Fehlerkultur…? Fehlanzeige…?

Es gibt Tage, an denen man bereits beim ersten Einsatz denkt, es wäre wohl besser gewesen, liegen zu bleiben, weil einem die offenkundig zur Schau gestellte Lebensuntauglichkeit der eigenen Klientel das letzte Fitzelchen Contenance abverlangt – und das womöglich mit zu wenig Koffein im Blut! Jeder, der den Job länger als ein paar Tage macht, wird unweigerlich mit dieser zeitgenössischen Melange aus „Ich wusste nicht, was ich bei Fieber machen soll, da habe ich halt 112 gewählt…“, „Also, die Verantwortung will ich nicht übernehmen!“, „Aber dem geht’s doch furchtbar schlecht!“ und „Ich will in die Klinik, habe aber kein Geld für ein Taxi…“ konfrontiert. Tagtäglich. Und ja, das geht auch mir gewaltig auf den Zeiger, nachts um 02:30 zu jemandem fahren zu müssen, der mir dann erzählt, die Flüssigkeit aus seiner Blase würde überall unter der Haut hochsteigen und er hätte schon Kopfschmerzen davon… selbst so erlebt.

All dieser Frust, den man sich bei der Arbeit holen kann, weil entweder unsere Mitbürger ein vollkommen überzogenes Anspruchsdenken an den Tag legen, Einsatzsachbearbeiter ihren Job nicht richtig machen (ich sitze auch an einer solchen Stelle und bestätige hiermit: auch das kommt manchmal vor!), oder der Mensch (meist Laie) vor Ort schlicht überfordert ist ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir dennoch berufen sind, sozial und sachlich adäquat mit jedem Einsatz umzugehen. Und aus unseren Fehlern zu lernen.

Mir ist wohl bewusst, dass die allermeisten Kolleginnen und Kollegen nach einem kurzen Blick auf bestimmte Meldebilder zumeist bereits ein Szenario im Kopf haben, dass von Stereotypen nur so strotzt. Natürlich kommt man auch zu dem klassischen „Dauerkunden“, zum Geronto-Sturz, zu „Leiden“, deren „plötzliches Auftreten“ eigentlich beim besten Willen nicht den Einsatz eines Rettungswagens rechtfertigt; aber bitte, es handelt sich dennoch um ein Hilfeersuchen, das halt abgearbeitet werden muss. So viel Berufsethos muss dann schon sein, meine Damen und Herren!

Und dann kommt das Nachrichtenmagazin „Report Mainz“ und sucht nach Menschen, deren Hilfe-/Transport-Ersuchen vom Rettungsdienst abgelehnt wurde – OH MEIN GOTT, WIE SCHLIMM! Wie können die nur beim heiligen Rettungsdienst Fehler suchen. Wenn ich mir die Kommentarspalten unter dem Aufruf auf Facebook so ansehe, möchte ich vor Scham ob der Äußerungen einiger Vertreter meines Berufsstandes im Boden versinken! NULL KOMMA NULL Selbstreflexion, keine Fehler-Sensibilität, mangelnde Sozialkompetenz, aber eine televerbale Goscherei, dass es einem schlecht wird!

Von Transparenz, Fehlerkultur, CRM/TRM und CIRS haben die offenkundig noch nie was gehört – oder alles falsch verstanden, so nach dem Motto: „Ja wir suchen natürlich nach Fehlern – bei den Anderen!“ Solches Verhalten, insbesondere unter Betrachtung der Diskussion um das Verhalten des Kollegen in Bamberg ist unprofessionell, dem Berufsbild nicht dienlich und schlicht eines Healthcare Professional unwürdig!

Ja, es gibt Patienten, zu  denen wir mit unserem RTW hinfahren und die unsere Hilfe eigentlich gar nicht benötigen. Aber auch bei deren Begutachtung ist die gleiche Sorgfalt geboten, als bei einem, bereits auf den ersten Blick kritischen Patienten. Denn wir sollen, gestützt durch fundierte Aus- und Fortbildung, durch unsere Arbeit einen immer und überall vergleichbaren Mindeststandard der Akut-medizinischen Versorgung garantieren. Nur wenn wir diesem Anspruch gerecht werden und dennoch ungerechtfertigter Weise eines Fehlers beschuldigt werden, haben wir das Recht, uns zu wehren. Aber dies im Zweifel beweisen zu können, wird sehr schwer, wenn ich mich schon einer transparenten Begutachtung verweigere.

Genau das (plus die üblichen paar Prozent Effekthascherei für die Quote) tut Report Mainz. Anstatt also deren Anliegen von Anfang an mit Dreck zu bewerfen, sollten wir es begrüßen, dass jemand sich der Thematik überhaupt annimmt; denn ein tatsächlich Ergebnisoffen recherchierender Journalist wird dann schon beide Seiten sehen. Oder haben die werten Kolleginnen und Kollegen tatsächlich schon ein AfD-eskes Verhältnis zu den Medien? Denkt mal drüber nach. Guten Tag!

Ich unhöflicher Mensch…

Ich muss das einfach voran stellen, weil es mir wichtig ist: Ich liebe meine Frau sehr! Ich liebe auch meine Kinder sehr, aber die Beziehung zu meiner Gattin ist etwas Besonderes. So was muss man ja auch mal sagen in dieser Welt voller Hass, Chauvinismus und Rassismus! Jawoll!

