The Critic N°1 – Fan Service…?

Man kennt das: Abends mal durch die überbordenden Backcatalogues der verschiedenen abonnierten Streaminganbieter surfen, und irgendwie doch nix finden, worauf man sich schnell einigen kann. Könnte daran liegen, dass manches sehr generisch (und dazu billig runtergekurbelt) ist, manches einfach nicht meiner Idee von Unterhaltung entspricht und insgesamt die subjektive Vielfalt im Vergleich zu vor ein paar Jahren abgenommen hat. Es gab dieses Jahr zweifellos ein paar Highlights, aber die sind halt doch schnell weggeglotzt. Weshalb die Anbieter ja auch wieder zum typischen „eine Folge pro Woche“ übergehen, wie man es vom klassischen Oldschool-Fernsehen kennt. Mit dem Erfolg, dass die Leute eben auf Anderes ausweichen und warten, bis die Staffel fertig ist. Bingen ist King. IHR habt uns dazu erzogen, also steht gefälligst auch dazu!

Nerd bleibt Nerd, da helfen keine Pillen…

Das klingt jetzt irgendwie so, als wenn ich nur noch fernsehen würde. tatsächlich ist das, seit man sich sein Programm (theoretisch) zusammenstellen kann, wie und wann man möchte eher weniger geworden. Und es gibt Zeiten im Jahr, da schaue ich überhaupt nicht fern. Wenn ich also den Fernseher anmache, habe ich einen Anspruch: entweder möchte ich informiert, oder unterhalten werden. Manchmal sogar beides zur gleichen Zeit. Und da scheiden sich die Geister. Denn die „Qualitätskriterien“, welche menschlicher Geschmack an verschiedene Medien, vor allem eben aber die bewegten Bilder anlegt, sind individuell verdammt unterschiedlich. Ich setze das bewusst in Anführungszeichen, weil ich mir nicht so sicher bin, ob ich manche dabei getroffenen Äußerungen tatsächlich als Ausdruck qualitativen Werturteils gelten lassen kann. Womit wir beim Begriff „Fanservice“ wären, der aus dem Japanischen kommt und dort Elemente in Mangas und Animes bezeichnet, die nicht zur Story beitragen, aber im Konsumenten Gefallen (und damit Konsum) erzeugen sollen. Es geht also um das Befriedigen von Fan-Gelüsten. Interessanterweise hat Fanservice für viele Leute offensichtlich jedoch eine negative Konnotation.

Mein aktuellstes Beispiel ist der Film „Ghostbusters Afterlife“ (in Deutschland allerdings unter dem Titel „Ghostbusters Legacy“ verfügbar). Ich habe mehrere Kritiken gelesen, die dem Film ein hohes Maß an Fanservice attestieren, also an unsinnigen Storyelementen, die einfach nur die alte Fanbase abholen sollen, um ein Franchise wiederbeleben zu können. Man unterstellt also Gewinnerzielungsabsicht. Das wäre ja jetzt wirklich total seltsam, wenn ein Hollywood-Film Geld einspielen soll. Hat man ja noch nie gehört…! Ich will mal so sagen (und versuche nicht zu spoilern): der Film referenziert an verschiedenen Stellen – mal mehr, mal weniger geschickt – auf den ersten Teil von 1984, den man imho getrost als ikonisches Highlight jener Dekade betrachten darf. Meine beste Ehefrau von allen und ich wurden an diesem Startpunkt durch den neuen Film in der Tat geschickt abgeholt. Ich kann daran jetzt allerdings nichts Schlimmes finden. Sicher reflektieren beiden Filme den jeweiligen Zeitgeist (zwischen den Produktionszeiträumen liegen immerhn etwa 37 Jahre!), und funktionieren doch zusammen, wenn man bereit ist, sich auf die typischen kleinen Plotholes und das gelegentliche Überziehen der Plausibilität einzulassen.

Was mich viel mehr aufregt sind Menschen, die ALLES, also wirklich ALLES, was einem bekannten Gegebenen (wie etwa einem Film, einer Serie, einem Spiel, einem Buch) bei einem Mashup, einem Sequel, einem Reboot oder sonst irgendeiner Form von neuer Interpretation hinzugefügt wird, als Werk des Teufels sehen und auch dementsprechend in den antisozialen Medien auftreten. Steckt euch eure Dogmen dahin, wo die Sonne nicht scheint! Und überlasst es anderen Menschen, sich ihre eigene Meinung zu bilden! Wirklich – nicht jedes Reboot, Sequel, etc. ist gut, oder auch nur nahe dran an unterhaltsam. Im Gegenteil scheitert der Versuch, ein ehemals funktionierendes Format auf das nächste Level zu heben beeindrucken oft ( siehe z. B. MacGyver 2016 oder Magnum P. I. 2018). Aber das finde ich lieber selbst raus. Im Grunde sind mir diese ganzen Medien-Aasgeier, die nichts besseres zu tun haben, als Plotsynopsen, Kritiken, Spoiler und whatnot rauszuhauen, noch bevor manches Produkt auch nur eine Minute Screentime hatte mittlerweile ein noch schlimmerer Graus, als die oben genannten Dogmatiker. Was muss das 1979 für ein Erlebnis gewesen sein, unvorbereitet in einen Film wie „Alien“ zu gehen.

If the goals were to establish - in my conscience for the very first time - a REALLY strong female lead, to create a nightmare monster, that would be there to roam media for decades and scare the piss out of every spectator, then "Alien" succeeded on every fucking level! And it did so, because it had the chance to be a surprise attack on all senses.

Fanservice ist also schlimm? Ja, vielleicht manchmal, wenn etwas mehr Fanservice ist, als es sonstige Substanz hat. Reicht das aber, um daraus ein Schimpfwort zu machen? Nicht in meiner Wahrnehmung. Es wäre vielleicht clever, wenn wir so ca. 90% dieser „Irgendwas-mit-Medien“-Typen einfach wegrationalisieren. Ich habe gehört, wir brauchen Pflegekräfte. Schönen Abend.

Auch als Podcast…

2 Antworten auf „The Critic N°1 – Fan Service…?“

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