Der verwirrte Spielleiter N°65 – Nur ein Hobby…?

Ich rede immer wieder von meinem Hobby N°1 – Pen’n’Paper. Und es ist wahr; es war, ist und bleibt meine favorisierte Art, freie Zeit zu verbringen, ohne irgendeine Art von Wertschöpfung erzeugen zu müssen. Wobei es natürlich zu kurz gedacht ist, wenn wir Wertschöpfung immer nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachten. Denn für MICH ist es sehr wohl ein Wert an sich, mit lieben Menschen eine gute Zeit zu verbringen, denkwürdige Geschichten zu erzählen / zu erleben und dabei Spaß zu haben. Es ist übrigens vollkommen unerheblich, auf welche Art ein Mensch dieses Gefühl des Erfüllt-Seins erreicht, welches einem solcherlei positive Erfahrungen erlaubt. Fahrt auf Fahrrädern Berge runter, drechselt den Kölner Dom aus Streichhölzern, umrundet den Globus, knipst euch an den abgefahrensten Stellen tot (aber bitte nur im übertragenen Sinne – nicht zu nahe an die Klippe gehen und so…), esst das schärfste Essen der Welt (und bereut es bitter) – ist mir vollkommen egal, was EUER geilster Kick ist; er sei euch von ganzem Herzen gegönnt! Für MICH jedoch bleibt TTRPG mein Favorit. Denn sich in unterschiedlichste Welten, verschiedenste Persönlichkeiten und wildeste Geschichten hinein zu denken und Probleme zu lösen (oder für meine Spieler Probleme zu entwerfen, damit DIE dann nach Lösungen suchen dürfen), ist so ziemlich der krasseste Spaß, den man mit seinem Gehirn haben kann. Ich war auf so vielen unfassbaren Welten und bin in der Realität doch nur eine sehr überschaubare Menge an Kilometern geflogen. Ich habe Rätsel gelöst, Schurken ihrer gerechten Strafe zugeführt, unzählige interessante Persönlichkeiten kennengelernt, Dinge gesehen und getan, die man nicht leicht erklären kann – und bin trotzdem einfach nur ich geblieben. Denn ich bin schon sehr lange ein Nerd alter Schule und Gaming ist für mich nicht einfach nur ein Hobby!

Ich habe schon ein paar Mal berichtet, wie es im Sommer 1989 um mich geschehen ist und ich in diese anderen Welten eingetaucht bin, um für immer dort zu bleiben – zumindest mit einem Teil meiner Selbst. Ich meine… im wahren Leben, im Hier und Jetzt habe ich als Rettungsdienstler einen Job ausgeübt, der mich manchmal physisch, häufiger jedoch psychisch an meine Grenzen geführt hat. Und auch darüber hinaus! Nach über 20 Jahren durfte ich zum ersten Mal bemerken, dass es so nicht weitergeht, als mein erster Burnout mich daran gemahnt hat, dass keine Seele aus Eisen ist. Und ich habe mehr als nur einen kleinen Teil dieser Seele auf den Straßen dieser Stadt zu Markte getragen, um anderen zu helfen. Und ja – FUCK IT – ich würde es wieder tun! TTRPGs warer für mich einerseits immer Eskapismus, also eine Möglichkeit, der manchmal sehr unschönen Realität für eine definierte Zeit den Rücken kehren zu können. Wann immer der Druck zu stark wurde, habe ich mich, zumindest ein bisschen, in andere Welten, andere Persönlichkeiten, andere Herausforderungen flüchten können. Herausforderungen, die häufig viel einfacher zu lösen waren, als die allzu komplexen Dilemmata der Realität. Ich habe dabei nie den Blick auf die wahre Welt verloren, konnte aber gleichsam meine Energien auffüllen durch Erfolge, die – wenngleich bestenfalls als virtuell zu bezeichnen – für diesen Teil meiner Selbst real genug waren, um sich daran hochziehen zu können. Andererseits war ich schon von Kindertagen an ein Geschichtenerzähler. Und der Push für meine Kreativität, meine Kommunikations-Kompetenz, Problemlösungsstrategien, etc., den ich durch die Auseinandersetzung mit unfassbar vielen Wissensgebieten im Rahmen meiner Beschäftigung mit TTRPGs erfahren habe, lässt sich mit nichts aufwiegen.

