Wonderland – Part 1

Die Tage sind dunkler, das Wetter unangenehmer und die Dinge, die man nun mal tun MUSS anstrengender geworden. Alles und alle steuern auf Weihnachten zu. Manche mit Macht, andere eher gemächlich, manche mit Lust, andere mit Widerwillen, und manche mit einer Idee, wie es hinterher weitergehen wird… und andere nur mit der vagen Gewissheit, dass die Dinge nicht mehr so bleiben können, wie sie sind – weil sie nicht mehr so bleiben dürfen, wie sie sind! Doch der Heilige Abend – als erster Endpunkt des Jahres – der rückt nun auch subjetiv so unaufhaltbar näher, wie einer dieser hässlichen Riesenbagger im Braunkohletagebau; in seinem Lauf unerschütterlich alles zerreissend, was sich ihm in den Weg stellt. So ist die Zeit. Sie nimmt dir, was immer du geben kannst und gibt nichts zurück außer Erinnerungen. An ein besseres Gestern? An eine wärmere Sonne? An mehr Lametta? Wer kann das schon mit Sicherheit sagen, was in den eigenen Erinnerungen alles schlummert, wenn wir es doch oft genug nicht mal hinkriegen, uns zu merken, was es letzten Dienstag zu essen gab. Oder wem wir dieses verdammte Buch ausgeliehen haben… Diese Idee, dass man sein eigenes Leben zu jedem Zeitpunkt klar und deutlich vor sich sehen kann, ist schon lächerlich genug. Wie sieht es dann erst mit Ereignissen aus, die man mit anderen geteilt hat. So wie in diesen Krimis, wo jeder “Augenzeuge” eine andere Version der Geschichte in seinem Kopf hat, so liegt für manche auf allem ein ominöser Sepia-Filter, der den Bilder eine gewisse Wärme geben soll… und für manch andere ist bei einer Farbtemperatur von maximal 3000° Kelvin Schluss (für diejenigen, die das nicht einordnen können: das ergibt ein eher technisch-kalten Blauton im Bild). Doch egal, ob man sich sein Leben mit dem Weichzeichner hübsch macht oder allein der Gedanke an die letzten Monate einen die glatte Wand hochtreibt – keine*r von uns kann sich vor diesem typischen Jahresend-Reminiszieren verschließen. Weil ein Ende – auch wenn es nur der Anfang eines neuen Dauerlaufes im Scheiß-Spiel des Lebens ist – von uns immer eine abschließende Bewertung erwartet. Also… von mir bekommt 2025 maximal zwei Sterne… und die auch nur für die ca. 8 Wochen des Jahres, in denen ich relativen Frieden hatte. Hm… 44 zu 8…? Dann vielleicht doch nur 1,5 Sterne…

Was mich ein wenig aufheitert, sind derzeit zwei Dinge: erstens, dass man manchmal plötzlich wahrhaftige Entspannung verspürt, wenn man eine Entscheidung getroffen hat, die einen schon lang beschäftigte. Und zweitens, dass ich als alter Sack plötzlich eine ganze Auswahl an neuen Optionen sehe… und das ist geil! Dennoch bleibt mehr als genug Ballast, der in Ruhe bedacht werden möchte. Denn all das, was unter der hübschen Tarnung eines typischen Jahresrückblicks dahergeflogen kommt, wird ganz sicher Nachwehen erzeugen; und das nicht nur bei mir. Denn wir Menschen sind ja, durch mehr oder weniger starke und tiefgehende Connections miteinander verbunden. Was einem selbst passiert, passiert damit also automatisch auch noch anderen. Und so, wie unsere Erinnerungen an ein und das Gleiche (Ereignis, Ding, Person, etc. ) manchmal sehr stark divergieren können, gehen natürlich auch unsere Bewertungen dazu oft genug stark auseinander. Wir stehen manchmal in einem Wonderland voller Spaß, Inspiration, Möglichkeiten, Verbundenheit – und manchmal in der Nightmarescape unserer unerfüllten Träume, enttäuschten Hoffnungen, verpassten Chancen und Hoffnungslosigkeit. Denn alles hat ein Ende. Und es wurde uns NIEMALS versprochen, dass es sich dabei um ein Happy End handelt. DAS Märchen verdankt ihr Hollywood. Wir sind also einmal mehr beim Bewerten angekommen. Nun bin ich – in meiner Funktion als Pädagoge – oft genug dazu aufgerufen, Leistungen zu bewerten. Doch es geht hier nicht nur um Leistung. Es geht um Miteinander, um Ziele und Pfade, diese Ziele zu erreichen – und stets um die Frage, ob man noch auf dem richtigen Pfad ist, oder nicht doch schon längst nur noch irgendwelchen Trugbildern hinterher hechelt, die sich niemals erfüllen werden? Weil andere Menschen nun mal andere Ziele und Erwartungen haben und überdies auch andere Maßstäbe anlegen (wollen)? Schwer zu beantworten, denn wie schon gesagt… wir haben alle unsere eigenen Erinnerungen. Doch auch, wenn ich dem pädagogischen Konstruktivismus (also der Überzeugung, dass Realität und Erfahrung etwas höchst individuelles sind) stets eine Lanze brechen wollen würde… es gibt manche Fakten, die schlichzt unwiederlegbar wahr sind – und daher Beachtung finden MÜSSEN! Was sie jedoch derzeit häufig nicht tun. Weshalb ich mit den alternativen Fakten anderer Menschen in meinem Arbeitsumfeld nichts mehr anfangen kann… und auch auch nichts mehr anfangen werde. Soweit es mich betrifft, ist es damit endgültig Zeit für einen echten Rückblick… damit mittels der zu gewinnenden Erkenntnissen Ende 2026 aus der Nightmarescape zur Abwechslung mal ein Wonderland werden kann… Ich wünsche euch einen schönen Start in die neue Woche…

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