Benvenuti nelle Marche N°11 – …immer vorwärts?

“Manchmal…”, sagte die beste Ehefrau von allen, “…bist du sehr schnell unterwegs.” Es ist diese Feststellung, dass ich im Urlaub wohl mit einer forschen Zielstrebigkeit unterwegs bin, die mir selbst gar nicht so auffällt. Ich dachte kurz darüber nach, als am gestrigen Abend das Gespräch darauf kam. Und die Rechtfertigung, welche mir sogleich einfiel, klang ungefähr so: man(n) kommt halt wahrscheinlich nur einmal hin und dann sollte man(n) so viel wie möglich von dem Ort gesehen haben. Natürlich ist dies keine Begründung dafür, im Urlaub zu viel Gas zu geben (wenn auch nur per pedes) und sich selbst damit der Ruhe des Flanierens zu enthalten. Insbesondere, wenn man nirgendwo hin muss und das Flanieren rings um das Urlaubsdomizil herum ganz vorzüglich funktioniert. Habe ich tatsächlich Reise-induzierte FOMO (Fear Of Missing Out)? Also Travel-Induced Fear Of Missing Out => TIFOMO. Oder ist es vielleicht etwas ganz anderes? Ich denke nun schon seit gestern darüber nach und glaube mittlerweile, dass die Erklärung eine andere ist: es ist einerseits dieser Durst nach neuen Stimuli, nach Input, der für mich vor allem visueller Natur sein muss. Andererseits ist es aber auch dieser Drang, sich von allem freimachen zu können. Weshalb ich, so oft es mir möglich ist, ohne die Menschen, welche mir nah sind zu sehr vor den Kopf zu stoßen nach Gelegenheiten suche, für mich zu sein und die Dinge alleine zu erkunden. Eigentlich passt das Zitat von Riddick, welches mir dazu eben gerade einfällt nicht ganz, denn im Gegensatz zu mir ist er schnell: “Es gibt nur eine Geschwindigkeit – MEINE Geschwindigkeit!”

Es wird sogar noch etwas paradoxer, wenn ich nun zugeben muss, dass ich im Prozess des vorwärts Eilens wohl auch schneller meine verfügbare Energie verbrenne und dadurch manchmal aufgeben muss, bevor ich alles gesehen habe, was eigentlich auf meinem Zettel stand. Denn irgendwann tun in der italienischen Hitze die Füße weh, der Kopf ist warm und die Zunge trocken (trotz regelmäßigen Nachfüllens von Betriebsstoffen, wie etwa Wasser). Wie blöd ist das denn? Der Urlaub sollte doch eine Zeit des Müßigganges, der ziellosen Kontemplation und des Auffüllens der eigenen Batterien sein, und keine erschöpfende Hetzjagd nach neuen Bildern… oder? Wenn ich dann allerdings abends da sitze und noch einmal Revue passieren lasse, wo ich an dem Tag überall war, was ich gesehen und erlebt habe, dann bin ich plötzlich auf eine Art zufrieden, die ich nicht erklären kann. Irgendwie werde ich dann wieder zu dem Kind, das in sich alles aufsaugt und erst im Nachhinein zu verarbeiten beginnt. Oder ein bisschen wie Nummer Fünf, dieser knuffige Roboter, der nach so viel Input verlangt, weil er alles (vor allem aber die Menschen) verstehen und so zu echtem Leben kommen möchte. Nun rede ich mir immer gerne ein, dass ich keine Nummer bin, sondern ein freier Mensch – um allerdings recht häufig, ebenso wie Number Six für sein “I’m not a number, I’m a free man!”, nur eine dreckige Lache zu ernten. Ich bekomme mein Gelächter allerdings nicht von Number Two, sondern vom Schicksal selbst. Also bin ich doch Nummer Fünf; aber eher in dem Sinne, dass es vielen Anderen wahrscheinlich genauso geht, wie mir. Ob das wohl ein Trost sein kann…?

Reden wir gerade über die viel beschrieene Individualität, wenn es um das Urlaub machen geht? Vielleicht. Allerdings nicht darüber, ob man lieber in ein Luxus-Ressort mit All-you-can-eat-Buffet, zum Backpacking am anderen Ende der Welt, auf eine Kreuzfahrt über irgendeinen Ozean oder eben doch das in das Selbstversorger-Appartment in Mittelitalien reist, um sein ganz spezielles Glück zu finden. Wir reden gerade über die spannende Frage, wie man auf Reisen unterschiedlichste Persönlichkeiten und ihre jeweiligen Bedürfnisse unter einen Hut bekommt – und die erste, intuitive Antwort ist: gar nicht! Was aber erklärt, warum der vielgepriesene (oder, wenn man Andere fragt vielgescholtene) Familienurlaub auf immer per Definition ein Drahtseilakt bleiben muss. Vollkommen unabhängig davon, wie alt die Kinder sind; und wie konziliant oder durchsetzungsstark sich alle Beteiligten begegnen. Denn irgendein Träumchen bleibt immer auf der Strecke. Und was fange ich mitbder Erkenntnis nun an? Ist ganz einfach: wenn Städtetouren, dann geht jeder seinen eigenen Weg. Und ansonsten müssen wir wenigstens einmal an einen traumhaften See und einmal ans Meer. Darauf können sich alle einigen. Der Rest findet sich für mich zwischen Lesen und Schreiben und Dösen und Denken und Schwimmen. Denn eigentlich ist alles, was ich brauche schon da. Und bei euch so…

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