Natürlich hat das alles auch etwas mit Neugier zu tun; und neugierig war ich schon als kleines Kind in einem Maße, dass meine erwachsene Umwelt nicht selten in Erstaunen versetzt, aber noch viel häufiger auch beinahe in den Wahnsinn getrieben hat. Ein biografischer Umstand, den ich wohl mit so manch anderen Nerd teile. Für mich wurden folgerichtig alle möglichen anderen nerdige Interessen, welche mit Pen’n’Paper einhergingen – unterschiedlichste Regelwerke und Settings, Fantasy- und Scifi-Literatur, Filme, Serien, Mangas und Animes, Soziologie, Psychologie, Philosophie, Geschichte, Religionen etc. – zu meiner Nische, in der es mir gut ging, auch wenn ich mir über einen nicht unerheblichen Teil meiner Kindheit und Jugend hinweg eher schwer damit getan habe, Anschluss zu finden. Letztlich hat sich das alles gegeben, aber ein Normalo wurde ich nie. Ich habe mit dem Rettungsdienst einen schrägen Job angenommen, der mich viel mit Menschen und deren Problemen zusammengebracht hat, obwohl ich immer schon ein extravertierter Introvertierter war, eben weil ich meine Neugier befriedigt wissen wollte. Und über all die Jahre blieb das Gamen mein Anker in diese Anderswelten, aus denen ich einen erheblichen Teil meiner Energie zum Weitermachen bezog – und auch heute noch beziehe. Pen’n’Paper hat mir geholfen, wieder auf Spur zu kommen, als es schwierig war. Und ich habe durch das Gamen meine wichtigsten und längsten zwischenmenschlichen Beziehungen gefunden; zu meinen besten und ältesten Freunden ebenso, wie zur besten Ehefrau von allen. TTRPG KANN niemals nur ein Hobby für mich sein, denn es ist ein so wichtiger Teil meines Lebens gewesen und geblieben, der bis heute mitbestimmt, WER ICH BIN – es ist mein Lifestyle! Und soweit es mich betrifft, wird das auch so bleiben, bis ich irgendwann six feet under lande.

Für diejenigen, die meine Erfahrungen nicht nachvollziehen können, weil TTRPGs für sie doch nur ein Hobby unter vielen sind, sei angefügt: alles gut! Ein jeder ist auf seine Weise nerdig, denn jede Biografie hat ihre eigene Struktur. Meine ersten Erfahrungen stammen einfach aus einer anderen Zeit. Wichtig ist, dass wir alle damit unseren Spaß haben können. In diesem Sinne – always game on!

Benvenuti nelle Marche N°14 – …und was bleibt?

Ich frug die Gattin am gestrigen Abend, welch erfreuliche Wahrnehmungen sie wohl aus dieser Reise mit nach Hause nähme. Wiewohl dem Verfasser hätte bewusst sein können, dass Menschen jenes umgebende Gefüge, welches wir “Welt” zu nennen pflegen auf höchst unterschiedliche Weise zu rezipieren pflegen, war doch die erste Replik ein Mü überraschend; sprach doch die beste Ehefrau zuerst von jenem Ort, der allüberall die Massen der Erholungssuchenden anzuziehen scheint, wie ein Haufen ausgeschiedenen Verdauungsdepositums die Fliegen: nämlich DEM STRAND. Von je her, rings um den Globus eine räumliche Entität, die ein höchst eigenes Soziotop repliziert, wo immer Menschoide mit Sonnenschirmen auf – “so wuuunderschönem” – zu wenig Platz zusammen kommen, um einem ausgesuchten Ausschnitt der Weltmeere zu huldigen; ein*e jede*r nach seinem individuellen Dafürhalten hinsichtlich Raumbedarf, Lautstärke, optischer Darreichungsform und sozialen Fähigkeiten; und daher zumeist ein Ort des Schreckens! Nun war jener Strand, welchen wir eben gestern noch einmal aufgesucht hatten natürlich eine Empfehlung unser höchst reizenden Gastwirte und damit quasi eine Art Geheimtip, an dem man üblicherweise vor allem Einheimische vorfindet – und von denen derzeit, da noch Vorsaison herrscht, auch nicht allzu viele. Selbst für den Autor war die Stranderfahrung daher als halbwegs angenehm zu bezeichnen, sind Menschenmassen, Enge und Radau doch ein Quell des Unbills. Daher barg der Gattin Antwort – der eigenen positiven Überraschung am Meer zum Trotze – eine Überraschung, hatte der Schreiber dieser Zeilen doch für sich selbst ganz andere Highlights gefunden.

