Wie bereits die Tage erwähnt, hatte die beste Ehefrau von allen sich direkt nach unserer Ankunft an der diesjährigen Urlaubslocation mit der Frage zu befassen begonnen, was man an diesem hübschen Cottage ändern müsste, um es in eine angemessene, permanente Residenz verwandeln zu können. Und natürlich fängt man dann an zu träumen, wie es wohl wäre, Deutschland den Rücken zu kehren. Nicht, wegen der Krisen, denen sich unser Land gegenwärtig gegenüber sieht und der im Zuge dessen dauernd steigenden Kosten; sondern weil man jedes Mal in der Fremde feststellt, dass es da arg schön ist. Arg viel schöner, als zu Hause; und das dieses Delta an SCHÖN einen unwiederstehlichen Lockruf darstellt, es woanders zu versuchen! Und natürlich treten dann auch gleich unvermeidlich die typischen Unzulänglichkeiten der heimischen Existenz in den Fokus: der Job nervt, manche Nachbarn nerven, die Stadtverwaltung nervt, der Verkehr nervt, usw…
Nun ist dieser Lockruf bei näherer Betrachtung eine Illusion. Denn in Irland müssten wir genauso einem Broterwerb nachgehen, wie in Deutschland. Und man kann sich nicht sicher sein, eine Anstellung zu finden, die a) den eigenen Fähigkeiten und Vorstellungen entspricht und b) auch noch den gleichen Lebensstandard erlaubt, welchen wir jetzt haben. Und man müsste sich immer fragen, wie kurz oder lange es dauert, bis auh dieses NEUE sich in einen Alltagstrott verwandelt hat, den man eigentlich loswerden wollte. Zudem sind die Hürden für eine permanente Einwanderung / Einbürgerung aus gutem Grund recht hoch. Denn auch die Iren betrachten unregulierte Einwanderung in ihre Sozialsysteme mit gewisser Reserviertheit, sind Land und Bevölerung doch deutlich kleiner als bei uns.Zudem wäre ich nicht bereit, unserer Kinder zu entwurzeln. Damit bleibt der Gedanke ein kühne Spielerei, mit der man sich mal die Zeit am Kaminfeuer vertreiben kann. Aber träumen ist ja bekanntlich nicht verboten!
Allerdings tritt ein Faktum hinzu, dass ich kaum mehr verleugnen kann: die letzten drei Jahre, in denen ich auf mühe- und schmerzvolle Weise vom Notfallsanitäter zum Schulleiter gewachsen bin, in denen eine Pandemie die Welt – und meine Wahrnehmung derselben – grundlegend verändert hat, in denen auch private Anfechtungen meine mentale Resizlienz angezehrt haben, und vielfältige Belastungen mich immer wieder an meine Grenzen führen, sowie immer noch ungelöste Probleme und Aufgaben lauern, haben mich verändert! Früher dachte ich immer in diesen typischen Kategorien von immer vorwärts und weiter. Ich wollte meiner Familie einen besseren Lebensstandard bieten, mehr Möglichkeiten, mehr Freiheiten. Heute steht all das zur Disposition! Ich frage mich immer häufiger, was ich hier eigentlich wofür tue. Da fällt mir ein Zitat ein:
„How the hell could a person enjoy being awakened at 6:30AM, by an alarm clock, leap out of bed, dress, force-feed, shit, piss, brush and hair, and fight traffic to get to a place where essentially you make a lot of money for somebodey else and were asked to be grateful for the opportunity to do so?
Charles Bukowski
Ich denke, es läuft auf Folgendes hinaus: ich brauche ein verdammtes Sabbatical! Um mal all die Gedanken packen und zu Ende denken zu können, die sich meinem inneren Auge immerzu nur als Nebelfetzen präsentieren. Um mal wieder RICHTIG mit mir selbst klarkommen zu können. Um ein paar Dinge zu ordnen, eine Zukunft zu erkennen und mindestens ein Buch fertig zu schreiben, welches seit zwei verf*****n Jahren darauf wartet. Vielleicht wil ich nicht auswandern. Aber so drei, vier Monate könnte ich es hier schon aushalten… Ich wünsche noch ein schönes Wochenende.
Eine Antwort auf „Beannachtaí na hÉireann N°4 – living in Paradise?“