Tja. Eines muss man ihm lassen, polarisieren kann er, der Herr K. von den Jusos. Das hatte er zuvor schon bewiesen, doch nun hat er es neuerlich getan. Und das auch noch mit Wucht, hat er sich doch zum Sozialismus bekannt und in einem Interview dargelegt, welche Ideen und Gedanken er damit verbindet. Das er dafür einen neoliberalen Shit-Storm von titanischen Ausmaßen ernten würde, dürfte ihm vorher klar gewesen sein, denn der Herr K. ist vieles, aber gewiss nicht dämlich.
Dazu fallen mir erst mal zwei Dinge ein. Zunächst die Kommentierung von Andreas Scheuer; dieses Lobbyisten-gesteuerte Juwel bajuwarischen Filzes sollte einfach mal in seinem eigenen rhetorischen Leichenkeller schauen gehen. Da würde er schon genug selbst produzierte Scheiße finden – also (frei nach Nuhr) einfach mal Schnauze halten! Und dann der Umstand, dass jemand mit halbwegs funktionierendem Neo-Cortex mit einem solchen Konvolut an Äußerungen sicherlich bewusst provozieren wollte. Was dazu führt, dass sich jeder dazu bemüssigt fühlt etwas zum Sujet zu sagen. Ich ja auch.
Nun haben auch andere schon eingeworfen, dass es doch eigentlich gut ist, wenn mal jemand die Diskursräume erweitert, das Prädikat der Alternativlosigkeit unserer Art zu wirtschaften in Frage stellt; und damit gleich auch unsere gesamte soziale Ordnung. Das die Kollektivierung irgendeines Konzerns weder mit unserer Gesetzgebung vereinbar, noch tatsächlich vernünftig wäre, steht dabei außer Frage. Doch braucht eine Susanne Klatten tatsächlich 21,1 Milliarden Euro Privatvermögen? Ich gebe die Antwort aus meiner Sicht an dieser Stelle natürlich dazu (ist ja meine Kolumne, da kann ich auch meine Meinung propagieren): NO WAY! Kein Mensch braucht so viel Geld.
Insbesondere nicht, wenn dieses Geld nur auf eine Art zusammen kommen kann. Nämlich, indem andere ausgebeutet werden und dadurch nicht mal genug für ein halbwegs würdiges Leben haben. Und wenn jetzt wieder die ganzen supertollen Leistungsträger aus ihren Löchern gekrochen kommen und rum krakeelen, das man halt nur mit Leistung Wohlstand schaffen kann: lest bitte mal das Buch „Eine Billion Dollar“ von Andreas Eschbach. Sehr erhellend bezüglich der Zusammenhänge von Wohlstandswachstum.
Man mag vieles als Träumerei eines Utopisten abtun, was da in diesem Interview abgedruckt wurde. Mit seinen Einwürfen hinsichtlich der vollkommen ausufernden Ökonomisierung des Angebots von Grundbedürfnissen (er spricht hier von Wohnraum, aber auch im Gesundheitswesen finden ich genug Negativ-Beispiele) macht Herr K. jedoch einen beachtlichen Punkt. Und allein der Umstand, dass bei allen möglichen Kommentatoren der Beißreflex einsetzt, ohne sich auch nur eine Sekunde sachlich mit seinen Thesen auseinander zu setzen, beweist ohne Umschweife, dass diesbezüglich erheblicher Handlungsbedarf besteht.
„Die Linken sind doch die übrig gebliebene SED aus der DDR. Da soll er hingehen!“, „Der Sozialismus ist immer gescheitert!“, „Das sind doch nur theoretische Hirngespinste, die an der Natur des Menschen scheitern müssen!“. Herrjeh, wenn ich mich natürlich selbst zur Konsumnutte degradiere, das eigenständige Denken als zu mühselig empfinde und daher schön blöd nachplappere, was z. B. die Vertreter der zweit-unnötigsten Partei (FDP) immer wieder Gebetsmühlenartig regurgitieren, nämlich das Märkte und der gesunde Menschenverstand schon alles regeln, dann kann ich auch den Herrn K. für einen Dämon aus Rotsockien halten.
Faktisch jedoch braucht es sozialistische Elemente in der demokratischen Politik um die Auswüchse menschlicher Gier im Zaum zu halten. Ohne die Sozialisten gäbe es nämlich immer noch ungezügelten Manchester-Kapitalismus. Aber der Markt macht ja, dass da nicht so viele Kinder an der Armutsgrenze leben müssen und das viel zu viele Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, die mit ihrere Arbeit nicht in der Lage sind, ihre Existenz zu finanzieren und… ach halt, Moment. Das haben wir ja gerade. Weil die neoliberalen Kräfte in unserem Land die Errungenschaften der wahren Sozialdemokratie in den letzten 30 Jahren Stück für Stück demontiert haben. Danke für nichts, ihr fetten Bonzen!
Sorry, aber ich kann dieses närrische Geschwätz selbsternannter „Leistungsträger“, die immer noch meinen, dass sich die tatsächlichen Strippenzieher ihnen nahe fühlen würden nicht mehr hören. Was ist denn ein Leistungsträger? Fängt das bei 100K/anno an? 150? 200? Ihr seid für Menschen wie Frau Klatten insignifikante Hungerleider. Fliegenschisse des Sozialen. Eine Bedrohung für ihr Kapital, weil ihr euch ein Stück von ihrem Kuchen holen wollt. Kapiert es endlich: wohl verstandener Sozialismus bedeutet nicht Gleichmacherei sondern ausgleichende Gerechtigkeit. Und wer dafür nicht sein kann – Entschuldigung, aber so hart muss es mal gesagt werden – ist ein asozialer Spinner, dem das Wahlrecht entzogen gehört. Schönes Wochenende!
Eine Antwort auf „Die Causa Kevin K.“