An Landschaft herrscht hier in der Gegend kein Mangel, an beeindruckenden Ausblicken folglich auch nicht. Und wie schon erwähnt gilt – auch, wenn gelegentlich die Höhenangst ihren mentalen Tribut fordert – für den Autor, je weiter oben man steht, desto weiter kann der Blick schweifen. Das Gefühl der eigenen Nichtbedeutsamkeit im Angesicht der Natur hat eine kathartische Wirkung, die der Verfasser auch so manchem seiner Kollegoiden reichlich wünschen würde – es stellte so manches egoistische und narzisstische Gehabe eventuell ins richtige Licht. Aber für DIESE gedankliche Transferleistung mangelt es möglicherweise an… Gedanken… Mich rückt es immer wieder zurecht, feststellen zu müssen (oder zu dürfven…?), wie klein wir Menschlein doch sind – und wie wenig unser Tun oder Lassen mit Blick auf das Große Ganze wirklich bedeutet! Natürlich war die erste Frage dazu angetan, zum Ziehen eines Resümees anzuregen. Wenn man(n) also tatsächlich darüber nachdenken müsste, was man(n) aus dieser Reise mitnimmt, so ließe sich Folgendes konstatieren: Eindrücke und Ideen. Erholung und Lust am Entdecken. Echte Erlebnisse und gute Gespräche. Eine internationale Rollenspielrunde via Zoomkonferenz. Einige Fotos, um sich der Dinge erinnern zu können, wenngleich es dem Autor dazu meist keiner Hilfe bedarf. Und der bereits feste Plan, wieder herzukommen. Was sonst noch folgt, findet sich, wenn es soweit ist. Denn am Ende ist es vollkommen gleichgültig, wer an den heuer bislang bereisten Orten welche Erfahrungen als besonders inspirierend vorfindet; wichtig ist einerseits, dass für jede*n etwas dabei ist. Und andererseits muss jede*r die Zeit bekommen, die es dafür braucht.

Ich bin jedenfalls zufrieden mit dem was ich vorfinden durfte, auch, wenn morgen früh der Diesel wieder brummt. Ich bin auch ein bisschen traurig, weil ich hier vermutlich Monate zubringen könnte. Ich bin gespannt, was als nächstes kommt. Und ich bin zuversichtlich, noch mehr aus den Marken berichten zu können; allerdings erst nächstes Jahr. Wir lesen uns also das nächste Mal wieder aus der Heimat… Have a nice weekened!

Benvenuti nelle Marche N° 13 – Thunderstorm!

Manchmal ist das Gebaren der Umwelt ein Sinnbild dafür, wie das eigene Leben gerade läuft. Vormittags ist man noch unterwegs, um unter heißer Sonne im Meer zu baden – und nachmittags fegt ein Gewittersturm über das Land und treibt die schwüle Hitze im Handstreich hinfort. Während das Außen geduldig von den hohen Temperaturen von Trägheit gemartert wird, die Gedanken nurmehr zäh wie Melasse dahin fließen und sich ab diesem bestimmten Moment alles Leben in den Schatten zurückziehen möchte, um nicht zu verbrennen, entsteht nichts; zumindest nichts Neues außer dem Gefühl, nie wieder irgendwohin gehen und irgendetwas erreichen zu können, das weiter entfernt ist, als das nächste Glas kühles Nass, der nächste Sprung in die Fluten, der nächste Snack um den Hunger zu stillen. Man ist der Naturgewalt unterworfen und beginnt zu verstehen, warum es hierorts üblich ist, eine lange Mittagspause zu machen. Nur Alman-Kartoffeln sind so blöd, bei der Hitze irgendetwas unternehmen zu wollen…

Don’t get me wrong – das Ganze kann für eine kurze Zeit trotzdem Spaß machen. Aber es ist nicht die Art von Stimulus, welche mich wirklich anregen kann. Immerhin regt es mich aber nicht auf, sondern eher ab. Doch irgendwann am Nachmittag – nach der Heimfahrt zur aktuellen Bleibe und dem obligaten Einkauf auf dem Weg – beginnt sich der Himmel zu verfinstern, der Wind frischt auf, Regen fällt. Und eine andere Naturgewalt fegt die Trägheit weg; und zwar mit Wucht. Bäume biegen sich im Wind, die Elektrizität im Tal fließt nicht 100% zuverlässig, das Internet streikt – und man beginnt zu begreifen, dass wir uns die Erde niemals wirklich Untertan gemacht haben. Und dies, wem oder was auch immer dafür Dank sein muss, niemals schaffen werden. Beschädigen vielleicht, aber beherrschen niemals! Das alles gibt mir einerseits ein Gefühl für die Wichtigkeit meiner Person und meines Tuns; oder besser den Mangel daran im Angesicht des Gefüges unserer Welt; „All we are, is dust in the wind.“ Andererseits gibt es mir Hoffnung, dass eine Reinigung – nicht nur mit Blick auf die Hitze – möglich ist. Ein Sturm, all das Falsche, Inhumane, Grausame, Bigotte, Egoistische, Narzisstische und überhaupt Schlechte aus unserer Welt zu fegen. Die Analogie greift hoch, gefällt mir aber dennoch!

