Manchmal fließt ein Text ganz von selbst aus der Feder (bzw. durch die Tasten auf den Bildschirm). Und manchmal nehme ich sechs, sieben unterschiedliche Anläufe und schmeiße sie allesamt in den – mehr oder weniger virtuellen – Mülleimer, bis schließlich entweder IRGENDETWAS Sinn zu ergeben beginnt – oder ich mit einer Mischung aus Wut (die ich ja bekanntlich immer in mir trage) und Resignation (die sich nur gelegentlich meiner bemächtigt) den Deckel zumache und was anderes zu tun versuche. Da bezüglich meiner kreativen Texterei Schreib- und Reflexionsprozess Hand in Hand gehen, ist mein Schreibfluss selten gleichmäßig. Ab und an kommen richtige Bursts of Writing und dann ist es wieder wochenlang eine Schur, auch nur den ersten Satz gerade hinzubekommen. Aber selbst, wenn ich mich – wo auch immer – ruhig niedergelassen habe und eigentlich schon im Schreibprozess angekommen bin, kann es gut sein, dass ich eine Weile etwas Anderes tue; oder besser, tun muss! Etwa einfach nur irgendwohin starren (ja meine Damen, dieses Klischee ist wahr, Männer können einfach nur irgendwohin starren, und währenddessen wirklich NICHTS denken; und das betrifft nicht nur Politiker). Oder ich gehe kochen. Oder essen. Oder spazieren. Man nennt das gemeinhin Schreibblockade. Und bei Non-Fiction-Texten wie meistens hier in diesem Blog, bei denen man nicht einfach einen der Charaktere eine Waffe auf den Tisch legen lassen kann, um die Spannung zu steigern, weil man eventuell ein ausgefeiltes Argument durchdekliniert wissen möchte, hilft es, zwischendurch was anderes zu tun. Allerdings sollte man das nicht über Tage ausufern lassen, sonst weiß man ja gar nicht mehr, wo die eigenen Gedanken gerade hinspazieren wollten, aber nicht konnten…

Eigentlich hätte dieser Text hier eine Elegie werden sollen; und zwar auf meine derzeitige Unfähigkeit, Yutori zu erreichen. Jenen Zustand, bei dem man die Welt ringsum bewusst wahrnimmt, den Drive aus den Dingen entweichen lässt und so zu Frieden mit sich und diesen Dingen kommt. Ich wollte in dem Kontext eigentlich über Wahrnehmung und deren indidviduelle Wirkung sprechen. Und das ganze mit Ideen aus einem Artikel verknüpfen, den ich dieser Tage las und der sich mit der Frage befasste, inwieweit die Nutzung von generativer KI in kreativen Prozessen das Endprodukt noch als Kunst erscheinen lässt; oder – mit Blick auf die Trainingsdaten solcher Algorithmen – doch eher als billige (Raub)Kopie der vorangegangenen Kreativität anderer? Doch in diesem Moment erwarte ich voller Vorfreude ein ungewöhnliches Abendmahl mit Freunden und bin ganz und gar nicht zu Hause. Die Qualia, welche dabei in meinem Geist emergieren, sind in der Tat nicht in Worte zu fassen. “Bittersüße Vorfreude” beschreibt die aktuelle Ambivalenz zwischen der (zumindest zeitweisen) Losgelöstheit von meinen ganzen – verfickt nervtötenden – Aufgaben und jenem typisch protestantischen Sense of Duty, der mich ungesunderweise immer munter weitermachen lässt nur sehr, sehr unzureichend. Was auch immer heute Abend passieren wird, hat das Zeug, mich mit Energie und Ideen zu versorgen. Und dennoch weiß ich um den Bruch, der in Kürze entstehen wird. Denn dieses Mal lüfte ich den Schleier – trete gleichsam durch die Vierte Wand meiner Erzählung – und verrate, dass dieser Text nicht an einem Tag fertig geschrieben werden wird. Denn im Grunde meines Herzens möchte ich genau jetzt schreibend über mein derzeitiges Scheitern jammern – und hoffe gleichzeitig auf genug Punch in den nächsten Stunden, um morgen Nachmittag, wieder an meinem Desk zu Hause angelangt, dem Phönix aus der Asche gleich auf die Erschöpfung scheißen zu können. Wir werden sehen…

