„Du musst einmal öfter aufstehen, als das Leben dich umwirft!“ Noch so ein beliebiger Glückskeksspruch, mit dem man auf so vieles antworten kann und der dennoch seltsam hohl bleibt; denn wir haben ja noch gar nicht definiert, was „einen umwerfen“ bedeutet – und was das „wieder aufstehen“. Dass das nicht unbedingt wörtlich gemeint ist, weil man bei einigen Gelegenheiten, zu denen man umgeworfen wird vielleicht doch eine Ambulanz braucht, könnte einem allerdings schon jetzt klar sein… Bleiben wir aber bei den eben zur Disposition gestellten Begrifflichkeiten, so wird schnell klar, das mit dem „Umwerfen“ natürlich ein Handlungs-Scheitern gemeint ist, dass unseren Vorwärtsdrang dämpft. Und was ist dann das „Aufstehen“? Ich würde meinen, die Lehren, welche wir daraus für unser weiteres Tun ziehen. Doch woraus entsteht hierin die Motivation zum Weitermachen, wenn unsere Selbstwirksamkeitserwartung doch eben nicht erfüllt wurde? Wir haben ja gerade irgendwas verkackt und wissen es vielleicht auch schon… Doch statt einfach kurz darüber nachzudenken, wie es das nächste Mal besser geht, neigen wir allzu oft dazu, solche Dinge übermäßig zu dramatisieren. Ich sprach gestern vom Scheitern und ich versuche ehrlich, solche Zwischenfälle des Daseins mittlerweile auch so zu leben, wie ich es beschrieben habe: als partikulares Vorwärts-Scheitern mit eingebauten Entwicklungseffekten. Und das bedeutet im Umkehrschluss, dass Scheitern meistens eigentlich kein großes Drama sein müsste. JA, es gibt Situationen, die fühlen sich an wie der berühmte „Gang nach Canossa“; allerdings bin ich kein König und die wenigsten meiner Probleme haben irgendwas mit Päpsten zu tun. Wir machen es uns einfach immer wieder viel zu schwer und beschädigen uns in der Folge selbst, indem wir aus jeder Mücke einen Elefanten machen. Wäre es nicht viel besser, einfach mal fünfe grade sein zu lassen, den Druck rauszunehmen und den Dingen Raum und Zeit zur Entwicklung zu geben?
Ich rede hier nicht der Indolenz das Wort; mein Leben, meine Arbeit und alles darinnen sind mir weit entfernt von gleichgültig. Aber ich habe – insbesondere in meinem Arbeitsleben – zu viele Menschen kennenlernen müssen, die von sachlicher Kritik sofort dermaßen angefasst sind, dass eine sinnvolle Diskussion am Thema schlicht keinen Sinn mehr ergibt, weil sie ein angekreidetes Handlungs-Scheitern nicht von einem NICHT angekreideten Persönlichkeits-Scheitern unterscheiden können – oder wollen! Das liegt zum einen an dem Mechanismus, den ich gestern beschrieben habe, zum anderen aber vor allem an den teilweise eher ungünstigen Anreiz- und Belohnungssystemen, welche sich in meiner Arbeitswelt wiederfinden. Man unterscheidet klugerweise eigentlich drei Arten von Handeln/Verhalten: a) risiko-averses Verhalten, welches ich fördern und begünstigen möchte, da es Fehlerwahrscheinlichkeiten SENKT – nicht ausschaltet, aber senkt. b) risiko-affines Verhalten, welches ich zum Anlass nehmen möchte, eine Verhaltensmodifikation des/der Handelnden anzuregen. Hier kommt oft mangelndes Problembewusstsein zum Vorschein, dass man durch Schulung zumindest verbessern kann. c) rücksichtsloses Verhalten; dieses wird umgehend sanktioniert und die Antwort auf die Frage, ob hier irgendwelche Schulungsmaßnahmen noch irgendeine Aussicht auf Erfolg haben, ist eine Einzelfallentscheidung. Die meisten von uns bewegen sich übrigens fließend zwischen a und b. Fehler passieren trotzdem jeden Tag. Meine Motivation, zu meinen Fehlern zu stehen und etwas daraus lernen zu wollen hängt allerdings umgekehrt proportional von der Wahrscheinlichkeit ab, für einen gemeldeten Fehler nackt an einen drei Meter hohen Pfahl vor dem Geschäfts-Anwesen gebunden und öffentlich ausgepeitscht zu werden; eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit hierfür nennt man übrigens „gute Fehlerkultur“! Hier wird einmal mehr der Unterschied zwischen Boss und Leader sichtbar…
Motivation entsteht normalerweise dann, wenn man mit den Ergebnissen des eigenen Handelns positive Erfahrungen verknüpfen kann. Ich habe den Begriff Selbstwirksamkeit ja vorhin schon mal benutzt. Es fühlt sich einfach toll an, seinen Shit gerockt zu bekommen! Es fühlt sich natürlich nicht ganz so gut an, wenn man verkackt. Die Leute aus dem jeweiligen Verkacken trotzdem etwas mitnehmen lassen zu können ist die Kunst, welche dazu führt, dass mir die Leute nicht von der Fahne gehen und wir gemeinsam wachsen können! In diesem Zusammenhang ist es echt wichtig, als Leitungs- oder Lehrperson nahbar (also Mensch) zu bleiben, zu seinen eigenen Fehlern zu stehen (und so mit gutem Beispiel voran zu gehen) und die Auswirkungen eines jeweiligen Fehlers halbwegs objektiv zu beschreiben und zu beurteilen. Und meistens ist dann kein Drama notwendig. Vielleicht eine gemeinsame Fehlersuche, um das für die Zukunft verhindern zu können, aber sicher kein Punishment. Denn durch Punishment treibe ich die Leute von mir weg, selbst wenn ich sie eigentlich dringend bräuchte. Aber wie gestern schon gesagt – bis wir durchgängig zu einer guten Fehlerkultur kommen ist es noch ein weiter Weg. In diesem Sinne – startet gut in die neue Woche.