Immerzu komme ich zurück zu diesen Diskussionen um die Frage, was Urlaub im Kern denn nun ist, ob Urlaub wirklich notwendig ist, was man für diese Zeiten an Ressourcen aufwenden darf und welchem Zweck das alles dient. Denn eines ist klar: für mich ist Urlaub nicht ein bloßes Batterien-Auffüllen, damit ich hinterher wieder für meinen Brötchengeber funktionieren kann. Ich bin schon lange nicht mehr bereit, mich auf eine Funktion reduzieren zu lassen – und jene, die dieses Prinzip herausfordern lernen ihre Lektion schnell und unmissverständlich: Ich mache mein Ding und wenn’s jemandem nicht passt, kann er sich eine*n Andere*n suchen, der/die dann vielleicht besser als Ja-sagender Hutständer funktioniert. Urlaub ist Zweckfreiheit, ist kreative Stimulation, ist neue Erfahrung, ist Loslassen um Neues festhalten zu können, ist das Ende einer Phase und zugleich der Beginn einer Anderen, ist Anstrengung und Entspannung in einem, ist Man-selbst-Sein – und damit jede Ressource wert, die ich dafür zu geben bereit bin. Wie man hinkommt und ob man unbedingt fliegen muss, sei dahingestellt. Doch der Ort, den wir aufsuchen muss stimmen, muss mir sagen „Für jetzt bist du HIER zuhause!“. Dann fügt sich der Rest von selbst. Und für ein paar wenige Tage ist mein aktuelles Zuhause noch ganz woanders…

Benvenuti nelle Marche N°12 – auf immer…?

Man ist an seinem Urlaubsort so richtig angekommen, fühlt sich dort sauwohl, genießt die Vorzüge der Gegend nach allen Regeln der Kunst, natürlich wohlwissend, dass in ein paar Tagen schon wieder Schluß sein muss mit la dolce vita; und immer wieder kriecht dieser kleine Gedanke in die Gespräche: wie wäre es wohl, hier zu leben? Vielleicht nicht das ganze Jahr, aber wenigstens einen Teil? Ich gebe schon zu, dass ich unsere diesbezüglichen Möglichkeiten mehr als einmal analysiert habe – stets mit dem gleichen Ergebnis: im Prinzip schon, aber… Ich selbst wäre vermutlich flexibel genug, ein solches Vorhaben anzugehen. Denn mein Verständnis des Begriffes “Heimat” ist ein vollkommen Anderes, als das so vieler meiner Landsleutoiden. Ich glaube nicht an Geburtsrechte und Deutschtümelei. Ich glaube, dass Heimat immer da ist, wo die Seele aufblüht, wo die Gedanken frei genug sind, die Kreativität fließen zu lassen, wo das Herz einen Sprung macht, wenn man den Blick schweifen lässt. Dieses Gefühl hatte ich daheim letzthin immer seltener, was allerdings auch daran liegen könnte, dass die letzten Monate wieder einmal zu einem beruflichen Parforceritt degeneriert sind. Von meinen Vorsätzen blieb nicht allzuviel übrig, außer tiefgreifender Erschöpfung. Es mag also nicht verwundern, dass die Marken mich in vielerlei Hinsicht verlocken. Aber wollte man aus süßen Träumen Taten werden lassen, gäbe es so viele Dinge zu beachten, vorzubereiten, zu studieren, zu beantragen. Und am Ende des Tages muss es doch an mehreren Aspekten scheitern:

  • Die Kinder: niemand, der bei klarem Verstand ist, entwurzelt seine Kinder ohne Not und ohne einen sehr guten Plan B. Womit auch klar ist, dass Italien (oder sonstwo) allenfalls in Betracht käme, NACHDEM unsere Töchter aus dem Gröbsten (und vor allem aus dem heimatlichen Nest) raus sind. Sie mitten im Leben aus unserem hiesigen Schulsystem herauszureißen ist dabei nur ein Aspekt… Freundeskreise sind ebenso wesentlich.
  • Die beste Ehefrau von Allen: ist eben dabei, in der Selbstständigkeit durchzustarten. Einen schlechteren Zeitpunkt, um über solchen Schmonzes wie die Verlegung des Wohnsitzes in eine andere Nation nachzudenken, kann ich mir jetzt nur schwerlich vorstellen. Und ich habe eine Menge Fantasie! Überdies sind ihre Wurzeln in unserer Stadt (vor allem familiär) wesentlich tiefer und fester, als meine es je noch sein könnten.
  • Die Sprache: Ich kann mich nicht auf das Abenteuer Auswanderung begeben (und selbst, wenn diese nur auf Raten bzw. zeitweise erfolgte), ohne die Landessprache fließend zu beherrschen! Mein Italienisch ist allerdings bis heute eher rudimentär, das meiner Lieben nonexistent. Und dies zu ändern bedeutete einen erheblichen Aufwand, für den keiner von uns momentan die Nerven, die Energie und die Zeit hätte.
  • Der Job: Meine Arbeit ist eine hochspezialisierte, bei der ich beim besten Willen keine Idee hätte, wie ich hier in Italien an eine halbwegs äquivalente Stelle käme. Und hochfliegende Pläne mit einem eigenen Häuschen im Schönen und allem Pipapo müssen nun mal leider finanziert werden; was nur geht, wenn man die laufenden Kosten mit einem regelmäßigen laufenden Einkommen decken kann. Klingt logisch oder…?
  • Die Politik: ich glaube, hier schon viel mehr als einmal klargemacht zu haben, dass ich mit Faschos nicht kann! Was zu Hause in Deutschland gilt, verliert nicht seine Bedeutung, nur weil die Fahne woanders andere Farben hat. Womit das Thema auch aus Meloniesken Gründen derzeit einfach gegessen ist. Daheim ist das rechte Gesindel wenigstens nur als Opposition im Parlament vertreten; was schon schlimm genug ist.

