Zwischenruf N°3

Immer wieder irritierend, was für Verläufe „Diskussionen“ auf Facebook nehmen. Hatte jemand drauf hingewiesen, dass unverpixelte KFZ-Kennzeichen Käse wären. Als Antwort darauf geht’s gleich ad hominem: „Lass doch mal die Kirche im Dorf“, es wird ein 14! Jahre altes, von der EU-DSGVO lange überholtes Urteil rausgezogen, und das Bild sei ja schon uralt; und wenn ich mir die Frechheit rausnehme, dem Mensch zu widersprechen, kommt gleich noch’n Anderer und weiß es auch besser. Man fühlte sich im Recht – und tat es mir kund. Dass ich mir erlaube, darauf nicht direkt zu antworten, wird dann wahrscheinlich auch noch als Bestätigung für die eigene Berechtigung gewertet, Gesetze so zu interpretieren, wie’s einem halt gerade in den Kram passt. Könnte aber auch daran gelegen haben, dass ich „nur“ Pädagoge bin. Da war es wieder, das Schachspielen mit Tauben…

Butter bei die Fisch: es gibt bei uns in Deutschland diesen einen, zufällig akademisierten Berufsstand, in dem immer mal wieder einzelne Vertreter glauben, dass Arzt zu sein bedeutet, alles besser zu können, besser zu wissen und folglich auch mehr zu dürfen, als alle Anderen. Ausdrücklich weise ich hiermit darauf hin, dass ’n fauler Apfel leider die ganze Kiste verderben kann. Mit anderen Worten: diese Einzelfälle erweisen dem Berufsstand einen Bärendienst, weil ich ehrlich gesagt wohl nicht der Einzige bin, der mittlerweile grundsätzlich Ärzten (außer wahrscheinlich Medizin) erst mal gar nichts zutraut, bis sie mir das Gegenteil bewiesen haben. Insbesondere, wenn es um die geistes- und sozialwissenschaftliche Themen geht. Denn seien wir mal ehrlich, weder das, noch Betriebswirtschafts- oder Führungslehre sind Bestandteil der Arztausbildung. Wenn Vertreter dieses Berufsstandes dort auch glänzen können, dann nur, weil sie sich abseits ihrer eigentlichen Profession weitergebildet haben. Auch das gibt es; Gott sei Dank genauso oft wie die anderen, von denen ich gerade sprach.

Warum mir das überhaupt einen – zugegeben etwas polemischen – Blogpost wert ist? Weil leider in manchen Gremien, deren Entscheidungen ich mich auch in beruflicher Hinsicht unterwerfen muss, gelegentlich Vertreter der „Kann alles besser – weiß alles besser!“-Fraktion sitzen, die sicher viele Qualitäten haben; jedoch oft nicht die, welche das Gremium gerade braucht. Und dann driften eigentlich sachlich zu führende Diskussionen und Output-orientiert zu gestaltende Prozesse in ständisches Geplänkel ab. Das hält auf, verschwendet Ressourcen und mach nichts besser. Gott sei Dank mache ich diese Erfahrung in letzter Zeit immer seltener. Die meisten Ärzte sind abseits irgendwelcher Titel pragmatisch und menschlich genug, an der Sache Fortschritt erzielen zu wollen. Und das tut gut!

Die Eingangs erwähnte Diskussion auf Facebook geht mir übrigens nachgerade mit Wucht am Arsch vorbei, weil mich die Meinung der anderen Protagonisten dort einfach nicht interessiert. Sollen sie doch glauben was sie wollen. Ich erkenne allerdings ein Problem, welches für mich daraus erwächst: wenn immer mehr Menschen, denen ich intellektuelle Leistungsfähigkeit zur Metareflexion ihres Tuns zumindest zugetraut hätte, mich vom Gegenteil überzeugen, indem sie implizit „Meine Förmchen, mein Sandkasten!“ oder wahlweise auch „Du bis blöd!“ schreien, anstatt über das Problem zu reden, oder einen anderen Standpunkt auch nur zu erwägen, tötet das langsam aber sicher mein Interesse an sachlicher Auseinandersetzung; weil ich eh nur noch allen möglichen Menschen unterstelle, selbstgefällige Dummschwätzer zu sein! Und eigentlich will ich das nicht…

Warum in drei Teufels Namen bin ich eigentlich noch bei Facebook? Weil ich meine Blogposts dort zur Kenntnis gebe? Ich schreibe das hier doch vor allem für mich… Wird vielleicht doch endlich Zeit zu gehen und diese ganzen Wesen, die ich als arrogante, unreflektierte Selbstdarsteller wahrnehme, sich selbst zu überlassen. Wenn ich Ihnen damit nur nicht auch den Rest der Welt überließe. Schließlich zählt kurzer Ruhm heute mehr als nachhaltiges Tun. „good fight – good night!“

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