Nun ist es aber so, dass die beste Ehefrau von allen (geklaut von Kishon, ich weiß) mich neulich darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich in letzter Zeit ein paar meiner Posts hier mit „Ihr Lappen“ beendet habe und dass sie das jetzt irgendwie beleidigend findet und das dieser Umstand für sie die gesamte Argumentation entwerten würde. Wie immer, wenn so ein Einwand kommt, habe ich gelächelt und gesagt, dass das jetzt halt so sei. Gedacht habe ich wohl, dass die Welt halt voller Lappen ist und man das ruhig auch sagen kann; insbesondere, wenn ich davon ausgehe, dass jeder von uns schon mal wie ein Lappen gehandelt hat.

Natürlich will ich meine Frau nicht beleidigen, das hat sie ja aus meiner Sicht nicht verdient. Trotzdem nehme ich den „Lappen“ nicht zurück – and here comes, why: Spinnen wir den Gedanken weiter und nehmen mal an, dass mein bösartiger Generalverdacht der Lappigkeit keine Substanz und ich damit nun zu Unrecht jede Menge Menschen beleidigt hätte. Keiner von denen – außer meiner Gattin – hat das je kundgetan. Und warum? Weil der getroffene Hund bellt! Ich nehme mich ausdrücklich, wie ich hier schon des Öfteren betont habe, von den Inhalten meinen kritischen Tiraden nicht aus. Wir sind Menschen und damit extrem Fehlerbehaftet. Wir stolpern oft genug, einem trunkenen Festheimkehrer gleich von einem Fettnapf zum nächsten, dabei im Minutentakt Ressourcen und Befindlichkeiten vernichtend, als wenn es kein Morgen gäbe. Wir sind keine Menschen, sondern vielmehr überdimensionierte Elefanten in einer Welt aus Porzellan.

Meine Worte sind Waffen, die stechen sollen, weil ich hoffe, damit ein paar Lethargie-Opfer aus ihrem Merkelmüdigkeits-Topor aufzuwecken; sie dazu bringen möchte, sich ihres Verstandes und ihrer Stimme zu bemächtigen und auch nur das allerkleinst denkbare in Angriff zu nehmen, um diese Scheiße von Welt etwas erträglicher zu machen. Wenn ich dabei – nicht zu selten – wenig höflich zur Sache gehe, ist die Kritik meiner Gattin dafür ein Preis, den ich zahlen muss. Denn ich bin nicht bereit, einfach aufzuhören; kommt es mir doch so vor, als wenn die tatsächlich kritischen Stimmen immer leiser würden. Jene, die denken bevor sie posten. Jene, die nicht auf die billigste und plumpste Hass-Propaganda reinfallen. Jene, die eigene Ideen entwickeln und vielleicht sogar die eine oder andere umzusetzen versuchen. Jene, die nicht mehr Hass und Partikularisierung wollen, sondern mehr Solidarität und Integration.

„Sei du selbst der Wandel, den du in der Welt sehen willst!“.  Viel poetischer wird es hier nicht mehr – weder heute noch sonst wann. Keine Sorge, es wird immerhin auch nicht viel profaner als „IHR LAPPEN“. Aber das muss man als Leser hier abkönnen. Und wenn das jemand nicht passt, weil er sich doch beleidigt fühlt, darf er mir das gerne sagen. Ob’s was an meinem Verhalten ändert, sehen wir dann…

Death-Dislike…

Nehmen wir mal an, Facebook würde einen Dislike-Button einführen. Erscheint geschmeidig, oder? Endlich könnte ich diesen ganzen Idioten, die mich Tag für Tag mit Katzenvideos und stumpfsinniger Nazi-Scheiße fluten mal zeigen, wie sehr mich das nervt. Sounds perfect, doesn’t it? Nehmen wir nun weiterhin an, dass das Nutzen dieses Dislike-Buttons dazu führen würde, dass derjenige, dessen Beitrag ich disliked habe plötzlich einen schlechten Schufa-Eintrag bekommt, deswegen seine Wohnung gekündigt wird, seine Kredite platzen und er mitsamt seiner Lieben auf der Straße steht. Vielleicht wird er sogar entlassen…? Oha, dass wollte ich aber gar nicht – oder vielleicht doch?

Die so genannte Volksrepublik China führt gerade in einigen Modellstädten ein Social Rating System ein, in dessen Punktevergabe zum Beispiel der Konsum kritischer Medien, Freundschaft zu Systemkritischen Individuen, oder gar eigenes abweichlerisches Verhalten zu Abzügen führen. Je niedriger das Rating, desto schwieriger ist an höhere Bildung, Arbeit, Kredite, Wohnungen zu kommen. Das bedeutet, dass nicht sozial erwünschtes Verhalten dazu führt, dass man alle Chancen verspielt, Teil der Gesellschaft sein zu können. Teilhabe ist überall auf der Welt von bestimmten Ressourcen abhängig und wenn ich nicht über diese verfügen kann, gibt es für mich keine Teilhabe.

