Klingt die Frage blöd genug für einen Sonntag? Ja, aber hallo! Und wenn man es recht bedenkt, bin ich ja nur ein trendiges Arschloch, dass sich eben auch mit einem solchen Quatsch beschäftigt, nicht wahr? Also reden wir erst mal über Trends. Also… diese sozialen Ausschläge hin zu der einen, oder anderen Sache, die alle haben oder machen wollen. Ist für meinen Urlaub natürlich die absolute Pest. Ich meine, ich mag Menschen so schon nicht besonders, weil die meisten von ihnen nach relativ kurzer Zeit durch ihr Tun und Lassen nicht meinen inneren Monk, wohl aber meinen inneren Hulk triggern; wenn die dann jedoch in Massen an Orten herumstiefeln, an denen ich einfach nur in Ruhe einen Espresso oder Eis schlotzen, alte Steine knipsen und staunen will – KOTZ! Orte können leider nämlich auch trendy sein und dann wird es irgendwann für alle Beteiligten zuviel. Zum Beispiel auch für die Bewohner, die es vielleicht gar nicht so charmant finden, wenn Hans, Franz, Erna und Gerda durch ihren Vorgarten walzen, als wenn der ihnen gehörte…! (Ich weiß dass man heutzutage andere Namen vergibt, ist mir aber Wumpe; jene, die mit meinen Worten gemeint sind, kapieren so oder so nix…!) Nicht umsonst hat sich in diversen sogenannten Urlaubshochburgen letzthin großer Widerstand gegen die weitere Vereinnahmung durch den Massentourismus formiert. (etwa hier: https://www1.wdr.de/nachrichten/mallorca-massentourismus-demos-100.html) Venedig erhebt seit neuestem eine Eintrittsgebühr für die Besichtigung der Lagunenstadt. Und auch andernorts in Italien formieren sich Fronten gegen die touristoide Überwalzung der eigenen Heimat.
Und jetzt komme ich – also dieser Typ, der ja auch anerkanntermaßen recht gerne nach Italien und Südfrankreich fährt – und erzähle was darüber, dass Trends mich ärgern, weil ich dann nicht mehr allein an MEINEN Urlaubszielen sein darf… klingt das ein bisschen bigott? Nun vielleicht, aber ich will mich einmal mehr erklären. Meine Familie und ich fahren so ein bis zwei Mal im Jahr mit dem eigenen PKW gen Süden. Unsere Reiseziele liegen zumeist in Mittelitalien, letzthin auch wieder öfter in Südfrankreich; und manchmal, wenn der Teufel uns reitet, verschlägt es uns auf einer Fähre bis nach Irland. Es sind immer Selbstversorgerappartments, bevorzugt vom Besitzer selbst vermietet, etwas abseits der touristoiden Hochburgen gelegen, in denen man sich, wenn es zu heiß, oder zu nass wird auch mal einen Tag verweilen kann. Die allermeisten Mahlzeiten werden selbst zubereitet, denn es bereitet mir Freude, in örtlichen Läden einzukaufen und dabei zu schauen, was es andernorts so alles gibt; und eben auch zumindest teilweise landestypisch zu kochen. Wir fahren dann auch umher, um uns Dinge anzuschauen und versuchen dabei nicht zu sehr in den Trubel zu geraten, was mal mehr, mal weniger gut gelingt. Mit schulpflichtigen Kindern muss man halt in den Schulferien verreisen – und da sind viele andere auch unterwegs. Von expliziten Touri-Magneten halten wir uns aber oft fern. Zum Palio die Siena etwa geht man nur, wenn man muss, oder sehr auf Massen steht. Es ist schon schlimm genug, dass wir dieses Jahr wieder die Zeit über Ferragosto erwischt haben.
Ich kann mit Pauschaltourismus in Bettenburg-Hotels mit ihren festen Essenszeiten, begrenzten Gestaltungsräumen des eigenen Aufenthaltsortes, womöglich auch noch freilaufender animatorischer Dauerbeschallung, Handtuchfights am Pool und – Gott behüte mich – Partymukkesaufbums-Lokalitäten, wie man sie etwa in der sogenannten Schinkenstraße auf Malle findet beim allerbesten Willen bis heute nichts anfangen. Und da ich schon 50 bin, stehen die Chancen gut, dass diese Scheiße auch niemals mehr was für mich wird. Und mein größtes Glück ist, dass die allerbeste Ehefrau von allen das absolut genauso sieht. HALLELUJA! Ich weiß natürlich, dass NICHT jeder Mensch, der nach Malle fliegt, so schlimm tickt und dass es sehr wohl weitere Zwischenstufen vom Pauschal- zum Individualtourismus gibt. Ich meine, meine Lieben und ich sind ja auch nur auf einer solchen Zwischenstufe – schließlich gehen wir nicht 6 Wochen nur mit dem Nötigsten ausgestattet auf Papua-Neuguinea Backpacken. Das wäre mir, ganz ehrlich gesagt, auch viel zu anstrengend. Ich dosiere meine „Abenteuer“ lieber etwas präziser. Aber da wir Menschen zu Extremen neigen… Ich suche einfach nur Orte, die ein so großes Stück weit von zu Hause weg liegen, dass ich auf keinen Fall in die Versuchung käme, mal eben wegen irgendeinem Scheiß heimzufahren. Und ich will mindestens zwei, besser drei Wochen von diesem ganzen Mist zu Haus ABER AUCH GAR NIX mitbekommen. Schließlich suche ich ein gewisses Maß an Komfort – und ABSTAND zu anderen Menschen. Meine Familie natürlich (allermeistens) ausgeschlossen. Und wenn ich dann diesen besonderen, erdigen Geruch der Macchia an einem heißen Sommertag rieche, während ich im Schatten sitzend, an einem angemessenen Getränk nippend, ein gutes Buch lesen kann, nachdem wir vom Tagesauflug zurückgekommen sind, dann ist alles gut – WIRKLICH. ALLES. GUT. Dann morgens und abends noch einige Runden im Pool und Zufriedenheit breitet sich aus.
Um die Eingangsfrage zu beantworten: Urlaub ist kein Ort! Urlaub ist auch keine Zeit (obwohl manche Gegenden zu bestimmten Jahreszeiten zugegebenermaßen einfach mehr Spaß machen)! Und Urlaub ist keine Verpflichtung dazu, irgendetwas zu müssen. Urlaub ist vielmehr die Abwesenheit von Verpflichtung, ist zweckfreies Sein, ist eine Einstellung zu den Dingen. Dass es dennoch leichter fällt, dieses „Einfach-Sein-Können“ woanders als am angestammten Lebensort zu erreichen, mag eines der Paradoxa des menschlichen Modus sein; und das manche dafür Unmengen Alkohol und schlechte Musik brauchen… Schwamm drüber. Meine Variante ist auf keinen Fall billiger; und wahrscheinlich auch nicht genügsamer. Eines ist sie jedoch in jedem Fall: leiser. In diesem Sinne wünsche ich euch einen Start in die neue Woche, so leise, wie ihr diesen eben wünscht/braucht. Wir hören uns.