Ach ja, Träume sind Schäume. Ob ich dennoch immer wieder weiter über solche Dinge nachdenke und gelegentlich auch verstohlen die Optionen prüfe? Da dürft ihr aber sicher sein! Nicht, weil ich Deutschland nicht mag; sogar ganz im Gegenteil! Aber mein Geist verlangt immer wieder nach solchen Planspielen, welche mir die Chance eröffnen, andere Lebensentwürfe auszuprobieren, ohne diese wirklich in aller Konsequenz leben zu müssen. Und ich kann mir kaum vorstellen, dass ich etwa allein damit bin, die zig Millionen aus diesem oder jenem Jackpot zumindest gedanklich schon komplett ausgegeben zu haben, egal, ob ich nun getippt habe, oder nicht… Wir alle brauchen ab und an diesen Eskapismus, denn er lässt uns unsere eigene – bisweilen durchaus belastende – Existenz etwas weniger bedrohlich erscheinen. In diesem Sinne dürfte der Urlaub hier durchaus noch etwas länger dauern. Ich gelobe daher hiermit, jeden Tag zu genießen. Schönes Wochenende.

Benvenuti nelle Marche N°11 – …immer vorwärts?

“Manchmal…”, sagte die beste Ehefrau von allen, “…bist du sehr schnell unterwegs.” Es ist diese Feststellung, dass ich im Urlaub wohl mit einer forschen Zielstrebigkeit unterwegs bin, die mir selbst gar nicht so auffällt. Ich dachte kurz darüber nach, als am gestrigen Abend das Gespräch darauf kam. Und die Rechtfertigung, welche mir sogleich einfiel, klang ungefähr so: man(n) kommt halt wahrscheinlich nur einmal hin und dann sollte man(n) so viel wie möglich von dem Ort gesehen haben. Natürlich ist dies keine Begründung dafür, im Urlaub zu viel Gas zu geben (wenn auch nur per pedes) und sich selbst damit der Ruhe des Flanierens zu enthalten. Insbesondere, wenn man nirgendwo hin muss und das Flanieren rings um das Urlaubsdomizil herum ganz vorzüglich funktioniert. Habe ich tatsächlich Reise-induzierte FOMO (Fear Of Missing Out)? Also Travel-Induced Fear Of Missing Out => TIFOMO. Oder ist es vielleicht etwas ganz anderes? Ich denke nun schon seit gestern darüber nach und glaube mittlerweile, dass die Erklärung eine andere ist: es ist einerseits dieser Durst nach neuen Stimuli, nach Input, der für mich vor allem visueller Natur sein muss. Andererseits ist es aber auch dieser Drang, sich von allem freimachen zu können. Weshalb ich, so oft es mir möglich ist, ohne die Menschen, welche mir nah sind zu sehr vor den Kopf zu stoßen nach Gelegenheiten suche, für mich zu sein und die Dinge alleine zu erkunden. Eigentlich passt das Zitat von Riddick, welches mir dazu eben gerade einfällt nicht ganz, denn im Gegensatz zu mir ist er schnell: “Es gibt nur eine Geschwindigkeit – MEINE Geschwindigkeit!”