Momentan fließen „nur“ Informationen aus verschiedenen Datenbanken ein, aber letztlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis es die Möglichkeit geben wird, andere Menschen direkt up- oder downzuvoten. Der Mechanismus ist einfach. Der Staat definiert in China, was sozialkonformes Verhalten ist, nicht jedoch, wie hier bei uns üblich, die Zivilgesellschaft. Wenn ich staatliche Sanktionen zu fürchten habe, die meine Teilhabe und meinen Wohlstand be- oder verhindern, überlege ich mir drei Mal, bevor ich etwas sozial (oder besser staatlich) nicht erwünschtes tue. Die Folge ist ein Klima der Angst vor Repressalien.

Das gibt es in China auch jetzt schon, doch so ein social rating system ist eine extrem perfide Methode, den Mechanismus der Unterdrückung weitgehend an die Unterdrückten outzusourcen. Denn indem ich den erst Wunsch nach Konformität und daraus resultierendem gesellschaftlichem Erfolg kultiviere und danach die Überwachung der Einhaltung der Spielregeln an die Spieler delegiere, spare ich mir einen Haufen Ressourcen. In dem Moment, da die Menschen an das gegenseitige up- und downvoting adaptiert sind, werden sie dessen Vorzüge für sie selbst entdecken. Unliebsame Konkurrenz? Da aktiviere ich doch mal mein individuelles Netzwerk und lasse einfach den Konkurrenten rausvoten. Und das ist nur eine denkbare Möglichkeit.

Man erzeugt dadurch eine weitgehende soziale Partikularisierung, die das Prinzip „divide et impera“ (teile und herrsche) auf perverse Art zu Ende denkt. Wenn meine Bürger damit beschäftigt sind, sich gegenseitig zu beobachten, zu beurteilen und gegebenenfalls zu denunzieren, brauche ich viel weniger Polizei etc., um sie im Zaum zu halten. Das tun die schon selbst. Schaurige Zukunftsvision; zumindest für mich!

Und was sagt uns das über Facebook? Man versucht die – immer wieder laut beschworene – Flut von Hasskommentaren einzudämmen. Was lediglich dazu führt, dass mehr Menschen versuchen auszutesten, was so an Provokation geht. Und der Algorithmus produziert weiter munter soziale Blasen und betreibt so gesellschaftliche Partikularisierung und das sogar ohne die Möglichkeit des Dislikens. Für mich ist Facebook seit jeher eine Wundertüte der Sozialbeobachtung, ein Biotop des eigentlich Undenk- und Unsagbaren. Wenn es nach mir ginge, würde man alle Regulierungsversuche gegen Hate-Speech einfach sein lassen, denn wenn der Pulverdampf sich hebt, haben die Kombattanten dann wenigstens Gelegenheit, sich mal richtig die Meinung zu sagen. Uns fehlt direkter gesellschaftlicher Diskurs. Wie oft tauschen Rechts und Links (wenn man politische Spektren echt so simpel denken will) denn tatsächlich Argumente aus und nicht nur Worthülsen ohne Inhalt?

Wir brauchen sicher keinen social death dislike wie in China; aber wir brauchen wieder echte Diskussion. Hart aber fair, wütend aber ehrlich, ohne denk- und sprechverbote. Sollen doch alle mal sagen, was tatsächlich ihre Meinung ist und dann sehen wir weiter. Ich denke, so ein klärendes Gewitter braucht unser Land dringender, als eine weitergehende Kriegsbeteiligung in Syrien. Schönen Tag noch…

Weapons of mass destruction…?

Ja, ja, so eine Scheiße hat man von den amerikanischen Politikern ja schon mal gehört, nicht wahr? Auch egal, denn die können behaupten was sie wollen; die Geheimdienste werden es schon richten. Mit gefakten Beweisen und jeder Menge geschickt lancierter Propaganda flankieren sie die Behauptungen der hässlichen Fönwelle, so wie sie es schon bei jedem seiner Vorgänger getan haben und schon rennen die ganzen Präsidial-Nutten in Good Old Europe mit fliegenden Fahnen hinterher. womit wir bei meiner liebsten Pommerschen Eule wären; denn die hat mich mal wieder überrascht!

Kein Kadavergehorsam, kein „wir schaffen das“. Man könnte ihr manchmal fast glauben, dass sie sich dann und wann doch noch von ihren christlichen Grundwerten leiten lässt. Wahrscheinlicher aber ist, das Scholz ihr gesteckt hat, dass das zu teuer würde… Nein, nein, man kann nicht sagen, dass ich den meisten verwaltenden Amtsträgern noch allzu weit trauen würde. Die überall sichtbaren Verstrickungen in das, von den Erwerbsinteressen der Konzerne dominierte geopolitische Kampfschach macht Glaubwürdigkeit zu einem noch selteneren Gut als gesunden Menschenverstand.

Womit wir bei Putin wären. Der ist keine Nutte für den US-amerikanischen Neo-Imperialismus, sondern eher ein Zuhälter für seine Oligarchenfreunde; was es allerdings kein Jota besser macht, denn auch er huldigt dem Gott Mamon, egal in welcher Gestalt auch gerade um die Eck kommen mag, Und während vordergründig nach mehr Diplomatie gerufen wird, geht die nächste Waffenlieferung zum Befeuern irgendeines Stellvertreter-Krieges raus. Ja, bitte gerne geschehen: Luft-Boden-Raketen, Mörser, Schützenwaffen, etc.; muss ja alles raus, bevor es rostet.

