Zuviel…

Es gibt diese Zeiten, zu denen Überfluss herrscht. Wir sind ja gerade in der Adventszeit, da herrscht – natürlich – ein Überfluss an Kalorien, insbesondere an solchen der umzuckerten Art. Allerdings ist das sogenannte “Vierte Quartal” in vielen Gewerken auch so etwas wie ein verschärfter Jahresendspurt. In der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung fällt dann plötzlich allen ein, dass sie noch dies, das oder jenes brauchen. Meistens Pflichtstunden mit Fortbildungsinhalten. In manchen Berufen ist sowas halt vorgeschrieben. Was daraus folgt, ist – natürlich – Stress für jene, die solche Dienstleistungen erbringen. Man könnte derlei verhindern, indem man sich über das Gesamtjahr hinweg einen Plan macht und nicht alles in die letzten drei bis vier Monate stopft; aber im ersten Quartal ist ja noch SO VIEL Zeit. Im zweiten Quartal hat man ja SO VIEL zu tun. Im dritten Quartal müssen ALLE in Urlaub (was mit Verlaub ein Riesenquatsch ist – hätten wir keine schulpflichtigen Kinder, würden wir einen Teufel tun, in der schweineteuren Hauptsaison zu verreisen!). Und plötzlich klopft Weihnachten zaghaft an die Großhirnrinde, erste Schoko-Nikoläuse und Spekulatius tauchen in den Geschäften auf und alle Welt ruft: “Mist, wir haben da was vergessen!” Es ist, seit ich damit zu tun habe, jedes Jahr das gleiche Spiel. Mittlerweile nervt es nur noch!

Sehnsucht…

Aber das mit dem Überfluss ist auch an vielen anderen Stellen zu bemerken. Ich habe in diesem Format ja schon häufiger auf die vielen Probleme des Konsummaterialismus hingewiesen; die Leier müssen wir heute nicht spielen. Es gnügt an dieser Stelle einmal sanft darauf hinzuweisen, DASS IHR SPACKOS ENDLICH AUFHÖREN MÜSST, UNSERE WELT ZU VERBRAUCHEN, ALS WENN WIR NOCH EINE ZWEITE IN RESERVE HÄTTEN! Seht iht – tut doch gar nicht so weh, oder? Worum es mir heute geht, ist eher das zuviel an Ungesundheit. In meinem Berufsfeld macht man sich heute, zumindest während der Ausbildung durchaus Gedanken über Salutogenese, also die Gesunderhaltung von Menschen, weil präventive Medizin viel vernünftiger wäre, als kurative; man renoviert ja auch seine Hütte, BEVOR sie in sich zusammenfällt. Nur dass jeder Finanzverantwortliche im Gesundheitswesen natürlich weiß, dass sich mit Krankheit – auf Grund der heute üblichen Organisation der Vergütung von Leistungen – in den meisten entwickelten Industrienationen viel mehr Geld verdienen lässt, als mit Gesundheit. Wir haben zwar Programme, die zu besserem Umgang mit der eigenen Gesundheit anregen sollen, indem mit positiven Anreizen gearbeitet wird – doch diese Programme kommen von den Kosten-Trägern, nicht den Leistungserbringern. Sie sind allesamt freiwillig. Und es geht nicht um den Erhalt der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger, sondern um den möglichst günstigen Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer heimischen Wirtschaft. “Ja ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt…” Denn je länger wir effizient arbeiten können und je weniger die “Instandhaltung” kostet, desto besser funktioniert die Umverteilung von unten nach. Es lebe ein hoher Gini-Koeffizient!

Was ist dann aber, wenn man plötzlich öfter oder länger krank wird? Nun dann wird man zu einer Betriebskostenproblematik, die selbst in Tendenzunternehmen dazu führt, dass sich die Verantwortlichen auf den Weg machen, einen halbwegs verträglich zu entsorgen. Klingt das in manchn Ohren jetzt ein bisschen asozial, oder gar brutal? Tja, aber so ist die Realität im frühen 21. Jahrhundert nun mal – Geld regiert die Welt. Bist du nicht (mehr) dienlich, für andere welches zu verdienen, bist du entbehrlich. Ich selbst habe diese Erfahrung bisher noch nie als Betroffener machen müssen, aber ich muss nicht sehr weit schauen, um die Mentalität sehen zu können, die dahinter steht: Betriebswirtschaftslehre ist übrigens der Name… und ich denke darüber intensiv nach, weil mein Körper mir eben in dieser Zeit des Überflusses im Guten wie im Schlechten eben zu verstehen gibt, dass ich nicht so weiter machen KANN, wie bisher. Die Zeichen welche meine Physis sendet, sagen mir unmissverständlich, dass meine Cognitio und meine Emotio das Tempo und die Intensität der Belastung nicht weiter mitzugehen willens und in der Lage sind. Einfacher formuliert: im Moment fehlt nur noch die nächste hypertensive Entgleisung. Und SO WEIT lasse ich es bestimmt nicht kommen! Man könnte meine gegenwärtige Beziehung zu meinem Job als Hassliebe charakterisieren. Ich LIEBE meine Arbeit – aber ich HASSE die Bedingungen, zu denen ich sie derzeit erbringen muss!

Man kann sich selbstverständlich unfassbar viel schönreden, sich für wichtig, ja eventuell sogar für unersetzbar empfinden und seine ganze Selbstwirksamkeit über die ausgeübte Arbeit erzeugen. Aber am Ende des Tages interessiert sich dein Arbeitgeber nur dann für deine Befindlichkeiten, wenn du lieferst – am Besten mehr, als vertraglich vereinbart. Schon wenn irgendjemand aus dem “Managment” Friktionen im Dienstablauf nur in der Ferne kommen zu sehen glaubt, ist schon die Kacke am Dampfen; und die Arbeitsaufträge, möglichst schnell alles wieder auf normal zu regulieren lassen nur sehr kurz auf sich warten. Aber wehe, du selbst hast Ideen, Pläne, Projekte, Veränderungen, Innovationen, etc. in der Mache und benötigst Freigaben, Entscheidungen, etc – dann wartest du bis zum Sanktnimmerleinstag, weil… es könnte ja Geld kosten! Meine diesbezüglichen Erfahrungen der letzten Jahre waren mannigfaltig und mein Bedarf ist mittlerweile mehr als gedeckt. Weil ich im Moment schlicht nicht mehr annähernd so leistungsfähig bin wie sonst, macht mir das alles sehr zu schaffen. Man beginnt ob des Umstandes, öfter um Hilfe bitten zu müssen und nicht mehr alles wie gewohnt hinzubekommen seinen Wert in Frage zu stellen – obwohl genau DAS genau DIE FALSCHE Frage ist – denn unten im tiefen Grunde meines Herzens weiß ich sehr genau, wie viel ich wert bin. Es fällt mir nur gelegentlich schwer, mich daran zu erinnern… Es sind noch 15 Tage bis Heiligabend und mir ist ALLES ZUVIEL! Nur um das an dieser Stelle noch mal klarzustellen: es mangelt mir nicht an Ideen, Plänen, Kreativität. Es mangelt mir jedoch an den Möglichkeiten, diese umsetzen zu können; und das drückt hart auf die Motivation. Wie ist es bei euch so…?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert