Menschen, die ich angebrüllt habe nicht verstehen konnten – und vermutlich immer noch nicht verstehen können – dass sie daran einfach selbst schuld sind, weil sie immer und immer wieder in alte Muster verfallen.

Ich arbeite an einem Ort, an dem es zumindest für manche Menschen a) üblich ist über- anstatt miteinander zu sprechen, b) das Ansehen, welches man bei anderen zu genießen müssen glaubt, wichtiger ist als die Sache, c) jeder – entgegen anders lautenden Beteuerungen – nur seinen eigenen Bereich sieht (oder besser seinen “geschäftlichen Vorteil”, was auch immer das in einem Tendenz-Betrieb bedeuten mag) und d) Tradition als ausreichender Fortschritt betrachtet wird. Ich Vollidiot habe tatsächlich ein paar Jahre geglaubt, etwas an den Dingen ändern zu können, habe mich durch Beteuerungen, dass sich Dinge schon entwickeln würden, dass wir auf einem guten Weg wären, dass man nur noch etwas Geduld haben müsse bei der Stange halten lassen. Aber ich bin jetzt an dem Punkt, da ich in aller Deutlichkeit feststellen muss, dass ich mir diese Scheiße nicht mehr länger anhören will. Mein Problem ist – unumwunden – dass ich erst einen äquivalent bezahlten anderen Job finden müsste, der meine Skills und Talente wirklich abfragt und dessen Anbieter mich auch ehrlich zu würdigen weiß. Und solche Jobs gibt es anscheinend nicht, weil wir alle in Sandburgen aus Schall und Rauch sitzen, uns gegenseitig auf die Schulter klopfend, was für geile Typen wir doch sind. JA, meistens sind es Typen. Hätten wir tatsächlich Gleichberechtigung, müsste ich doch irgendwann mal einen weiblichen Boss haben, der mich zur Verzweiflung bringt…. aber bis heute keine Spur davon. Der Haufen Scheiße, den mein Kreativ-Scheiterhaufen also heuer abfackeln muss ist echt immens! Wenigstens habe ich über die Feiertage Urlaub. Einstweilen bleibt also erst mal alles beim Alten – und ich vermutlich unglücklich, weil ich gerne wirklich etwas bewegen würde, aber eben auch für meine Familie sorgen muss…
Wut kommt über meinen Geist, zu oft
obwohl er stets erschafft und hofft.
Ich war, ich bin, ich werde sein,
doch vieles ist nur Trug und Schein.
Ich wollt' schon vieles, hab wenig geschafft.
Das Ding zu drehen mangelt mir wohl die Kraft!
Dies Ding namens "LEBEN", es fordert viel
mit ihm wild zu tanzen ist wie ein Spiel -
ein teuflischer Reigen im Kreis, denn was war -
oft auch was ist - erscheint mir nun klar!
Kommt noch mehr, ich kann's nicht sehen,
unscharf im Nebel gewahr ich ein Flehen.
Wessen Klage ich gewahre, ist auch egal;
's klingt mir doch wie meine eigene Qual...
Was bleibt mir also zwischen den vielen Ideen,
außer einfach immer weiter zu gehen...?
(Was auch immer das hier Anderen bedeuten mag - mir ist es eine Erleichterung und ein Zeichen. DA IST NOCH KREATIVE KRAFT IN MIR!)