Als wäre Assads Krieg gegen seine eigene Bevölkerung was Neues, wird wieder Betroffenheit geheuchelt, als wenn die letzten sieben Jahre ja nichts passiert sei; aber jetzt, ja jetzt muss man mal wieder rumbomben. Große Jungs holen ihre Spielzeuge raus und über sich im Schwanzvergleich. Vollkommen  ohne Rücksicht auf Verluste. Ob den Über-Führern dabei bewusst ist, wie nahe sie gerade an einer wirklich schlimmen militärischen Konfrontation entlang schrammen, bleibt offen. Ich glaube ja, dass die gerade denken, ihr taktisches Nuklearwaffen-Arsenal wäre am Verfallsdatum…

So schlimm wird es wahrscheinlich nicht werden, denn auch narzisstische, egomane, machtgeile Honks wie Trump und Putin haben einen ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb. Ganz im Gegensatz zu manchen FDP-Politikern. Die glauben nach der Unterwäsche-Model-Show ihres Ober-Führers vom letzten Spätsommer anscheinend immer noch, dass man vor allem viel heiße Luft bewegen muss, um Erfolg zu haben. Von den liberalen Idealen früherer Zeiten ist da nicht mehr viel zu sehen, wenn der jüngere Lambsdorff so einen Mist von sich gibt, dass wir auf jeden Fall noch intensiver mitmachen müssen beim Stellvertreter-Krieg in Syrien. Wenigstens hat er mich damit noch einmal in meiner Meinung bestätigt, dass die FDP endgültig ihr Verfallsdatum überlebt hat.

Ja, wahrscheinlich hat Assad Chemiewaffen, die er wahrscheinlich auch gegen seine Zivilbevölkerung einsetzt. Doch angekündigte Raketenschläge gegen leergeräumte Militärbasen sind auch nur Drohgebärden großer, dummer Jungen. Macht jetzt aber auch keinen Unterschied mehr, denn schlimmer wird es, zumindest aus humanitärer Sicht nimmer.  Einzig das Profilierungs-Gehabe aller möglichen Politiker kotzt mich immer mehr an. Euch eigentlich auch? Dann sagt doch mal was dazu, ihr Lappen! Und Tschüss!

Der Märchenonkel lebt! – Rollenspiel für Dummies #09

Tja, wer glaubt, dass es so einfach wäre, Familie Arbeit & Studium unter einen Hut zu bekommen und dann auch noch Freizeit hätte, um seinem Lieblings-Hobby nachgehen zu können, lässt sich auch vom Osterhasen seine Eier bemalen, oder…? Oh, wie ich es im letzten Jahr gehasst habe, kaum dazu zu kommen, zu tun, was mir doch so am Herzen liegt. Aber nun ist diesbezüglich Leben in die Bude zurückgekehrt! Und wieder habe ich bei der Beobachtung des Spiels etwas gefunden, dass mich fasziniert.

Des öfteren habe ich schon über Railroading gesprochen; der Begriff meint, dass ein Spielleiter seinen Spielern die, von ihm vorgedachte, Lösung eines Abenteuers, oder auch einer ganzen Kampagne mehr oder weniger subtil aufzwingt. Kann ich gar nicht drauf. Rollenspiel soll – aus meiner Sicht per Definition – dem Spieler genau so viel gestalterische Freiheit einräumen, wie dem Spielleiter. Oh, gewiss, der Spielleiter legt die notwendigen Spezifika des Settings (also der virtuellen Spielumgebung) fest, nachdem man sich auf eines geeinigt hat. Sagen wir, man ist übereingekommen, High Fantasy spielen zu wollen; dann fällt dem Spielleiter die Aufgabe zu, die Welt, den Metaplot, die Stories und die dazu gehörenden Akteure (Nicht-Spieler-Charaktere) zu entwickeln. Nebst aller dazu gehörenden Verwicklungen.

Aufgabe der Spieler ist es, sich – zumeist auf Basis einiger Vorab-Infos, Fragen oder Hinweise des Spielleiters – auszudenken, was für eine Figur sie diesmal spielen wollen und dann mit Hilfe des jeweils verabredeten Regelwerks diese auszugestalten. Und schon kann es losgehen; in der Erwartung, dass ich durch die Aktionen meiner Spielfigur / meines Chars Einfluss auf das Geschehen nehmen kann. Manchmal klappt das ganz gut, manchmal auch nicht. Man muss vor Spielbeginn schon präzise über die Prämissen gesprochen haben, damit nicht jeder mit unterschiedlichen Vorstellungen zu spielen anfängt. Ein Beispiel (schon oft erlebt): Kinder einer Mittelalter- oder Renaissance-Kultur fangen plötzlich an, von individueller Freiheit, Emanzipation, Gotteslästerung und womöglich sogar Demokratie zu faseln… wenn mir nun jemand erklärt, woher sie das haben sollen bitte, aber ansonsten: NOT!

Nehmen wir aber an, man habe sich geeinigt: auf Regelwerk, Konventionen, Spielstil, angedachte Entwicklungsmöglichkeiten und spielt los. Eine Zeit lang ist es ganz nett, im Dunkeln gelassen zu werden, aber nach einer Weile muss mal die eine oder andere Katze aus dem Sack. Dann sollte das Tempo steigen. Wenn das Tempo dann allerdings unentwegt hoch bleibt, oder sogar noch mal gesteigert wird, obschon Chars (oder auch Spieler) eine Pause brauchen, wenn man erst mal abwartet, für welche Richtung die Spieler sich entscheiden, nur, um sie dann kurz vor dem Erreichen ihres mühsam ausdiskutierten Ziels vollkommen in die andere Richtung zu schieben, wird es etwas ärgerlich. Nicht weil ich mich nicht gerne überraschen lasse. Sondern, weil man sich manche Diskussion sparen könnte. Und da komme ich mir dann etwas gerailroadet vor.

