Zwischenruf N°2

Ich stelle in letzter Zeit fest, dass, das Facebook kein guter Ort ist. Die Ambivalenz, die daraus resultiert, ist nervtötend. Denn einerseits habe ich dort eine gewisse Reichweite und nehme dadurch auch Netz-Nutzen mit. Andererseits ticken manche Leute, von denen ich das eher nicht erwartet hätte vollkommen aus und ich muss mir dann anhören, dass Grünen-Wähler genauso schlimmes Gesocks wären, wie „die Ratten, die der AfD hinterher laufen“ (O-Ton von jemandem, den ich eben entfreundet und blockiert habe). Anlass war eine Diskussion über einen Beitrag von Dieter Nuhr, den die Person geteilt hatte. Herr Nuhr benutzt hier die aus rechter Propaganda der letzten Zeit wohlbekannte Technik der Dekontextualisierung. Vereinfacht gesagt reißt man etwas aus dem übergeordneten Sinnzusammenhang (Kontext), der zum Verständnis aber notwendig wäre und verändert den Blickwinkel so, dass sich daraus eine negative Lesart konstruieren lässt. Machen in der Politik (und im Kabarett / der Satire) natürlich alle so.

Wenn man aber den Grünen den Drang nach Weltherrschaft unterstellt (das hätte in Deutschland ja Tradition), weil sie sich in ihrem Wahlprogramm ’21 zu dem Klimazielen des Pariser Vertrages bekennen, dessen Ratifizierung der deutsche Bundestag EINSTIMMIG zugestimmt hatte, ist die Grenze zum Tendenziösen mehr als überschritten. Hier wird der gesamten Partei implizit eine Nähe zum Faschismus unterstellt, die so sachlich unhaltbar ist und niederste Instinkte bedienen soll: der Tag ist ja so viel einfacher, wenn man ein schönes, ordentliches Feindbild hat, nicht wahr? Da drängt sich mir eigentlich nur eine Frage auf: Wann werfen die diese neoliberale Propagandaschleuder endlich aus dem Programm?

Dann kommen noch die üblichen Verdächtigen, wie das die Grünen den Deutschen das Auto (FALSCH) das Eigenheim (FALSCH) und das heimelige Kaminfeuer (FALSCH) verbieten wollen. Es wird lediglich darauf gedrängt, geltendes deutsches und EU-Recht endlich konsequent umzusetzen. Was im Übrigen auch während der grünen Regierungsbeteiligungen im Bund passiert ist. Man mag von Joschka Fischer halten, was man will (ich konnte ihn nie leiden, der ist ein arroganter S***): als Bundesaußenminister hat er in mancherlei Hinsicht jedoch eine bessere Figur gemacht, als Guido Westerwelle oder Heiko Maas. Aber das tut hier nichts zur Sache. Die Grünen haben Ihre radikale Anfangsphase überwunden und sind zu einer etablierten politischen Kraft geworden. Man mag auch die Lebenswege mancher grüner Politiker irritierend unkonventionell bis bizarr finden. Das ändert jedoch an den Beiträgen zur politischen Sacharbeit nichts.

Um das an dieser Stelle noch mal klarzustellen. Ich habe in meinem Leben schon mal grün gewählt. Ich bin aber immer noch Mitglied der SPD. Ich kann’s nur nicht haben, wenn a) irgendwelche bekannten Menschen ihre privilegierte Position als Medienmensch für – im Kern antidemokratische – Propaganda ausnutzen und b) Leute, die ihnen auf den Leim gehen mich dafür beschimpfen und beleidigen, dass ich versuche, ihren Blickwinkel für die Realität zu öffnen. Ich erwarte nicht, das irgendjemand meine Sicht der Welt übernimmt. So arrogant sollte kein Mensch sein. Aber akzeptieren zu können, dass andere Blickwinkel existieren, bei denen die Diffamierung einer ganzen Partei unterbleiben kann, wäre doch schon mal ganz nett. Ich habe es satt, Dogmatismus auf Grund mangelnder politischer Bildung ausgleichen zu müssen! Und tschüss…

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