…und feststellen, dass der Abend, sowie der darauf folgende Morgen nebst Besuch einer Playmobil-Ausstellung und die leider unvermeidliche Heimfahrt mich wirklich – wenigstens ein bisschen – aufgeladen haben. Einziger Wehrmutsstropfen war ein selten dämlicher Zwischenruf dummer, arroganter Kinder, die ich nicht mal kannte; und dann auch nicht mehr kennenlernen wollte, was auf Grund meines Sozen-Gemuffels wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Schwamm drüber; es ist nicht meine Art vor meinen Kindern jemandem für einen Nazi-Spruch eine auf’s Maul zu geben. Wäre nicht sonderlich pädagogisch wertvoll… Es ist immer noch so, dass ich mich mühsam von Wochenende zu Wochenende, von Pen’n’Paper-Runde zu Runde schleppe, stets auf der Suche nach einem bisschen frischer Energie. Ich bin eigentlich kein sehr fatalistischer Mensch; pragmatisch ja, aber nicht fatalistisch. Ich versuche die Dinge zu ändern, wenn etwas nicht funktioniert. Und ich gebe nur sehr ungern auf. Aber letzthin gewann ich so ein komisches Gefühl, dass jedes Mal, wenn ich mich BERUFLICH auf gutem Weg in ruhigeres Gewässer wähnte, irgendein Desaster von rechts ins Bild geritten kam (Desaster kommen IMMER von rechts…) und mir den Tag, die Woche, den Monat versaute. Ich bin mit dem jeweiligen Fallout ja nie alleine, aber trotzdem zehrt sowas an der Substanz. Die Beziehung zwischen meinem Job und mir ist wohl ziemlich verkorkst – allerdings haben auch verkorkste Beziehungen eine unheilige Tendenz, lange zu halten. Da fällt mir ein Liedtext von Jethro Tull ein…
When we can last for days on a loving night;
Or for hours at least on a warm whisper given.
You always pick the best time to rise to the fight.
To break the hard bargain that we've driven.
Once again we're flying colors.
(c) 1982 Jethro Tull, Lied "Flying Colours" aus dem Album "Broadsword and the Beast"
Der Phönix fliegt wohl, allerdings nicht allzu hoch und der Motor stottert. Yutori erreiche ich immer noch nicht. Und eigentlich ist mir gerade auch gar nicht mehr so richtig elegisch zumute, denn im Grunde habe ich nur noch auf die ersten Hochrechnungen des Abends gewartet. Und dabei gibt es nur drei Dinge die wichtig sind. Erstens, Die Linke ist offenkundig sicher drin – und das ist gut! Denn wir brauchen eine solche Kraft in unserem Parlament. BSW und FDP müssen zittern – und ich bete, dass beide NICHT drin sind! Denn solche Kräfte brauchen wir nicht in unserem Parlament. Und ich bete, dass sich Friedrich von Papen … ähm pardon, falsches Jahrhundert. Merz heißt der Sauerländer, der in Kälte kam ja… also jedenfalls bete ich, dass diese arrogante, alte Hetzbacke sich nicht zum Steigbügelhalter der blauen Nazis macht! Aber von mir hat der Sack ja auch keinen Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Das waren wie immer jene, die nicht verstehen können oder wollen, das als Otto-Normal-Verbraucher die CDSU zu wählen in etwa das Gleiche ist, wie an einer nächtlichen Stadtführung mit Serienkillern teilzunehmen. Irgendwas wirst du auf jeden Fall verlieren: günstigstenfalls deine Selbstachtung, schlechtestenfalls deine Existenz. Aber das mit der Lernfähigkeit war ja schon immer ein Problem bei den sogenannten “Konservativen”. “Egoistische Angstbündel” wäre der bessere Terminus. Aber genug davon. Irgendwann die Tage gibt’s auch wieder was Kopflastigeres von mir. Bis dahin ihr Schwarz-und Blau-Wähler: schaut euch genau an, was für eine Scheiße ihr mit eurem Kreuzchen angerichtet habt. Und ihr anderen – startet in die Woche, so gut es euch möglich ist! Gejammert wird später…