Ich als Spieler stehe total darauf, Möglichkeiten zu explorieren, verschiedene Fertigkeiten miteinander zu kombinieren, um unerwartete Effekte entstehen zu lassen. Kreative Lösungen für komplizierte Probleme. Als Spielleiter gebe ich meinen Spielern bei solchen Gelegenheiten, wenn jemand mal was richtig kaputtes ausprobieren will, was so nicht im Regelwerk steht immer gewisse Freiheiten. Sowas wünsche ich mir von den Spielleitern, bei denen ich spiele auch, kriege ich aber nicht immer und dann bin ich manchmal ein bisschen traurig, weil ich als Rampensau nicht anders kann, als den Blödsinn, der mir gerade durch den Kopf schießt ausprobieren zu wollen.

Sowohl als Spieler wie auch als Spielleiter bin ich eine eher intuitive Seele. Ich habe früher unendlich viel Zeit damit vergeudet, Pläne zu zeichnen, Plots zu dokumentieren, Nicht-Spieler-Charaktere auszuarbeiten; alles für die Katz, weil Spieler regelmäßig meine sorgsam durchdachten Plots vollkommen anders aufgerollt haben. Und das war und ist immer noch gut so! Es hat mich aber gelehrt, dass man als Meister besser immer mit dem Plan X arbeitet. Wenn man nix spezielles erwarten muss, dann wird man immer überrascht, aber so gut wie nie enttäuscht. Und das ist schön. In diesem Sinne heißt es daher auch für mich wieder – always game on!

Gemeinde-Notfallsanitäter…?

Auf Facebook zu diskutieren, ist weiß Gott nicht immer fruchtbar, doch in diesem Fall ist es ein muss, dass ich ein Statement veröffentliche, weil es mir am herzen liegt, darauf aufmerksam zu machen, dass das Gesundheitswesen der BRD ein grundlegendes Umdenken braucht und keinen konservativen Sachwalter à la Jens Spahn. Zur Erläuterung: es geht darum, dass in England Advanced Paramedics nach entsprechende Schulung per Gesetzesänderung jetzt auch Medikamente verschreiben dürfen. Artikel und Diskussion finden sich hier! Hier nun meine Replik:

Ich weiß wirklich nicht, warum speziell Vertreter unseres Berufsstandes so entsetzt tun? Es gab schon immer mehrere Gruppen innerhalb des RFP: Jene, die am liebsten ohne jegliches Tiefenwissen pharmakologisches Jugend forscht spielen wollen; jene, die am liebsten alle Verantwortung auf den Arzt abwälzen, aber trotzdem als Retter gefeiert werden möchten; jene, die sich einfach nur eine Nische gesucht haben, in der sie dachten, vom Rest der Welt nicht allzu sehr behelligt zu werden; und tatsächlich auch jene, die sich seit Jahr und Tag FREIWILLIG fortgebildet haben, an ihrem Horizont arbeiten und mit Bedacht an einer Verbesserung des Status Quo für das RFP gearbeitet haben.

Ich muss Ihnen sicherlich nicht erklären, das das Ergreifen heilkundlicher Maßnahmen einer geeigneten Schulung und einer Kompetenz-Delegation bedarf. Mehr habe ich oben nicht gesagt. Wie eine solche Ausbildung aussieht (z.B. die in GB) ist damit nicht ausgesagt. Dass ein NotSan ohne Zusatzausbildung nicht Verschreiber sein kann, versteht sich schon durch NotSanG §4, Abs 2, Satz c. Aber wo steht, dass diese Ausführungen der Weisheit letzter Schluss sind.

Demographischer und Gesellschaftlicher Wandel fordern in (von vielen) nicht geahnter Weise ihren Tribut an das Gesundheitswesen und es ist an der Zeit, quer zu denken, um geeignete Lösungen zu finden. Der so genannte Gemeinde-NotSan könnte Teil der Lösung sein. Und er wäre nicht ohne Präzedenz auf deutschem Boden; man denke bitte an die Gemeindekrankenschwester…

Und der ständige Hinweis auf die Anzahl der Tätigkeitsjahre im RD ist kein hinreichendes Qualitäts-Kriterium, um Ideen abzuqualifizieren. Denn der Satz, der weltweit die meisten Menschen umbringt lautet „Das haben wir schon immer so gemacht!“ „

Aus meiner Sicht ist damit alles gesagt.

Generation was-auch-immer…?

Menschen lieben Trends. Trends zu folgen gibt einem in einer (gefühlt) immer entgrenzteren Welt die Gewissheit (das Gefühl), irgendwo dazugehören zu können. Und das hilft doch bei der Bewältigung des Weltschmerzes, oder? Immerhin wissen wir ja seit dem nicht ganz folgenlos gebliebenen Buch von Ulrich Beck, dass wir in einer „Risikogesellschaft“ leben. Soziologen, die sich mit ihren Publikationen ins helle Licht der nicht-fachlichen Öffentlichkeit trauen, ergehen sich gerne in Gesellschafts-Diagnosen und legen ebenso gerne auch gleich einen Lösungsvorschlag bei. Wichtig zu wissen ist dabei, dass auch Geisteswissenschaftler Trends lieben – insbesondere, wenn man jeweils ihrem eigenen folgt.