Es wird sogar noch etwas paradoxer, wenn ich nun zugeben muss, dass ich im Prozess des vorwärts Eilens wohl auch schneller meine verfügbare Energie verbrenne und dadurch manchmal aufgeben muss, bevor ich alles gesehen habe, was eigentlich auf meinem Zettel stand. Denn irgendwann tun in der italienischen Hitze die Füße weh, der Kopf ist warm und die Zunge trocken (trotz regelmäßigen Nachfüllens von Betriebsstoffen, wie etwa Wasser). Wie blöd ist das denn? Der Urlaub sollte doch eine Zeit des Müßigganges, der ziellosen Kontemplation und des Auffüllens der eigenen Batterien sein, und keine erschöpfende Hetzjagd nach neuen Bildern… oder? Wenn ich dann allerdings abends da sitze und noch einmal Revue passieren lasse, wo ich an dem Tag überall war, was ich gesehen und erlebt habe, dann bin ich plötzlich auf eine Art zufrieden, die ich nicht erklären kann. Irgendwie werde ich dann wieder zu dem Kind, das in sich alles aufsaugt und erst im Nachhinein zu verarbeiten beginnt. Oder ein bisschen wie Nummer Fünf, dieser knuffige Roboter, der nach so viel Input verlangt, weil er alles (vor allem aber die Menschen) verstehen und so zu echtem Leben kommen möchte. Nun rede ich mir immer gerne ein, dass ich keine Nummer bin, sondern ein freier Mensch – um allerdings recht häufig, ebenso wie Number Six für sein “I’m not a number, I’m a free man!”, nur eine dreckige Lache zu ernten. Ich bekomme mein Gelächter allerdings nicht von Number Two, sondern vom Schicksal selbst. Also bin ich doch Nummer Fünf; aber eher in dem Sinne, dass es vielen Anderen wahrscheinlich genauso geht, wie mir. Ob das wohl ein Trost sein kann…?

Reden wir gerade über die viel beschrieene Individualität, wenn es um das Urlaub machen geht? Vielleicht. Allerdings nicht darüber, ob man lieber in ein Luxus-Ressort mit All-you-can-eat-Buffet, zum Backpacking am anderen Ende der Welt, auf eine Kreuzfahrt über irgendeinen Ozean oder eben doch das in das Selbstversorger-Appartment in Mittelitalien reist, um sein ganz spezielles Glück zu finden. Wir reden gerade über die spannende Frage, wie man auf Reisen unterschiedlichste Persönlichkeiten und ihre jeweiligen Bedürfnisse unter einen Hut bekommt – und die erste, intuitive Antwort ist: gar nicht! Was aber erklärt, warum der vielgepriesene (oder, wenn man Andere fragt vielgescholtene) Familienurlaub auf immer per Definition ein Drahtseilakt bleiben muss. Vollkommen unabhängig davon, wie alt die Kinder sind; und wie konziliant oder durchsetzungsstark sich alle Beteiligten begegnen. Denn irgendein Träumchen bleibt immer auf der Strecke. Und was fange ich mitbder Erkenntnis nun an? Ist ganz einfach: wenn Städtetouren, dann geht jeder seinen eigenen Weg. Und ansonsten müssen wir wenigstens einmal an einen traumhaften See und einmal ans Meer. Darauf können sich alle einigen. Der Rest findet sich für mich zwischen Lesen und Schreiben und Dösen und Denken und Schwimmen. Denn eigentlich ist alles, was ich brauche schon da. Und bei euch so…

Benvenuti nelle Marche N°10 – Mad New World…

Menschsein ist anscheinend eine komplizierte Angelegenheit. Immer wieder steht man subjektiv vor der Herausforderung, seine eigenen Wünsche, Ziele, Bedürfnisse mit denen der anderen Menschen – insbesondere denen, die einem nahe sind – austarieren zu müssen. Objektiv jedoch scheint ein nicht geringer Prozentsatz der Menschoiden da draußen auf diese Verpflichtung zu scheißen, die sich daraus ergäbe, wenn wir wirklich unserer Nächsten Grenzen und Rechte achten würden. Anders lässt es sich kaum erklären, dass so viele Ego-fixierte Bastarde mit ihrem Ego-Müll „die Zone fluten“ wie dieser Fascho-Flüsterer Steve Bannon das Zumüllen der antisozialen Medien mit Fascho-Müll mal nannte. Welche Art Ego-Müll dabei in die Zone flutet ist vollkommen gleichgültig, weil jede weitere Schmutz-Welle dazu geeignet ist, den eben benannten Austarierungs-Prozess zum Halten zu bringen. Es stellt sich spontan die Frage, zumindest sofern man die Menschheit noch nicht vollkommen aufgegeben hat, wie man dem Einhalt gebietet, wenn Erpressung, Totschlag, Brandstiftung, etc. leider kein gangbarer Weg sind, weil man dafür leider viel schneller in den Knast kommt, als dieses dreckige Antiscocial-Media-Verbrecher-Gesocks, welches das Internet verpestet; und damit unterdessen die einstmals hoffnungsvolle Idee einer weitreichenden Demokratisierung mittels des Internets durch die zunehmende Faschistoidisierung desselben ad absurdum geführt hat? What a Mad New World!

