Stuck in the middle N°7 – about teaching…

In der Erwachsenenbildung machen wir dann und wann Feedbackrunden. Zumeist am Ende eines Kurses oder einer Kurswoche. Oft ist das eine Angelegenheit, auf welche die Leute wenig Lust haben, weil es Freitag ist, oder schon spät am Tag, oder einfach, weil eh immer alle das Gleiche sagen: wenn sich dann doch mal eine:r gefunden hat, um ein paar Dinge anzusprechen, hört man vom Rest der Gruppe oft nur noch ein “Ich schließe mich dem Vorredner an!”, weil es einfacher, zeitsparender und weniger schmerzhaft ist, als eigene Gedanken öffentlich zu äußern. Ich finde das schade, denn man vergibt damit allzu oft die Chance, das Erlebte noch gemeinsam zu reflektieren. Es ist mitnichten so, dass es dabei immer tiefgründige Denkgebäude zu ergründen gilt. Aber an einer Feedbackrunde aktiv teilzunehmen, zeigt mir als Lehrer zumindest, dass die Menschen im Raum die letzte Zeit über nicht vollkommen braindead umher gesessen haben. Und das ist ja auch schon mal ein Wert an sich. Allerdings muss man dann auch akzeptieren, kritisiert zu werden. Was allerdings nur recht selten passiert, weil man ja a) keine Diskussion provozieren möchte, welche die Veranstaltung in die Länge ziehen (siehe oben) und b) einander unter zivilisierten Menschen angeblich üblicherweise nicht allzusehr weh tun soll. Nett… aber auch nutzlos.

Nun hatte ich da jemanden sitzen, der mir sagte, er hätte den Eindruck gewonnen, dass sich einige Teile ohne großen Nutzen für die Teilnehmer:innen gezogen hätten; so ein bisschen, als wenn ich Zeitlücken hätte füllen wollen. Interessante Wahrnehmung, die evtl. damit korrelieren könnte, dass ich nicht so viel Zeit zur Unterrichtsvorbereitung hatte, wie ich mir das wünschen würde. Und dass auch mein Zeitmanagement im Lehrsaal NICHT immer über jeden Zweifel erhaben ist. Ich fand’s gut, dass die Person das angesprochen hat, denn natürlich stößt das für mich Denkprozesse an, wie es zukünftig besser werden und sich flüssiger und nützlicher anfühlen könnte. Ich verwies darauf, dass so ein Curriculum auch oft ein “work in progress” ist, weil man als Fachlehrer auf bestimmte Entwicklungen im Fach, in der Technik und in der Gesellschaft angemessen reagieren können möchte. Leider werden mir solche Dinge zu selten mitgeteilt; und wenn dir niemand sagt, dass es ein bisschen Scheiße war, gehst du im Sinne des Erhalts deiner Selbstwirksamkeit natürlich davon aus, dass alles crèmig gelaufen ist, wie Sahne auf die Torte… doch wir machen alle Fehler. Vielleicht sind es aber auch noch nicht einmal Fehler im klassischen Sinne, sondern einfach nur konfligierende Zielvorstellungen der verschiedenen Beteiligten. Lehrpersonen haben eine andere Vorstellung von der Beschaffenheit eines Unterrichtsgegegnstandes, als die Teilnehmenden. Das ist ein Naturgesetz, insbesondere dann, wenn die Lehrperson, dem Goethe’schen Diktum folgend – hoffentlich viel – mehr Ahnung vom Lerngegenstand hat, als die Teilnehmenden. Welche Teile dieses Wissensvorsprunges zum spezifischen Thema einer Stunde werden, hängt von vielen Kontextfaktoren ab. Und oft müssen wir uns als Lehrende dabei an den Notwendigkeiten des Curriculums orientieren und nicht so sehr an den Wünschen, Ideen, Vorstellungen der Teilnehmenden. Auch das ist ein Naturgesetz…

Ich nehme meine pädagogische Arbeit im Lehrsaal sehr ernst. Sie macht zwar nur einen Teil meines gesamten Arbeitsportfolios aus, weil ich den Laden leiten muss. Trotzdem habe ich einen Qualitätsanspruch, der jedoch – öfter als es mir lieb ist – unter den Anforderungen mancher anderer Aufgaben leiden muss. Es ist ein ständiges Ausbalancieren, wenn man mehreren Herren dienen muss. Es gibt allerdings ein paar Dinge, für die ich immer die Zeit finde: ich versuche einerseits stets, MEINE Gedanken zum Thema griffig zu visualisieren (ist eine Frage der Übung und der Ressourcen), andererseits aber auch den Gedanken der Teilnehmenden ausreichenden Raum zu verschaffen. Letztlich bin ich in der Erwachsenen-Bildung der Spiegel, an welchem die anderen Menschen im Lehrsaal ihre Selbstreflexion initiieren können, der Sparringspartner für deren Ideen, die Leitplanke am Abgrund der Verwirrung und der Animateur, der sie von der Couch in der Komfortzone zu locken versucht – alles in Personalunion. Und ich tue es gerne. Aber all das kostet Kraft. Wenn ich nach einem Tag im Lehrsaal, selbst mit einem überschaubar großen Kurs nach Hause komme, brauche ich zunächst etwas Zeit für mich allein, weil das alles – die Konzentration auf mein Gegenüber, die Schlagfertigkeit im Diskurs, die notwendige Aktivierung tiefen Fachwissens, das Aushalten von Ambivalenz und die ständige parallele Beschäftigung mit meinen sonstigen Aufgaben – meine Batterien dermaßen lehren, dass ich Abends erstmal eine Weile brauche, bis ich wieder normal funktioniere.

Dennoch mag ich jene Aspekte meines Berufes, in denen ich gestalterisch tätig werden, Menschen im positiven Sinne formen und von meinen Fähigkeiten wie auch Erfahrungen profitieren lassen kann. Die Erbsenzählerei und die ständige Sorge um Ressourcen gehen mir kontinental auf den Sack, aber der Lehrsaal – bei allem, was mir heilig ist, ich bin für diesen Scheiß anscheinend einfach gemacht! Über die Kritik des Teilnehmers muss ich noch ein bisschen nachdenken, denn mit methodischem Aktionismus um der Buntheit Willen ist es natürlich nicht getan, wenn es sich das nächste Mal noch runder anfühlen soll. Allerdings – und dass hat etwas mit Erfahrung zu tun – habe ich im Lauf der Zeit schon einige Unterrichtsentwürfe in die Tonne getreten, weil sie einfach nicht richtig funktioniert haben. Im Lehrsaal ist es manchmal wie in der Küche: man muss für das gleiche Gericht mal ein anderes Rezept versuchen. Und manchmal ist es wie in der Disco – du musst den Sound neu abmischen, damit alle in den Flow kommen können. Allerdings fröne ich jetzt erst Mal der wochenendlichen Batterieaufladung, bevor ich mich mit derlei Fragen befasse. Bis zum nächsten Mal…

Auch als Podcast…

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