So ist das mit den Bezeichnungen für so genannte Jahrgangskohorten. Ich zum Beispiel gehöre nach üblicher soziologischer Meinung zur Generation X! Wir wären die ersten (und vermutlich auch Einzigen), die ohne den Eindruck des Krieges, dafür aber in dauerhaft wachsendem, allgemeinem Wohlstand groß geworden sind, denkt man. Menschen im nahem Osten, Schwarzafrika und Südamerika mögen das tendenziell anders sehen, aber wenn wir schon wissenschaftlich arbeiten, dann bitte mit reiner Nabelschau, was scheren mich denn die Probleme der restlichen Welt in meinem Elfenbeinturm. Man mag mir meine Polemik verzeihen, denn im Allgemeinen habe ich wohl nichts gegen Soziologen. Manches, was sie beizutragen haben, hilft mir sogar bei meiner Arbeit. Aber so manches möchtegern-kluge Büchlein kommt da doch mit einer arg verkürzten Weltsicht daher stolziert.

Das gilt auch für diesen lächerlichen Trend mit der Generation Y. Man soll es „Generation Why“ aussprechen, weil die angeblich alles hinterfragen würden. Tut mir leid, aber wenn ich mir diese „Millenials“ oder „Digital Natives“ so anschaue und ihnen zuhöre, dann offenbaren nicht wenige von denen – speziell, wenn es um neue (soziale) Medien geht – ein überraschend großes Maß an Naivität im Bezug auf die reale Welt. Dazugehören scheint vielen da wesentlich wichtiger, als Dahinterschauen oder gar selber denken… Womit wir wieder beim Trend wären. Es scheint zum Zeitgeist zu gehören, mehr für sich zu fordern, seinen Wert zu reklamieren, zu widersprechen und Hierarchien anzuzweifeln. Warum das jedoch notwendigerweise so sein muss, diese Erklärung bleiben die Soziologen und auch die Vertreter der „Generation Warum“ selbst einstweilen schuldig.

Man könnte konstatieren, dass tradierte Formen des Sozialen sich überlebt haben, weil ja jetzt alles hip und chic und digital und so weiter ist. Wenn man moderne Periodika liest, fragt man sich schon, ob es irgendwo noch Orte gibt, an denen malocht wird – so ganz klassisch im Sinne von Wertschöpfung im Schweiße des eigenen Angesichts. Denn auch in einer Wissensgesellschaft gibt es Arbeit, die manuell erledigt werden muss; die Pflege zum Beispiel. Da gibt es flache Hierarchien schon recht lange. Lässt man seinen Blick eine Weile schweifen, findet man heraus, dass es jede Menge Jobs gibt, die auch heute noch so funktionieren, wie seit Jahrzehnten. Nicht weil es dort keinen Innovationswillen gäbe, sondern weil manche Dinge halt so sind, wie sie sind und die Neuerfindung das Rad nicht runder macht. Und dann kommt so ein Schwafler wie der hier daher und will mir weismachen, dass ich ein sauteures Kommunikations-Seminar brauche, um mit Menschen reden zu können, nur weil die nach 1990 geboren sind…? Echt jetzt?

Sorry, Leute, die Generation Y gibt es so wenig, wie fliegende Schweine ohne Katapult-Benutzung. Und auch, wenn der eine oder andere das jetzt nicht gerne hört: auch die so genannten „digital natives müssen“ sich mal daran gewöhnen, dass man Leistung zeigen muss, BEVOR man die Lorbeeren dafür ernten kann. Dass man sich auch einfach mal unterordnen können muss, weil es jemanden gibt, der über einem steht (und das vielleicht sogar mit gutem Recht) . Dass das abgefahrene neue Konzept für jemanden mit viel Erfahrung auch nix anderes mehr ist, als alter Wein in neuen Schläuchen. Und das das Rad an sich, so als Design betrachtet halt einfach schon saugut ist. Denn egal, in welchem Jahr ich geboren wurde – ein bisschen Demut hat noch keinem geschadet.

Ich sage nicht, dass wir keine Innovatoren brauchen, also Leute, die Dinge verändern (wollen). Doch bevor ich verändere, sollte ich mir darüber klar sein, mit welchen Mitteln, auf welchen Wegen ich welches Ziel erreichen will; und ob dieses Ziel eine Verbesserung des Status Quo darstellt. Und das kriegen Leute meiner Generation meist besser hin, weil wir halt ein bisschen mehr Erfahrung mitbringen. Und Tschüss, ihr Lappen.

Ich hör immer nur Gewalt…

…gegen Retter nimmt zu. Und dann werden irgendwelche Forderungen gestellt. Wahlweise will man Kameras in RTWs installieren. Oder man bietet Seminare zur Deeskalation an. Oder Selbstverteidigungs-Training extra für medizinisches Fachpersonal. Und die Gesetzte müssten ja auch noch weiter verschärft, oder wenigstens mal „richtig“ angewandt werden. Oder man bietet den Kollegen Stich/Schuss-sichere Weste an.  Und überhaupt tun immer alle furchtbar betroffen, wenn wieder mal etwas passiert ist, obwohl man doch schon an so vielen Fronten etwas für die Einsatzkräfte tut. Aus allen Ecken des Netzes kommen sie dann und wollen irgend so einen Menschen, der was sehr Dummes getan hat an ein brennendes Kreuz nageln – oder schlimmeres… Lest doch besser erst mal diese Studie im Detail.

