Die beste Ehefrau von allen sprach “Lass uns wohl am Flusse gehen und dabei nur wenig blöde stehen”. Im, bis eben noch winterblassen Angesicht des Protagonisten zeichnet sich, ob der nun allüberall sicht- und fühlbar wohligen Temperierung des Außen Freude ab, sind die Worte doch ein wahrlich guter Hinweis. Und somit Anlass genug, das Innen zu verlassen. DAS INNEN – jener beinahe mythische Ort, die Höhle des häuslichen Daseins und Stätte des Existierens, sofern keine Pflicht dich von hinnen zu nötigen sucht. Doch – oh Freude – es ist Wochenende, und damit, weil’s vor allem die Endigung der, Schweiß- und gelegentlich auch Tränennassen Gesichtes verrichteten Arbeitsamkeit für einen nicht näher zu bezeichnenden Nutznießer bedeutet, jede unfreiwillige Verrichtung zu einer jähen Interruption kommen MUSS. Wehe jenen, nun schon länger vergangenen Zeiten des Schichtdienstes, da ein solches freudiges Ende als Anhang des Freitages nicht notwendig zu einer Unterbrechung jenes grausigen Fluches führte, der uns zivilisationsgepeinigten Kinder des 20. und 21. Jahrhunderts so oft so hart trifft: ABHÄNGIGE LOHNARBEIT. Allein, das Wort ABHÄNGIG, gleichwohl dem ABHÄNGEN verwandt und somit unter Umständen irreführend, ist hier der Aufregung wert; verheißt es doch eben nicht etwa, abhängen zu dürfen, sondern viel mehr abhängig zu sein – von so vielen Dingen…! Pendlerverkehr, Parkplatzsuche oder, nicht minder nertötend, die Fahrt in einer S-BAHN, jenem auch als teilmobil eingeschientes Superspreading-Event charakterisierbaren Mikrokosmos des allzu Menschlichen. Kommen einem diese ANDEREN allzu menschlichen doch hier – Platzmangelbedingt – so nah, wie sonst nur die beste Ehefrau von allen beim Spaziergang am Flusse… ein optisches, akustisches und leider, je Frühling oder Sommer es gar werden mag, auch olfaktorisches Panoptikum des Bizzarren – ja nachgrade eine Katastrophe nahezu biblischen Ausmaßes! Zumindest, wenn man wie ich ein misanthroper Morgenmuffel ist. Und bis hierher ist über Kollegoide – also Menschoide, die einem Kollegen an Gestalt und Gebaren in etwa nahe kommen, ohne jedoch je den Anspruch auf Ansprechbarkeit oder – noch besser – Antwortfähigkeit je erfüllen zu können, noch nichts hinreichend beleidigendes gesagt…

“Doch,” sprach jener, “bin ich nun zu nichts genötigt… ” ließ ob der gewünschten Akzentuierung eine kunstvolle Pause eintreten “…außer” und sog die Luft hörbar ein, um es beinahe in die nicht eben darauf wartende Welt hinausschreien zu können “…zu tun, wonach MIR der Sinn steht!” Oh Graus. Da war sie wieder, jene allzu drängende, stets zum ungünstigsten Zeitpunkt – wie etwa der allabendlichen ehelichen Diskussion über das gewünschte Unterhaltungs-Programm – auf den Plan tretende Ambivalenz; dieses verfluchte “ich könnte…” “aber ich könnte auch…”, “oder könnte ich nicht vielleicht …” VERDAMMNIS! Einmal mehr war ich geliefert. Denn abhängig war ich nicht nur von der verfluchten Lohnarbeit. Oh nein, vielmehr hat dieses dauernde MÜSSEN sich über die Jahrzehnte so sehr in mein Gemüt eingeschlichen, um die kleine faule Sau, die ich im tiefen Grunde meines schwachen Herzen gelegentlich immer noch gerne wäre langsam – aber nichtsdestowenigertrotz nachhaltig – mit dem Gift der Betriebsamkeit, der Nützlichkeit, der SINNHAFTIGKEIT zu beträufeln. Müßiggang… ja drüber Reden, oder gar Schreiben ist einfach, denn in dem Moment da man darüber redet oder schreibt, geht man ja gar nicht mehr müßig, sondern wird produktiv HIMMERLHERRGOTSAKRAMENTNOCHEINS…! So gerne würde ich behaupten, dass ich zu dieser wundervollen Zeit der Nichtverpflichtung auch tatsächlich zu nichts verpflichtet bin – wenn man von jenem unbezwingbaren Endgegner jeder Freude einmal absehen mag, den wir “HAUSHALT” heißen. Tue ich also wirklich, wonach MIR der Sinn steht, oder versuche ich nicht doch eher genau in diesem Moment einem Ideal gerecht zu werden, dass andere für mich erwählt haben: dieses dreckige Calvinistenpack mit seinem Arbeitsethos. ETHOS…? Ja welche Gesinnung habe ich denn nun? Ich will gar keine Gesinnung, schon gar keine des Fleißes, denn “am Freitag um eins macht jeder seins”, oder, wie auf dem Bau oft wiederholt, “um vier fällt der Hammer” Und das wäre auch gut so, denn den härtesten Hammer in diesem Haushalt schwingt nun mal die beste Ehefrau von allen, da beißt die Maus keinen Faden ab!
Nun jedoch ist das Blatt Papier – oder besser der Bildschirm – nicht mehr weiß, sondern zum beredten Zeugen des Chaosfaktors meiner Kreativität geworden. Kreativ ist dem lateinischen “creatum” für “erschaffen” entlehnt – und schon wieder haben wir’s mit Arbeit zu tun, den im “erschaffen” steckt “schaffen”; hier in meiner Gegend ein häufig bemühtes Synonym für “arbeiten”. Kreativ bedeutet also “er-schaffen!” oder besser “er schafft!” – und das am Wochenende! Nun, wenigstens lässt sich konstatieren, dass das Spazieren am Fluss in der durchaus schon höchst frühlingshaften Sonne sich auf das eigene Wohlbefinden poitiv auszuwirken vermochte. Während man seine Beine bestimmungsgemäß benutzt, schüttelt man, beschleunigt durch die Wucht der Vorwärtsbewegung beim Ausschreiten durch die Fußsohlen den Ärger hinaus, um diesen bei der nächsten, ebenso zwangsläufig entstehenden Berührung des Untergrundes mit der Ferse zu zermahlen. Was da unter den Sohlen knirscht, ist also nicht etwa der Bodenbelag, sondern vielmehr dürfen wir den gedämpften Schmerzensschreien unseres sterbenden Ärgers lauschen – ich liebe dieses Bild! Gleichsam kann man, wenn man ganz genau hinhört, auch das jeweilige Durchbrechen der Mauer der nächsten Sekunde hören. Denn solange wir während des Spazierens nicht zum finalen Liegen kommen, durchschreiten wir auch gleich noch Lebenszeit. Und so, wie das GLEICH sich im JETZT zum EBEN GERADE wandelt, entschwindet so manch negatives im Orkus hinter uns! Und aus einem weißen Blatt – oder besser Bildschirm – ist unterdessen ein Text über dieses und jenes geworden – vor allem aber über das JETZT. Schönes Rest-Wochenende…