Ja, ja… ich weiß – natürlich immer und überall. Wollte ich es mir so leicht machen, bräuchte ich keine neue Mini-Series über das Thema schreiben. Ehrlicherweise kann ich hierbei aber erstmal nur über die Modalitäten MEINES kreativen Handelns erzählen. Ich weiß jedoch von einigen anderen, dass deren Kontextbedingungen, Kreativität entstehen zu lassen und am daraus resultierenden Content arbeiten zu können, von den meinen teilweise erheblich abweichen. Was ja irgendwie jetzt auch nicht verwunderlich ist. Vielleicht möchte ich hiermit vor allem darauf hinweisen, dass in (fast) jedem von uns Potentiale stecken, die zu entwickeln es meist nur ein wenig Mut bedarf; und einiger ermutigender sowie strukturierender Hinweise, wie man diese Potentiale weckt und nährt. Ich möchte diesen Post also quasi als AUFRUF gelesen sehen, sich seiner Kreativität zu bedienen. Ganz gleich, wie groß oder klein das Ergebnis am Ende auch sein mag. Es geht oft nicht mal im Ansatz darum, (möglichst viele) Andere für seinen Scheiß zu begeistern. Wenn das mein einziger Antrieb wäre, hätte ich dieses Blog schon sehr lange eingestellt. Es geht mir eher darum, das ihr da draußen versteht, dass es einer Haltung zu seinem eigenen kreativen Handeln bedarf, wenn dieses für irgendjemand irgendwelche Bedeutung entfalten können soll! Ich muss meine Ideen und Produkte mögen und dieses Gefühl auch transportieren, lange bevor irgendjemand anders vielleicht beginnt, meine Ideen und Produkte zu mögen! Und damit erfüllt kreatives Handeln vielleicht bereits einen wichtigen Zweck, lange bevor ich andere Menschen mit meinen Ergebnissen konfrontiere; nämlich das Gefühl, wirklich ETWAS geschaffen zu haben. Selbstwirksamkeitserfahrung wird dieses Gefühl genannt. Und jede*r von uns braucht das, um nicht am Leben zu verzweifeln… manche mehr, manche weniger!

Das WANN ist aber tatsächlich eine Frage, die hoch individueller Betrachtung bedarf. Denn es gibt ja nicht einfach nur Lerchen und Eulen; also Frühaufsteher und Spätzubettgeher, die je nachdem, wie exzessiv sie jeweils IHREN Zeitkorridor zu nutzen belieben ganz schön aufpassen müssen, nicht vor der frühmorgendlichen Kaffeekanne zu kollidieren. Wir neigen allerdings oft dazu, in absoluten Dimensionen zu denken, anstatt die Dinge differenziert zu betrachten. Obschon zum Beispiel ich selbst fast mein ganzes Leben als hart unterdrückte Eule zugebracht habe (wie Sträter schon sagt: alles vor Halbzehn ist nicht seriös), ist es MIR zur zweiten Natur geworden, morgens oft der Erste im Büro zu sein. Und zwar weil ich in der dämmrigen Solitude erst langsam herankriechender Arbeitstage konzentriert was wegarbeiten kann. Es ruft noch niemand an und es sind auch noch keine Kolleg*innen da, die meine Aufmerksamkeit immer wieder durch Fragen vom eigentlichen Subjekt meines Tuns und Denkens ablenken (was ich niemandem zum Vorwurf mache – hat ja alles seine Berechtigung). Das hat etwas fast Friedvolles. Aber – und das muss hier noch einmal betont werden – das ist NICHT mein natürlicher Modus. Wenn ich liegenbleiben kann, bleibe ich liegen. Je nachdem, wie sehr manche Teile meines Körpers schmerzen auch gerne lange. Und so gibt es viele Menschen, die für verschiedene Use-Cases divergierende Routinen haben, die sich nur selten in die oben erwähnte Eule/Lerche-Dichotomie einpassen lassen. Jedes Ding hat anscheinend seine Zeit. So auch die Kreativität. Ich habe meine Phasen, sofern ich diesbezüglich die Wahl habe, zumeist am späten Vormittag und am späten Nachmittag bis Abend. Ich werde heutzutage etwas früher müde als noch in meinen 30ern und frühen 40ern; aber manchmal sitze ich auch heutzutage noch bis in die Puppen. Denn manchmal hat es seinen Vorteil, wenn der präfrontale Kortex in seiner Funktion als Kontroll- und Moderations-Instanz unserer Affekte am späten Abend in die Heiah geht… und unser ES (um es mal mit Freud zu sagen) zum Spielen rausdarf…
Herauszufinden, WANN man am besten aus seinem Trott herauskommt – und das muss man, um seiner Kreativität eine Chance zu geben – ist natürlich mit der Frage nach dem WO eng verbunden. Es fällt mir durchaus leicht, Ideen aller Art an den verschiedensten Orten zu sammeln und festzuhalten. Ich habe meine Taschenwanze unterwegs dabei und wenn mich ein Gedanke kitzelt, nutze ich die Diktierfunktion. Ich habe aber auch fast immer irgendwas zum Schreiben oder Kritzeln bei mir. Der Teil der Ideensammlung ist ja aber, wie ich neulich schon beschrieben habe, nur ein Teil der Miete. Und für die eigentliche Arbeit, da hat jeder so seine Modalitäten, die er im Laufe der Zeit für sich herausfinden muss. Man sollte dabei allerdings nicht davor zurückschrecken, sich selbst und seine Bedürfnisse einfach mal zu akzeptieren, wie sie sind. Nur weil irgendein unnützes Ratgeberbuch, eine Webseite oder so ein haariger Trottel aus dem Internet (also… so Typen wie ich) irgendwelche Tipps zum Thema geben, heißt das noch LANGE nicht, dass diese Tipps für DICH funktionieren. Ich kenne jemanden, der, um kreativ werden bzw. überhaupt Brainiac-Work machen zu können, in seinem Zimmer mit lauter Musik, laufender Videoberieselung und whatnotelse umherlümmelt, weil der externe Krawall sein gelegentlich Amok laufendes Gehirn so sehr beschäftigt, dass er sich unterdessen bewusst mit etwas beschäftigen kann, ohne dass die Stimmen in seinem Kopf allzusehr stören. Und wenn das so ist, dann ist das halt so. Für mich wäre das nichts, denn ICH wäre abgelenkt. Aber meine individuellen Bedürfnisse können doch NIEMALS für jemand anders der Weisheit letzter Schluss sein!
Was ich mit diesem Post sagen will – für den unwahrscheinlichen Fall, dass dies bis jetzt noch NICHT klar geworden sein sollte – ist Folgendes: die eigenen Modalitäten des WANN und WO der kreativen Arbeit können eigentlich so gut wie nie falsch sein, wenn sie dem Prozess wirklich helfen sollen. Eine der wenigen Ausnahmen: ihr wollt Menschen töten, um während eurer Music-Sessions Bier aus deren Schädeln zu trinken? Bitte nicht, denn das ist illegal. Zumindest hier. Und bis Walhalla isses ja noch’ne Weile. Aber ansonsten – feel free to try yourself. Man muss fast immer um die Ecke gehen, um sehen zu können, was dahinter liegt. Klingt komisch einfach, is aber wahr. In diesem Sinne – findet euren “right space to get creative”, nutzt ihn; und wenn’s doch (noch) nicht passen sollte, sucht einfach weiter. Das wird schon…
