Storytelling Reloaded…

So lange ich mich entsinnen kann, war Geschichtenerzählen ein wichtiger Teil meines Lebens. Als Knabe war ich enthusiastisch, aber nicht sonderlich gut darin. Als junger Adoleszenter war ich selbstüberzeugt, aber bestenfalls so lala. Mit der Zeit wurde es jedoch immer besser – und ich immer kritischer. Heutzutage kann ich zumindest eine Geschichte aus dem Stehgreif hinwerfen, und sie klingt üblicherweise sogar halbwegs plausibel. Das sind allerdings immer nur Snippets of Story, also quasi Appetithäppchen des Erzählens, oder Amuse-Gueule der Dichtkunst. Es ist eine vollkommen andere Hausnummer, einen Roman zu schreiben. Hab ich schon ausprobiert. Von den vielleicht zwei Dutzend angefangenen Manuskripten (eigentlich sind es ja Tastatuskripte, denn ich schreibe nur selten viel mit der Hand, weil meine Schrift grässlich ist!) haben es immerhin drei Romane und drei Bändchen mit Episodengeschichten in Druck und unter Menschen geschafft. Und die hatten immer was mit meiner sonstigen Profession zu tun, auch wenn es sich dabei um Werke der Fiktion handelte. Zudem habe ich sie zusammen mit einem anderen Autor verfasst…

Nun ringe ich mit mir und meinen Autoren-Instinkten. Denn der kleine Urlaub am Bodensee hat meine kreativen Kanäle freigeblasen; so sehr frei geblasen, dass das ursprüngliche Schriftstück nun seine zweite Überarbeitung hinter sich hat und jetzt ca. 13 Seiten mehr aufweist. Nicht übel für drei halbe Abende am Bildschirm. Hab im Urlaub ja auch noch was anderes zu tun. Aber so sehr ich auch den Wunsch verspüre, es fertig zu bringen (und dieses Buch hat jetzt aber auch gar nichts mit meinem Job zu tun, denn es ist ein Sci-Fi-Roman), hadere ich mit dem Gedanken, es zu veröffentlichen, wenn’s dann doch recht bald fertig werden sollte. Man malt sich in seinem Kämmerlein ja immer so komische Sachen aus: dass man mal ein Buch schreibt, das dann knallt, und richtig Kohle bringt. Man kann plötzlich vom Schreiben leben, dann kommt Hollywood wegen der Filmrechte, man macht einen auf J.K. Rowling und verbringt seinen Lebensabend auf einem eigenen Weingut in der Toskana. Träume sind Schäume, oder…?

Die Meersburg

Das setzt dann solche unguten Hätte-Hätte-Kaskaden im Kopf in Bewegung, die einen nirgendwo hin führen, denn in der Regel wird das Ergebnis (m)einer Veröffentlichung bei rund 90.000 Titeln pro Jahr vermutlich eher ernüchternd ausfallen. Drum bin ich dann auch so böse und denke mir „Den Scheiß will eh keiner lesen!“, dann tut’s nicht so weh, wenn das eben Gedachte hinterher wahr wird. Aber die Hoffnung! Wie war das doch gleich noch mit den Übeln, die aus Pandoras Büchse entfleucht und über die Menschen gekommen sind…? Sei’s drum, irgendwann muss ich diese Denke überwinden, und es einfach wagen. Also ein Buch veröffentlichen, dass ich ganz alleine geschrieben habe – und in dem (so gut wie) nix über den Rettungsdienst steht. Denn ein paar kleine Seitenhiebe auf den Sparwahn im Gesundheitswesen konnte ich mir auch im Genre Science-Fiction echt nicht verkneifen. Allerdings wird es wohl noch bis nächstes Jahr dauern, denn der November und Dezember werden arbeitstechnisch noch mal heftig. Da habe ich vermutlich kaum bis keine Zeit für meine aufwendigeren Hobbies.

Staatsweingut Meersburg

Womit eines der großen Dilemmata unserer Zeit angesprochen wäre: Arbeitsverdichtung, Stress, Anforderungen vs. Selbstbestimmung, Selbstenfaltung, Sinn. Manchmal kriege ich die vielen Kontrahenten unter einen Hut, im Moment jedoch gerade mal wieder nicht; einer der Gründe, warum ich (wie schon erwähnt, mit dem Segen meiner besten Ehefrau von allen) eine kurze Flucht angetreten habe. Eigentlich hatte ich nur Wandern, Knipsen, Lesen und Chillen im Hinterkopf, als ich mir die Location ausgesucht habe. Doch das Buch „Plot and Structure“ von James Scott Bell, welches neulich schon mal hier Erwähnung fand, hat mir so richtig Lust gemacht, es anzugehen. Nachdem das Manuskript fast zwei Jahre unbearbeitet und ungesehen auf dem Massenspeicher meines Desktops vor sich hin gesintert hatte, brauchte es Überwindung und einen Anstoß, damit fortzufahren. Und die Anstrengung hat sich aus meiner Sicht gelohnt. Selbst wenn Andere hinterher sagen, dass es ihnen nicht gefällt – in erster Linie werde ich es zu Ende bringen, um mir zu beweisen, dass ich auch noch was anderes kann, als im Lehrsaal den Hemden-Ständer spielen…

Blick auf die Unterstadt

Ich mag meinen Job. Und ich nehme die Herausforderungen, die er mit sich bringt immer wieder gerne an. Ebenso gerne habe ich aber auch Wochenden oder Urlaube, um mal, mehr oder weniger ungehindert mein eigenes Ding machen zu können. Mal davon abgesehen, dass ich die Gemeinsamkeiten zwischen meinen Hobbies Storytelling / Pen’n’Paper-RPG und meiner pädagogischen Arbeit schon bei mehr als einer Gelegenheit herausgearbeitet habe. Womit ich zumindest die Gelegenheit bekomme, beim Storytelling in Übung zu bleiben. Nichtsdestotrotz fiebere ich schon jetzt, da ich noch am schönen Bodensee weile, schon dem Weihnachtsurlaub entgegen. Einige Stunden davon werde ich nämlich sicher in meiner Kammer sitzen, und an einem Buch schreiben. Seid jedoch versichert, bis dahin lesen wir uns noch öfter. Das hier sind schließlich keine Romane. Ich wünsche übrigens allseits abgefahrene Allerseelen – „All Hallows Eve“ á la americaine kann mir gestohlen bleiben. Gute Nacht…

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