Rollenspiel für Dummies #13 – Warum eigentlich…

…beschäftigt sich ein erwachsener Mann mit so vielen Aufgaben und Problemen am Hals auch noch mit einem so zeitraubenden und seltsamen Hobby wie Pen-and-Paper-Rollenspiel? „Well, I shall have to take you back with me a long way in time“ (c) by Manowar…

Ich war 15, es war der Sommer 1989 und ich war ein schüchterner Rotzlöffel im Gymnasium mit eher wenig sozialen Kontakten und einer galoppierenden Phantasie. Sich Geschichten auszudenken hat mir, zumindest gefühlt, schon immer im Blut gelegen. Ein paar Kumpel aus der Schule (ja, ich hatte welche) waren zu der Zeit schon seit ’nem Jahr oder so über DSA gestolpert. Das erste deutsche Rollenspiel-System, das einen gewissen kommerziellen Erfolg verbuchen konnte. Und die haben mich mit dem Zeug infiziert…!

Nun ist es ja nicht so, dass 15-jährige (Knaben) nicht leicht für irgendwelchen kaputten Scheiß zu begeistern wären. Hormon-Ungleichgewicht, Findungs-Phase usw. Aber dieser Stoff war für mich eine Offenbarung, denn es zeigt mir, dass ich a) mit meiner galoppierenden Phantasie nicht allein war und b) jetzt einen Weg hatte, vieles, was in mir arbeitete zu kanalisieren. Ich kann heute rundweg zugeben, dass ich in dem Alter sozial unsicher, ein NERD (damals in jedem Fall ein Schimpfwort) und ganz und gar nicht Mainstream war. Abgesehen davon war ich ein Trottel in seiner Traumwelt. Aber ab dem Zeitpunkt war das egal, denn es gab noch andere Trottel mit ihren Traumwelten und die passten ab und an ganz gut zusammen (alte Freund und bekannte aus jener Zeit, die das hier lesen mögen mir die erweiterte Selbst-Beleidigung bitte verzeihen!).

Schon ab einem frühen Stadium war ich nicht „nur“ Spieler (das war schon schön), sondern man bat mich darum, den Spielleiter zu machen. Anfangs war das eher als Lückenfüller gedacht, aber irgendwie hatte ich wohl tatsächlich Talent und wurde so mit der Zeit zum Dauer-Spielleiter verschiedener Spielrunden. Experimentierfreude und die nach und nach erworbene Fähigkeit zum Mashup führten mich schließlich irgendwann zum erstellen eigener Inhalte und zum Entwickeln eigener Welten.

Es gab gute soziale Erfahrungen (Freundschaften, die bis heute überdauern) und schlechte soziale Erfahrungen (Ausnutzung, Mobbing, wechselnde Loyalitäten), denn irgendwann entwickelten sich Rollenspiel-Runden zu sozialen Events, die gemeinsames Essen (manchmal auch Kochen) und natürlich auch Austausch außerhalb des Spiels mit sich brachten. Man könnte die schlechten Erfahrungen bereuen oder sich daran aufhängen, was einem das an Frust gebracht hat; aber im Endeffekt sind es all unsere Erfahrungen, die uns zu dem Menschen machen, der wir heute sind. Und auch wenn ich körperlich vielleicht nicht so fit bin, wie ich es sein sollte, mag ich den Menschen, der ich heute bin recht gern!

Irgendwann, als ich mich langsam meinem 40. näherte, ein ehemaliger Arbeitgeber mich zu lange zu viel Kraft kostete und ich nebenbei auch noch ein Studium an der Backe hatte, wollte ich  nicht mehr Spielleiten. Ich war ausgelaugt, hatte keine neuen Geschichten, keine neuen Welten mehr im Kopf und dachte, das kannst du jetzt knicken. Ich bekam die Gelegenheit, häufiger zu spielen (eine kaputte Kampagne voll merkwürdigem Spaß). Ich wurde 40, der Burnout zog (mit Hilfe) vorüber, das Studium kam zu seinem (guten) Abschluss und mein Kopf wurde wieder freier.

Und heute? Jetzt bin ich 44. Mein aktueller Arbeitgeber kostet mich auch Nerven, aber nicht so viele, wie mein alter und mein Job macht mir wieder Spaß. Das wirkt sich auf meine Kreativität aus, die nun wieder sprudelt, wie früher. Nächstes Jahr gibt’s für mich nun sozusagen ein 30-jähriges Jubiläum als Rollenspieler zu feiern und ich freue mich drauf. Denn Pen-and-Paper-Rollenspiel half mir, meine sozialen Skills zu üben, meine Empathie zu schärfen, beliebige Rollen spielen zu können (manchmal regelrecht als Schauspieler) und meine Schlagfertigkeit auf ein zufriedenstellendes Niveau zu bringen. Ich bin auch durch’s Rollenspiel erst zu dem geworden, der ich heute bin. Und dafür bin ich dankbar. Denn neben ein paar sozialen Totalausfällen hat es mir einige der besten und erinnerungswürdigsten Stunden meines Lebens beschert. Und das beste daran ist – ich kann es zusammen mit meiner geliebten Frau genießen, die das Spiel genauso schätzt wie ich. Wie viel besser kann es werden…? Always game on!

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