Benvenuti nelle Marche N°9 – Warum nicht?

Über Urlaubsfahrten zu den Zeiten gesetzlicher Ferien ist jede notwendige und nicht so notwendige Glosse geschrieben worden; mal mehr, oft aber eher weniger lustig, Wenn sich viele 1000 auf den Weg in die gleiche Richtung machen, ist das Ergebnis halt Chaos auf den Straßen. Wir sind allem Chaos zum Trotze beinahe pünktlich gelandet – und zumindest ich habe einen Ort (wieder) vorgefunden, der sich erneut in beinahe allen Aspekten wie ein Zuhause anfühlt. Ich kann nur schwer beschreiben, welche Gefühle die letzten Kilometer einer 1.100 KM langen Reise in mir ausgelöst haben. Losgelöst beschreibt es nur unzureichend. Als ich dann, eine knappe Stunde nachdem der letzte Dreh des Schlüssels den Diesel zum schweigen gezwungen hatte, beginnen durfte, meine Bahnen im Pool zu ziehen, war ich genau da, wo ich schon seit Monaten hingewollt hatte… hingemusst hatte! Ich hatte neulich irgendwo mal gelesen, dass Urlaub ja im Grunde nicht nur problematisch sonder auch nutzlos sei, weil man ja eh nur irgendwohin führe, um an dem Ort dann genau das Gleiche zu tun, wie zu Hause, dafür aber kostbare Ressourcen vernichtet hätte. Also, normalerweise müsste ich das Autor*x (ich habe nicht mehr auf dem Schirm, was es denn nun war) so lange mit meiner pudelnassen Badehose in die Fresse schlagen, bis es versteht, dass diese Aussage – FÜR MICH – so ziemlich der allergrößte Quatsch ist, den irgendeine Journaille in letzter Zeit abgesondert hat!

Zuvorderst eine Liste der Dinge, die ich im Urlaub tue und für die ich Zuhause (wohl gemerkt unter der Prämisse Freizeit zu haben) dennoch weder die Muse noch die Motivation finde, weil die schiere Verfügbarkeit meines versch******n Dienstlaptops mich bereits zu oft dazu verführt – JA ICH BIN SO DUMM! HALTET EINFACH ALLE DIE FRESSE! – noch ein bisschen was zu arbeiten. Und das mir, der ich hier immer wieder über mein Verhältnis zu meinem Job und dessen mannigfaltige Frustrationspotentiale referiere; nun ja… Wo war ich? Ach ja, die Liste: Kreatives Schreiben (und nicht nur mein Blog). Knipsen, bis der verdammte Auslöser glüht. Neue Orte erkunden (und den Auslöser glühern lassen). Ortstypisch kochen und grillen (und dabei auch mal was Neues ausprobieren). Zwei bis drei Bücher lesen, die mich interessieren (keine Fachbücher!). Einfach mal in den Himmel, auf die Hügel oder ggfs. auf’s Meer schauen und NICHTS tun… Ich bin so alt – meine vertraute Umgebung kenne ich (andernfalls wäre sie nicht vertraut) auch in weiterem Umkreis. Und ich brauche ab und an neue Stimuli. Erst wenn ich ganz woanders bin – und damit stark entkoppelt von meinem üblichen Modus Operandi – beginne ich, mich selbst wieder (zweck)frei, kreativ und motiviert zu erleben. Und ich mag die südeuropäischen Mittelgebirge nun mal viel lieber, als den Strand (egal, ob im Norden oder Süden). Ich mag die kleinen Orrtschaften, die immer neue Blickwinkel ermöglichen. Ich mag die Straßen, die sich nicht anfühlen, wie ein Besuch bei Aldi, sondern wie ein kleines Abenteuer. Und ich mag es, dass sich nicht mal die Frage stellt, ob man abends Unterhaltung aus der Konserve konsummiert. JA, es gibt in unseren üblichen Ferienunterkünften zumeist einen Fernseher. NEIN, ich habe noch nie einen angemacht. Kurzum gesagt, mag ich reale Stimuli. Und damit ist die eine Sache noch nicht benannt, die ich einfach brauche – meine Bahnen in diesem kleinen Teich, die ich allmorgendlich ziehen kann, während Frösche quaken, Libellen summen und die Ringelnatter in Deckung gleitet. Und ich muss dafür nur aus dem Bett fallen, eine Badehose anziehen und ein ganz kleines Stück bergab gehen – so wertvoll!

Und was den Ressourcenverbrauch angeht: wir fahren zu viert mit dem Auto in Urlaub und unser Gesamt CO2-Verbrauch über 2 Wochen Urlaub liegt bei etwas über 800 KG. Für 620 KG schafft es gerade mal eine Person nach Malle und zurück. Über weitere Strecken müssen wir an dieser Stelle dann auch nicht mehr reden. Wir wohnen hier im historischen Natursteinhaus als Selbstversorger und haben damit weitestgehend den gleichen Klima-Fußabdruck wie zu Hause (und JA, der ist kleiner als bei vielen anderen, darf aber auch noch schrumpfen). Innen kühl, außen Sonne und das alles ohne Klimaanlage. Ob ich mich jetzt also schuldig fühle, weil ich einmal mehr den klischeebehafteten, nach Mittelitalien reisenden Pädagogen gebe, der abends mit der Rotwein-Buddel auf der Terrasse sitzt? (Tatsächlich war es gestern abend eine Buddel Prosecco, but who cares…) Nö, tue ich nicht. Und ich lasse es mir auch von niemandem einreden. Wenn es einen nicht so festlegen würde, hätten wir hier irgendwo schon lange ein eigenes kleines Häuschen. Aber es gibt noch mehr Ecken, die ich mal erkunden möchte. By the way – der Tourismus wird ja oft als Schuldiger für die Wassernot in vielen regionen Südeuropas genannt. Ich würde jetzt mal viel eher auf den ewigen, hemmungslosen Konsummaterialismus meiner Mitmenschen tippen, der den Klimawandel ausgelöst hat; aber was weiß ich schon… Doch, eines weiß ich ganz gewiss – ich bin im Urlaub und dennoch zu Hause, weil das ganze Setup hier den inneren Südländer aktiviert hat. Was wir die nächsten Tage anfangen, haben wir noch nicht entschieden. Aber das Schöne daran ist, dass man das im Zweifel ganz spontan tun kann. In diesem Sinne: sonnige Grüße!

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