Erwachsen bilden N° 51 – Voll Frontal!

Ich bin immer wieder erstaunt. Man hört ja allenthalben, dass viele Menschen geradezu geschädigt aus der allgemeinbildenden Schule kämen, dass sie dort allzu oft mit bösem, bösem Frontalunterricht geschädigt würden… Man verortet diese Art des Unterrichtens wahlweise in der Hölle der schwarzen Pädagogik oder auf den eisigen, grauen Ebenen der Schüler-Demotivation. Ich mache – allerdings als Erwachsenenbildner – ehrlich gesagt häufig völlig andere Erfahrungen. Einerseits vernehme ich regelmäßig (unabhängig vom Ausbildungsstand) den Wunsch nach mehr Frontalunterricht. Insbesondere ausgerechnet in den Lernsituationen, bei denen es um die Vermittlung von theoretischem Wissen geht. Der Konstruktivist in mir weiß jedoch, dass genau dort eigentlich eine erhebliche kognitive Eigenleistung der Schüler:innen verlangt wird. Denn jedes Theoriewissen von der trägen Ruheposition in eine aktive Nutzbarmachung zur Entwicklung von Handlungskompetenzen zu überführen, bedarf im wahrsten Wortsinne oft des “Begreifens”. Andererseits nehme ich eine nicht unerhebliche Abneigung gegen Gruppenarbeiten wahr. Ich vermute, das könnte daran liegen, dass selbstorganisierte Lernphasen oft vom Pädagogen nicht mit dem notwendigen Kontext oder verbindlichen strukturellen Rahmenbedingungen versehen werden. Wenn dann eine gewisse Beliebigkeit im Lehrsaal Einzug hält, führt das dazu, dass manche Schüler:innen das alles sehr ernst nehmen und sich von den sozialen Trittbrettfahrern (und die gibt es immer) verarscht vorkommen…

Nun sollten wir vielleicht zunächst feststellen, was Frontalunterricht NICHT ist; oder besser nicht sein SOLLTE: Wir wollen nicht davon reden, dass die Schüler:innen Stunde um Stunde passiv dem Wissenskonsum frönen sollen; sondern wir wünschen uns etwas, dass man “aktive Beteiligung” nennt. Nun ist diese allerdings nicht immer so leicht festzustellen, Denn wer glaubt, dass jene Person immer mehr aus dem Unterricht mitnimmt, die sich dauernd zu Wort meldet, als die stille Person, die man nur ausnahmsweise wahrnimmt, der liegt ziemlich oft ziemlich falsch; und ist dabei auch noch ziemlich ungerecht. Lerntypen und Lernstile sind halt so unterschiedlich wie die Persönlichkeiten, die da vor mir sitzen. Frontalunterricht ist kein Plenum für die Selbstdarstellung der Lehrperson! Ja, Humor ist erlaubt (gerne auch hintergründig), ja, Nachfragen ist auch erlaubt. Was jedoch nicht erlaubt sein kann, ist das Bloßstellen von Schwächen der Schüler:innen, oder Scherze auf Kosten Dritter und sowieso Unfreundlichkeiten aller Art. WIE man nun Augenhöhe herstellt, ist am Ende eine Stilfrage, DASS man sie herstellt, ist jedoch essentiell. Denn Frontalunterricht ist ebenfalls kein Raum für sozialen Freestyle! Regeln des Umgangs miteinander sind überall dort notwendig, wo Menschen für einen längeren Zeitraum zusammkommen, so auch in der (Berufsfach)Schule. Was bedeutet, dass die Lehrperson einerseits dazu verpflichtet ist, diese aufzustellen (oder vielleicht besser auszuhandeln) und dann bitte auch für deren Einhaltung zu sorgen. Und die wiederholte Missachtung mit geeigneten Mitteln zu sanktionieren! Denn NICHTS ist nervtötender als Laissez-Faire mit Clowns! Damit jedoch kann Frontalunterricht also bitte auch NIEMALS ein Monolog sein ! Denn nur in der GEMEINSAMEN Reflexion der Themen entsteht Wachstum! Und Frontalunterricht ist übrigens auch keine Methode, sondern vielmehr die Rahmung für verschiedene Methodenausprägungen, die gleichberechtigt nebeneinander existieren. Denn mittels welcher Technik ich vorne präsentiere, spielt nicht nur hinsichtlich der Replizierbarkeit, sondern auch bei der bewussten Steuerung von Aufmerksamkeit und Partizipation eine wichtige Rolle. Insbesondere das Herausfordern oder Spielen mit medialen Gewohnheiten kann interessante Effekte erzeugen.

Frontalunterricht ist deshalb so schlecht beleumundet, weil er so furchtbar oft so furchtbar schlecht gemacht wird. Weil sich Lehrkräfte nicht für ihre Schüler.innen interessieren, und sich einen lauen Lenz machen, anstatt einfach ihren verdammten Job zu erledigen. Wenn ich hingegen Frontal-Unterricht in ein frontal (also von vorne) moderiertes Unterrichtsgespräch verwandeln will, dann muss ich mir als Lehrkraft zuvor die Mühe gemacht haben, den Unterrichtsgegenstand a) selbst durchdrungen und b) zur Präsentation in handhabbare Häppchen zerlegt zu haben, was c) idealerweise den Einsatz verschiedener Unterrichtstechniken beinhaltet und mögliche Interaktionspunkte für die Schüler:innen aktiviert. Ob dann irgendjemand das Symbol mit der Queste auch ernst nimmt, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber eigentlich findet sich immer jemand, der den Köder schluckt… Und so werde ich meinen Frontal-Unterricht für nächste Woche wieder auf eine Art aufzubereiten versuchen, die Komplexes verständlich machen soll. Die Schüler:innen haben es nämlich verdient. Wir hören uns.

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