Stuck in the middle N°2 – about society…

Now, there's one thing you might have noticed I don't complain about: politicians. Everybody complains about politicians. Everybody says they suck. Well, where do people think these politicians come from? They don't fall out of the sky. They don't pass through a membrane from another reality. They come from American parents and American families, American homes, American schools, American churches, American businesses and American universities, and they are elected by American citizens. This is the best we can do folks. This is what we have to offer. It's what our system produces: Garbage in, garbage out. If you have selfish, ignorant citizens, you're going to get selfish, ignorant leaders. Term limits ain't going to do any good; you're just going to end up with a brand new bunch of selfish, ignorant Americans. So, maybe, maybe, maybe, it's not the politicians who suck. Maybe something else sucks around here... like, the public. Yeah, the public sucks. There's a nice campaign slogan for somebody: The Public Sucks. Fuck Hope.George Carlin

Starker Tobak? Nö! Ich denke, es ist die schlichte Wahrheit und zwar unabhängig davon, ob damit in meinem Verständnis die US-amerikanische Öffentlichkeit gemeint ist (welche Carlins These gerade vor wenigen Wochen einmal mehr schlagend bewiesen hat), oder die bundesdeutsche. Unser Land mag um ein Mehrfaches kleiner sein, als die Vereinigten Staaten; unsere Politiker sind dennoch vom gleichen Schlag. Oder um noch einmal auf das kürzlich Gesagte zurückzukommen: ANGST, STOLZ, EIGENNUTZ. Ich sagte auch, dass ich mich für eine durchschnittlich intelligente Person hielte, was bedeutet, dass ich keine Ahnung habe, warum das so ist. Okay… das war gelogen. Ich glaube, eine ganz gute Vorstellung zu haben, warum unsere Gesellschaft und damit unsere Politiker als deren Produkt so ticken, wie sie ticken. Ich kann allerdings keine echte Lösung für das Problem anbieten. Es wäre mir jedoch wichtig, dass mehr Menschen begännen, diese verfickte Verfasstheit von uns allen als das PROBLEM wahrzunehmen, dass sie ist! Denn im Moment scheint einfach nur jeder zu denken, dass ihn „Das Große Ganze“ nichts anginge und dieses (also der Staat) ihm/ihr daher auch nichts zum jeweiligen Kleinen Ganzen zu sagen hätte. Hier spielen Gedanken des amerikanischen Libertarianismus eine Rolle, welche z. B. Michael Sandel in Kapitel drei seines Buches „Gerechtigkeit. Wie wir das Richtige tun.“ beschrieben hat (S. 85 ff.). Im Grunde wollen Libertarier höchstmögliche individuelle Freiheit bei geringstmöglichem staatlichen Eingriff, weil sie – ganz dem Utilitarismus verpflichtet, aus dem sie entstanden sind – davon ausgehen, dass jede und jeder voll und ganz für sein bzw. ihr eigenes Wohl oder Wehe verantwortlich sind. Klingt ein bisschen wie die Blaupause für die narzisstischen, dogmatischen Egomanen, von denen ich in meinem letzten Post sprach, nicht wahr. Wenn aber nun ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung aus geistig und sozial derart aufgestellten Individuen besteht… nun ja. Thomas Hobbes hätte das wohl den Bellum omnium contra omnes genannt: den KRIEG ALLER GEGEN ALLE! Wie war das noch mal mit ANGST, STOLZ, EIGENNUTZ…?