Tatsächlich ist mit dieser beschissenen, geheuchelten Entrüstung niemandem geholfen, denn wie wahrscheinlich ist es, dass irgendein verbal-aggressiver Netz-Troll in persona dazwischen geht, wenn irgend ein Mensch mal wieder was Dummes tut…? Genau – die geht asymptotisch gegen Null! Schauen wir uns also mal die ganzen anderen Strategien an: Wie war das noch mal mit Kameras? Die reduzieren die Gewaltbereitschaft des Gegenübers? Da sind verschiedene Forscher anderer Meinung! wird immer noch diskutiert, doch zu abschließenden Ergebnissen ist man noch nicht gekommen. Ergo: untauglich! Die Gesetze wurden bereits verschärft. Hier weiter zu diskutieren: untauglich!

Kommen wir zu Selbstschutz- und Selbstverteidigungs-Maßnahmen: Eine solche Weste ist beengend, sie bietet nur für einen sehr begrenzten Teil des Körpers Schutz und sie steigert das Aggressionspotential der Patienten und der Bystander, da es zu einer Gleichsetzung von Rettungskräften mit den Mitgliedern der Sicherheitsbehörden kommt. Gegenüber Polizisten gibt es nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Aggressionspotential. Nicht mehr als Helfer sondern als Bedrohung der persönlichen Autonomie wahrgenommen zu werden macht es nicht leichter, mit dem Patienten ins Gespräch zu kommen.  Überdies vermitteln die Westen – genauso wie viele Selbstschutz-Kurse – ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Das Maß an Schutz, welches Gadgets und die vermeintlich durch 2x8h Training erworbene Souveränität im Umgang mit Konfliktsituationen bieten wird im Vergleich zu den tatsächlichen Risiken deutlich überschätzt. Insbesondere von unerfahrenen Anwendern. Im Ergebnis steigt die Bereitschaft, sich Konfliktsituationen auszusetzen, ohne tatsächlich dafür gewappnet zu sein.  Ich weiß, dass speziell die Anbieter von Kursen oder Schutzartikeln wie Westen und Pfefferspray (im übrigen privat nicht für den Gebrauch an Menschen zugelassen) das tendenziell anders sehen, da ihr Geschäftsmodell davon abhängt. Das ändert jedoch nichts daran: UNTAUGLICH!

Womit wir bei Deeskalation wären. Mit Verweis auf die eingangs verlinkte Studie lässt sich etwas plakativ sagen, dass es an Samstag-Abenden im Zusammenhang mit Alkoholkonsum durch junge Männer zu einem deutlich erhöhten Gewaltpotential kommt. Das war vor 20 Jahren auch schon so und sollte niemanden verwundern. Was mich verwundert ist, dass in diesen 20 Jahren meine Kollegen anscheinend nur wenig im bereich der sogenannten Soft-Skills dazu gelernt haben. Die heißen deshalb so, weil man bei korrektem Gebrauch derselben nicht auf die Schnute bekommt! Und genau da, scheint es zu fehlen. Zweifelsohne sind manche heute Gewaltbereiter; Aufrüstung des Rettungsfachpersonals zu Para-Police-Officers ist allerdings – zumindest meiner bescheidenen Meinung – nach die falsche Antwort darauf.

Und ja, dieser Artikel ist kein Aprilscherz, ihr Lappen…

Oh nein, ein Einsatz zum Schichtende…

…daran werde ich sterben! Echt jetzt? Also mal so ganz im Ernst: echt jetzt? Ich arbeite seit über 24 Jahren im Rettungsdienst. Erst als Zivi, dann während der Weiterbildung zum Rettungsassistent nebenbei, um etwas Kohle extra zu verdienen. Und schließlich seit dem Erwerb der Berufs-Urkunde immer in unbefristeter Festanstellung 100%. Ja, ich hab auch noch mein Upgrade zum Notfallsanitäter durchlaufen und nebenher ein Hochschulstudium abgespult. Ich weiß, dass Zeitmanagement ein extrem kritischer Faktor ist und ich mag meine Freizeit durchaus sehr gerne. Ich weiß aber auch, das von nix halt auch nix kommt.

Mein Arbeitsethos habe ich von meinem Vater mitbekommen. Und dafür bin ich Ihm bis heute dankbar. Denn er hat mich gelehrt, dass Einsatz sich lohnt, auch wenn man es vielleicht nicht auf den ersten Blick sieht. Nun arbeite ich in einem Job, in dem andere Menschen auf mich zählen (müssen), weil sie meine qualifizierte Hilfe brauchen. Mir ist durchaus bewusst, dass der Anteil der so genannten Bullshit-Einsätze (RTW mit Signal zum eingerissenen Zehennagel, klingt überzogen, gab’s aber schon) in den letzten Jahren überproportional zugenommen hat. Man könnte jetzt darüber räsonieren, warum das so ist, doch das ist Stoff für einen anderen Post.