Ich habe gerade „Brave New World“ wieder gelesen – und für ein paar Augenblicke erscheint diese kranke Utopie einer weltumspannenden Zukunfts-Gesellschaft verlockend, in welcher die Menschen synthetisiert, für die spätere wirtschaftlich Funktion physiologisch und psychologisch konditioniert und als hedonistische, konsumorientierte Abziehbilder freier Menschen sozialisiert werden; alles im Namen sozialer Stabilität. Manches in dem Buch erscheint heute aus der Zeit gefallen, was beim Veröffentlichungsjahr 1932 auch nicht weiter verwundern mag. Und doch ist Huxleys Vision eines perfekten Totalitarismus, in dem alle glücklich sind, weil jeder bekommt, was er will, weil er nur will, was er bekommen darf, auch über 90 Jahre später immer noch erschreckend aktuell. Kein Wunder, dass die Nazis es direkt verboten hatten. In den Vereinigten Staaten ist das Buch übrigens schon lange vor dem dreckigen Fascho-Trumpel in diversen Staaten auf der Bann-Liste. Man könnte es als Ironie des Schicksals betrachten, dass ein Buch verboten wird (bzw. bleibt), in dem es u. A. auch um die Kuratierung des den Menschen verfügbaren Wissens durch die Nichtverfügbarkeit von Büchern geht; also harte Zensur, um die Konditionierung der Menschen als willfährige Drohnen des Weltstaates nicht zu gefährden.

Ich bin da eher bei John dem Wilden: „But I don’t want comfort. I want god, I want poetry, I want real danger, I want freedom, I want goodness, I want sin.“ In meinem Verständnis wünscht er sich eine Welt (zurück), in der die Menschen wieder Verantwortung für sich selbst übernehmen dürfen und damit die Chance bekommen, zu wachsen; selbst, wenn dies Herausforderungen, Anstrengungen, Kämpfe und Verluste bedeutet. Weil eine Existenz, die in allen Aspekten der Funktionalität untergeordnet ist, bestenfalls eine Subsistenz ist, die nichts mehr hervor bringt, als die reine Reproduktion dessen, was schon da war. Der Gedanke, darauf reduziert zu werden, erscheint auch mir schmerzhaft. Ich bin kein gläubiger Mensch im Sinne kirchlicher Doktrinen, wohl aber ein durchaus spirituelles Individuum und ich möchte mir – ebenso wie John der Wilde – meine mentalen Drogen gerne selbst auswählen; Irrungen und Wirrungen inklusive. Aber was weiß ich schon… außer, dass Lesen bildet. Daher empfehle ich Aldous Huxleys „Brave New World“ als Originaltext mit Kommentaren in der English Edition von Klett. Ansonsten lesen wir uns bald wieder mit anderen Themen. Bis dahin, gehabt euch wohl.

ISBN: 978-3-12-579850-2

Benvenuti nelle Marche N°9 – Warum nicht?

Über Urlaubsfahrten zu den Zeiten gesetzlicher Ferien ist jede notwendige und nicht so notwendige Glosse geschrieben worden; mal mehr, oft aber eher weniger lustig, Wenn sich viele 1000 auf den Weg in die gleiche Richtung machen, ist das Ergebnis halt Chaos auf den Straßen. Wir sind allem Chaos zum Trotze beinahe pünktlich gelandet – und zumindest ich habe einen Ort (wieder) vorgefunden, der sich erneut in beinahe allen Aspekten wie ein Zuhause anfühlt. Ich kann nur schwer beschreiben, welche Gefühle die letzten Kilometer einer 1.100 KM langen Reise in mir ausgelöst haben. Losgelöst beschreibt es nur unzureichend. Als ich dann, eine knappe Stunde nachdem der letzte Dreh des Schlüssels den Diesel zum schweigen gezwungen hatte, beginnen durfte, meine Bahnen im Pool zu ziehen, war ich genau da, wo ich schon seit Monaten hingewollt hatte… hingemusst hatte! Ich hatte neulich irgendwo mal gelesen, dass Urlaub ja im Grunde nicht nur problematisch sonder auch nutzlos sei, weil man ja eh nur irgendwohin führe, um an dem Ort dann genau das Gleiche zu tun, wie zu Hause, dafür aber kostbare Ressourcen vernichtet hätte. Also, normalerweise müsste ich das Autor*x (ich habe nicht mehr auf dem Schirm, was es denn nun war) so lange mit meiner pudelnassen Badehose in die Fresse schlagen, bis es versteht, dass diese Aussage – FÜR MICH – so ziemlich der allergrößte Quatsch ist, den irgendeine Journaille in letzter Zeit abgesondert hat!