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Kant glaubte noch daran, dass auch ein moralisch schlechter Mensch prinzipiell ein guter Bürger sein könne, wenn nur die Verfassung (also die Gesetze) und die Öffentlichkeit (also, wie die Menschen diese Gesetze leben) so beschaffen seien, dass sie einander jeweils in der Balance hielten. Zumindest interpretiert Hannah Arendt ihn auf diese Weise in den Vorlesungen, welche sie 1970 an der „New School for Social Research“ gehalten hatte (nachzulesen bei Ronald Beiner, S. 16 ff.). Ich bin mir nicht sicher, aber so wie ICH unsere heutige Gesellschaft lese, halten sich die Menschen NICHT gegenseitig in der Balance. Das könnte meiner Meinung nach (und ich bin ein wesentlich geringerer Denker als Arendt oder Kant) daran liegen, dass viele Philosophen auf Grund ihrer jeweils eigenen Erfahrungen von ethnisch, religiös und sozial zumindest weitgehend homogenen Gesellschaften ausgingen. In einer solchen Konstellation, in welcher fast alle Bürger einander auf Augenhöge und auf der Basis geteilter kultureller und sozialer Praktiken begegnen, mögen Kants und Arendts Ideen (theoretisch) funktioniert haben; doch unsere moderne Gesellschaft (in den USA genauso wie in der BRD) ist in höchstem Maße pluralistisch aufgestellt. 11,5 Millionen Menschen aus Dutzenden anderer Staaten leben in Deutschland. Dazu kommen viele weitere, welche die deutsche Staatsbürgerschaft haben, jedoch ihren Migrationswurzeln verbunden bleiben wollen. Die daraus entstehende Mischung hat profunde Auswirkungen auf das Miteinander. Einerseits, weil Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund immer noch anders wahrgenommen werden, als so eine biodeutsche Alman-Kartoffel, wie ich selbst eine bin (Stichworte: Alltagsrassismus, Racial Profiling, Benachteiligung). Andererseits, weil die Art, wie mit bestimmten Situationen umgegangen wird, definitiv kulturell geprägt ist. Alles ist im Fluss, weil Kultur gleichzeitig Ausdruck und Produkt der Umstände ist unter welchen sie entsteht. Wenn das doch nur mehr Menschen mal verstehen würden, dass damit auch Heimat und Identität keine statischen Konstrukte sein können, sondern notwendigerweise ebenfalls Prozesse – und damit dynamischer Veränderung unterworfen. Und doch haben so viele Angst vor Überfremdung; ob die schon mal darüber nachgedacht haben, wie sich wohl die Bewohner dieser ach so pittoresken Bergdörfchen fühlen, die auf antisocial media immer als „must see2 gehyped werden…?

Ich stecke also fest in einer Gesellschaft, die in weiten Teilen Angst vor der Veränderung als solcher hat, weil die aus Veränderungen entstehende Dynamik immer das mühsam Gelernte, Beherrschte, schlicht die ganze Struktur in Frage stellt und ggfs. entwertet. Was uns automatisch dazu nötig, weiterlernen zu müssen, uns aus der Komfortzoe hinaustreibt und uns an die unüberwindbare Mauer der nächsten Sekunde erinnert. Jedoch wird niemand gerne daran erinnert, dass all unserem Planen und Streben, unseren Erfahrungen und Heuristiken zum Trotz die Zukunft eine Black Box bleiben MUSS. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen… Was kann ich als einzelner Mensch aber tun, wenn ich an der Gesellschaft verzweifeln möchte, in welcher ich gefangen bleiben muss, weil mir gerade unglücklicherweise (außer in meinen Tagträumen) keine andere zur Verfügung steht? I’m terribly sorry… aber diese Frage muss jeder Mensch für sich selbst beantworten. Das ist übrigens (für die nicht vollkommen Denkfaulen unter euch) mit der Frage nach dem Sinn des Lebens eng verknüpft. Descartes wird ja immer mit seinem „ergo cogito, ergo sum“ „Ich denke, also bin ich.“ zitiert. Mir wäre die aus seinen Texten ableitbare Ergänzung zu „dubito, ergo cogito, ergo sum“ wichtig, also zu „Ich ZWEIFLE, also denke ich, also bin ich.“ Die erste Voraussetzung für einen halbwegs gelingenden Umgang mit dieser verdrehten, verrückten, unlogischen, absolut subjetiv-emotional aufgstellten Menschheit wäre also aus meiner Sicht, KRITISCH zu bleiben und SELBST zu denken. Sich bitte NICHT die Dogmen anderer zu eigen zu machen und vor allem nicht den Rattenfängern mit den vermeintlich einfachen Lösungen hinterherzulaufen; für die sind nämlich immer nur die anderen (die Fremden, die sozial Schwachen, die Frauen, die Politiker, die Eliten, die…) Schuld. Niemals jedoch kämen sie auf die Idee, ihr eigenes Denken und Handeln zu hinterfragen… schaut euch die Selbstgewissheit der Nazis doch mal an. Kein vernünftiger Mensch ist sich seiner selbst so verdammt sicher. Weil wir Menschen fehlerbehaftete Wesen sind und bleiben. Lasst uns doch mal gemeinsam auf die Suche nach besseren Erkenntnissen gehen. Bis die Tage…

  • Beiner, R. (1992): Hannah Arendt. Lectures on Kant’s political philosophy. Chicago: The University of Chicago Press.
  • Sandel, M. ( 2013): Gerechtigkeit. Wie wir das Richtige tun. Ungekürzte Ausgabe , 2. Auflage. Berlin: Ullstein Taschenbuch.

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