Es gibt drei Dinge, die sich über den heutigen Freitag sagen lassen. Erstens ist es in den Medien sehr schnell verdächtig still um den Amoklauf hier in Mannheim geworden, einfach nur, weil man das Ganze nicht so schön migrations-medial ausschlachten kann. Buhu, kein “Ausländer” als Täter, da kann man nix draus konstruieren, also weiter im Text. ZWEI! MENSCHEN! SIND! TOT! IHR! VERKACKTEN! MEDIEN-ARSCHGEIGEN! Und ihr tanzt immer brav nach Pfeife der Drecksfaschos von der AfD! In Wahrheit ist unsere angeblich so linksgrünversiffte “Systemmedien”-Landschaft zum Sprachrohr der Rechten verkommen, indem sie deren Agenda des Noch-Nicht-Sagbaren immer weiter und weiter unter die Menschen trägt! Schämt euch in Grund und Boden, armseliges Journalistenpack! Der Taxifahrer, der den KRANKEN DEUTSCHEN MANN aufgehalten hat, ist übrigens gebürtiger Afhgane, der schon lange in Deutschland lebt und arbeitet. Gelungene Integration und so…? Zweitens habe ich durch die Einleitung einer “exlaboratio praecox” gecheated – also die Arbeitswoche frühzeitig beendet, um heute Abend mit meiner Gattin was Schönes zu unternehmen. Das haben wir uns nämlich sehr verdient, einfach weil wir das Alles, was das Universum uns vor die Füße zu werfen die Frechheit besitzt, jeden Tag auf’s Neue nonchalant, mit Chuzpe und Verve wegatmen! Drittens denke ich gerade über Wut nach! Das mag jetzt paradox klingen, jedoch ist die Reflexion der eigenen Gefühlswelt wichtige Voraussetzung, die Emotionen und Motive anderer Menschen verstehen und einordnen zu können. Man nennt diesen Vorgang gemeinhin übrigens Empathie – den rationalen Nachvollzug der Gefühlswelt meines Gegenübers. Mache ich mir indes die Gefühle meines Gegenübers zu eigen, so nennt man das Mitgefühl. Nur dass ihr das auch mal zu unterscheiden lernt…

Ich las heute Morgen beim ersten Kaffee auf Zeit Online einen Artikel über weibliche Wut. Und über die Wahrnehmung der Autorin, dass Frauen sich im Mittel nicht den Raum in der Öffentlichkeit nehmen, den Männer dieser Emotion einzuräumen sich erlauben. Ich stelle fest, dass die beste Ehefrau von allen in der Tat oft irritiert bis verärgert reagiert, wenn ich meinen diesbezüglichen Emotionen freien Lauf lasse. In den allermeisten Fällen leide ich dabei an Anfällen des klassischen Autofahrer-Tourette – und der muss halt raus, bevor ich Stücke aus dem Lenkrad beiße. Ich bemerke sehr wohl geschlechtsspezifische Verhaltens-Unterschiede im (teil)öffentlichen Miteinander. Mir ist auch bewusst, dass hierbei Elternhaus, Peergroup, sozio-kulturelle Normen, etc. eine entscheidende Rolle spielen. Ich gestehe allerdings, dass ich naiverweise davon ausging, dass Frauen sich ihren Raum für Ihre Wut einfach an anderen Orten oder in anderen Kontexten nehmen würden, schlicht weil Wut oft ein sehr privates Gefühl ist. Und sie haben ja auch jedes Recht dazu, wenn man sich die gesellschaftlichen Realitäten des Jahres 2025 mal genauer anschaut. In der Hinsicht wäre das private Gefühl dann doch eher ein politisches, und sollte sich in der Öffentlichkeit zeigen und entladen können. Denn von der, in unserem Grundgesetz in Artikel 3, Absatz 2 kodifizierten Gleichberechtigung und dem im Absatz 3 beschriebenen Schutz vor Benachteiligung sind wir immer noch verdammt weit entfernt. “It’s (still) a man’s man’s world”. Die zweite Zeile “But it wouldn’t be nothing, nothing without a woman or a girl” wird da immer noch gerne vergessen.
Ich glaube ja, dass vielen Frauen eine offen gezeigte, ungefilterte und unmoderierte Wut so unangenehm ist, auf Grund der kulturellen Konditionierung, welche sie auch heute noch viel zu häufig von Kindesbeinen an erfahren. Und das wir Männer das durch unser, im krassen Gegensatz dazu, häufig vollkommen unbeherrschtes Territorial- und Besitzverhalten auch noch weiter befördern. Ich würde Wut ja gerne normalisieren. ich hätte gerne wieder robustere Diskurse. Man gilt heutzutage ja nur etwas, wenn man stets beherrscht und höflich und allem Ärger über vom Gegenüber beigefügte Verletzungen zum Trotze sachlich – UND DAMIT EINFACH FALSCH – bleibt! Ich will, dass sich Menschen auch mal anschreien können, egal ob Mann, Frau oder sonstwas! Weil ich im tiefen Grunde meines Herzens davon überzeugt bin, dass diese ganze kulturelle Tünche, diese falsche Nettigkeit, diese vorgebliche Sachlichkeit die wir miteinander immerzu wahren zu müssen glauben, uns in Wahrheit nicht weiterbringt, sondern voneinander entfernt, weil sie Bigotterie und hinterfotziger Doppelzüngigkeit Tür und Tor öffnet. Und damit kann und will ich eigentlich nicht mehr umgehen müssen. Schreit mir ins Gesicht, was ihr denkt! Traut euch, nicht über euren Ärger zu lachen, um ihn so zu relativieren! Gebt einander Raum, die ganze Scheiße rauszulassen! Und dann, erst dann, wenn die Gewitterwolken sich verflüchtigt haben, besitzt die Größe, aufeinander zuzugehen und miteinander auszuhandeln, was es auszuhandeln gilt! Es ist die einzige Art, die für mich wirklich zufriedenstellend funktioniert und mir hilft, nicht wieder in Depressionen abzugleiten. Alle Emotionen brauchen Ventile – auch, nein insbesondere die negativen. Und wenn man – so wie ich – gefühlt schon immer wütend ist, dann nutzt es nichts, die nette Bedienberfläche aufzusetzen, wenn drinnen Dresden Februar ’45 ist. Mach ich nicht mehr! Sollten die Frauen auch nicht mehr machen. So. Gut is. Schönes Wochende… und lasst es mal raus. Tut. Echt. Gut…