Worauf ich hinaus will ist Folgendes: auch wenn der Calltaker auf der Leitstelle sein bestes gegeben hat, ist bis zu dem Moment, da ich den Patienten das erste Mal selbst in Augenschein nehmen kann oft unklar, ob es sich um einen Notfall handelt, oder nicht. Am Telefon passieren Dinge (ich bin selbst seit über 13 Jahren auch auf Leitstellen tätig), die man niemandem erklären kann, der das nicht mal selbst miterlebt hat. Deshalb bedeutet die Alarmierung zum Notfall in aller Regel, dass jemand ein, für ihn selbst dringendes, Hilfeersuchen geäußert hat. Ob das nun gerechtfertigt war, oder nicht, kann man ex post von Fall zu Fall gerne auch mal ausführlich diskutieren. Ex ante jedoch gilt es, bis zum Beweis des Gegenteils, als Notfall. Auch 3 Minuten vor Feierabend.

Insbesondere 3 Minuten vor Feierabend! Es entspricht leider mittlerweile aber den üblichen Gepflogenheiten vieler, vor allem jüngerer Kollegen, über jede Alarmierung im Pausen-Korridor oder kurz vor Schichtende zu diskutieren – sogar am Funk. Und das geht gar nicht! Wenn ein Calltaker eine Situation als Notfall einstuft, hat er dafür in aller Regel einen Grund. Und auch wenn jedem Dr. House’s Diktum im Ohr liegt „Menschen lügen!“, ist es nicht meine Aufgabe, weder auf der Leitstelle, noch im Fahrdienst, Menschen Lügen zu unterstellen, um einen Einsatz im Interesse der Kollegen herunterzustufen. Wenn meine Mutter wegen solchen Verhaltens Schaden erleiden sollte, kriege ich den Typ; und er wird keinen Spaß mit mir haben!

Und genau das ist die Prämisse, nach der man in diesem Beruf eigentlich handeln sollte: es geht um Menschen, die auch genauso gut Freunde oder Verwandte sein könnten und deren Leben oder Gesundheit in dem Moment als bedroht gilt. Was ist daran so schwer zu verstehen? Mein Arbeitsethos sagt, auch wenn mir die Knochen von einer anstrengenden Schicht schon weh tun mögen, dass Hilfe zu leisten die Verpflichtung ist, welche ich durch meine Berufswahl und die Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag eingegangen bin. Daran sollten sich nicht wenige Kollegen noch einmal erinnern!

Ohne Frage passieren Fehler. Und ohne Frage sind manche Einsatzmeldungen diskussionswürdig – nachdem der Einsatz abgearbeitet wurde! Denkt mal drüber nach, Kollegen. Schönes Fest noch…

Everybody needs somebody…

Ich war gestern Abend schön einen trinken. Mit einem lieben Kollegen und Kumpel, mit dem ich einerseits über den Job aber auch über ganz mundane Dinge wie essen, trinken, Lebensraum gestalten, etc. reden kann. Es gibt ein paar Leute in meinem persönlichen Dunstkreis, mit denen man ganz locker einen langen Abend weginhalieren kann, ohne dass Langeweile oder gar genervt sein aufkommt. Er gehört definitiv dazu.

Es erscheint wohl auf den ersten Blick egoistisch, wenn zwei Typen abends alleine einen saufen gehen (so schlimm war’s nicht, wir sind immer noch locker zu Fuß nach Hause gekommen und meine Gattin war noch wach); hockt doch die arme Gattin/Freundin alleine, ganz ohne Entertainment zu Hause… Ja ne, is klar; und die haben auch keine Ahnung, wie man sich selbst unterhält, ne?

In einer Beziehung, insbesondere, wenn diese länger als drei Monate halten und damit den Hormon-Sturm überleben soll, kommt es stets darauf an, einerseits über alles mögliche miteinander im Dialog zu bleiben, andererseits aber auch die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden. Jeder von uns braucht ab und an seine kleinen Fluchträume, seine Möglichkeiten zum Ausbrechen, seinen ganz privaten geilen Shit, um die Batterien auffüllen und das Leben am Laufen halten zu können. Und ich will ganz ehrlich sein: über mein Business (Blaulicht, Blaulichtfuzzis ausbilden und so) kann ich besser mit jemandem reden, der’s halt gut kennt; im gegebenen Fall sogar aus mehreren Blickwinkeln.

So jemand, mit dem man einfach mal einen Abend gediegen verschwenden kann – zumindest könnten irgendwelche im akuten Selbstoptimierungswahn befindlichen Honks das unterstellen, immerhin werden kostbare Stunden einfach so ver(sch)ludert – so jemand braucht jeder Mensch. Und solche Zeiten, in denen ich nicht irgendjemandes Agenda hinterher laufen muss, brauche ich auch. Vor allem, weil es meist nicht meine eigene Agenda ist.

Für mich ist das eine entscheidende Komponente von Lebenszufriedenheit. Von mir aus könnt ihr es auch Glück nennen; das Kind braucht ja einen Namen. Was es jedoch nicht braucht, ist ein teures Ratgeberbüchlein, das mir erzählt, wie ich meine Tage mit mehr Sinn fülle. Oder einen Coach, der meine Work-Life-Balance optimiert. Ich fülle meine Tage lieber mit mehr Leben, da ergibt sich der Sinn ganz von selbst. Und für meine Work-Life-Balance reicht mir heutzutage das, was schon mein Vater wusste: Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. in diesem Sinne: (F)Rohe Ostern…