Zuvorderst eine Liste der Dinge, die ich im Urlaub tue und für die ich Zuhause (wohl gemerkt unter der Prämisse Freizeit zu haben) dennoch weder die Muse noch die Motivation finde, weil die schiere Verfügbarkeit meines versch******n Dienstlaptops mich bereits zu oft dazu verführt – JA ICH BIN SO DUMM! HALTET EINFACH ALLE DIE FRESSE! – noch ein bisschen was zu arbeiten. Und das mir, der ich hier immer wieder über mein Verhältnis zu meinem Job und dessen mannigfaltige Frustrationspotentiale referiere; nun ja… Wo war ich? Ach ja, die Liste: Kreatives Schreiben (und nicht nur mein Blog). Knipsen, bis der verdammte Auslöser glüht. Neue Orte erkunden (und den Auslöser glühern lassen). Ortstypisch kochen und grillen (und dabei auch mal was Neues ausprobieren). Zwei bis drei Bücher lesen, die mich interessieren (keine Fachbücher!). Einfach mal in den Himmel, auf die Hügel oder ggfs. auf’s Meer schauen und NICHTS tun… Ich bin so alt – meine vertraute Umgebung kenne ich (andernfalls wäre sie nicht vertraut) auch in weiterem Umkreis. Und ich brauche ab und an neue Stimuli. Erst wenn ich ganz woanders bin – und damit stark entkoppelt von meinem üblichen Modus Operandi – beginne ich, mich selbst wieder (zweck)frei, kreativ und motiviert zu erleben. Und ich mag die südeuropäischen Mittelgebirge nun mal viel lieber, als den Strand (egal, ob im Norden oder Süden). Ich mag die kleinen Orrtschaften, die immer neue Blickwinkel ermöglichen. Ich mag die Straßen, die sich nicht anfühlen, wie ein Besuch bei Aldi, sondern wie ein kleines Abenteuer. Und ich mag es, dass sich nicht mal die Frage stellt, ob man abends Unterhaltung aus der Konserve konsummiert. JA, es gibt in unseren üblichen Ferienunterkünften zumeist einen Fernseher. NEIN, ich habe noch nie einen angemacht. Kurzum gesagt, mag ich reale Stimuli. Und damit ist die eine Sache noch nicht benannt, die ich einfach brauche – meine Bahnen in diesem kleinen Teich, die ich allmorgendlich ziehen kann, während Frösche quaken, Libellen summen und die Ringelnatter in Deckung gleitet. Und ich muss dafür nur aus dem Bett fallen, eine Badehose anziehen und ein ganz kleines Stück bergab gehen – so wertvoll!

Und was den Ressourcenverbrauch angeht: wir fahren zu viert mit dem Auto in Urlaub und unser Gesamt CO2-Verbrauch über 2 Wochen Urlaub liegt bei etwas über 800 KG. Für 620 KG schafft es gerade mal eine Person nach Malle und zurück. Über weitere Strecken müssen wir an dieser Stelle dann auch nicht mehr reden. Wir wohnen hier im historischen Natursteinhaus als Selbstversorger und haben damit weitestgehend den gleichen Klima-Fußabdruck wie zu Hause (und JA, der ist kleiner als bei vielen anderen, darf aber auch noch schrumpfen). Innen kühl, außen Sonne und das alles ohne Klimaanlage. Ob ich mich jetzt also schuldig fühle, weil ich einmal mehr den klischeebehafteten, nach Mittelitalien reisenden Pädagogen gebe, der abends mit der Rotwein-Buddel auf der Terrasse sitzt? (Tatsächlich war es gestern abend eine Buddel Prosecco, but who cares…) Nö, tue ich nicht. Und ich lasse es mir auch von niemandem einreden. Wenn es einen nicht so festlegen würde, hätten wir hier irgendwo schon lange ein eigenes kleines Häuschen. Aber es gibt noch mehr Ecken, die ich mal erkunden möchte. By the way – der Tourismus wird ja oft als Schuldiger für die Wassernot in vielen regionen Südeuropas genannt. Ich würde jetzt mal viel eher auf den ewigen, hemmungslosen Konsummaterialismus meiner Mitmenschen tippen, der den Klimawandel ausgelöst hat; aber was weiß ich schon… Doch, eines weiß ich ganz gewiss – ich bin im Urlaub und dennoch zu Hause, weil das ganze Setup hier den inneren Südländer aktiviert hat. Was wir die nächsten Tage anfangen, haben wir noch nicht entschieden. Aber das Schöne daran ist, dass man das im Zweifel ganz spontan tun kann. In diesem Sinne: sonnige Grüße!