Vom Ankommen…

Wohlan denn, Kameraden, vorwärts in ein neues güldenes Zeitalter – oder so. Klingt gut, nicht wahr? Vielleicht ein µ zu dick aufgetragen? Egal. Denn wenn man ein unbezwingbares Lächeln auf dem Gesicht trägt, weil einem der ganze Scheiß daheim noch egaler ist, als der sprichwörtliche Reissack voller Corona, darf man fast alles; sogar im Internet Unfug labern. Ich habe nämlich Urlaub. So einen, wo man ein ganzes Stück weit von zu Hause weg ist und folglich wenig Chancen hat, sich mit dem üblichen Mist zu befassen. Das blöde Pandemie-Gedöns ist überall, daher zählt das in diesem Kontext nicht.

Die Anreise war trotz Stau entspannt, allerdings auch nicht so weit wie sonst um diese Jahreszeit bei uns üblich. Diesmal ging’s nämlich inländisch gen Norden. Ist hübsch hier in der Südheide, im Moment auch nicht allzu kalt, dafür aber trocken. Lustig mag man finden, dass der Willkommensgruß unserer Gastgeber aus der Südpfalz stammt. Aber das ist verzeihlich, wenn man bedenkt, dass Niedersachsen sich vieler Dinge rühmen kann – nennenswerter Weinbau gehört nicht dazu.

Es ist unfassbar, wie reif für diesen Urlaub wir alle waren. Umso glücklicher bin ich mit der Feststellung, dass ich weniger als 4h nach der Ankunft jetzt schon nicht mehr weg will. Das Haus bietet alles, was man braucht, vor allem aber zwei Dinge: Ruhe und Raum. Ich werde sicherlich mehr laufen, als in den letzten Wochen daheim. Da habe ich mich eigentlich nur noch im Lehrsaal bewegt und das weniger als sonst, denn es war einfach viel zu heiß. Hier lädt die ebene Landschaft zum Gehen und Schauen ein, zum Leben und Träumen; oder ganz einfach zum Ankommen. Dieses Mal im Selbst.

Klingt seltsam, wenn man es mal aufschreibt, aber das macht es kein bisschen weniger wahr. Ich hatte in den letzten Wochen das Gefühl, mich selbst zu de-realisieren. Nicht unbedingt in psychopathologischen Sinne, denn ich hatte ja allzeit die volle Kontrolle über mich selbst. Oder besser, über die Funktionen von mir, die noch einwandfrei in Ordnung waren: Lehren, Bürokratisieren, Essen, Trinken, Schlafen – und von Vorne. Tag für Tag. Selbst am Wochenende wachte ich nachts auf und wälzte Probleme, die mit meinem Job zu tun haben. Klingt nicht gesund. Fühlt sich auch nicht so an. Aber ich hoffte. Und das mit Recht, wie ich nun feststellen durfte. Denn Im Gegensatz zum Verlassen der Heimat, mit welchem das Reisen untrennbar verbunden ist, bleibt die Ankunft am Urlaubsort – zumindest für mich – zumeist ein Ankommen bei sich selbst.

Man könnte mir nun sagen, dass alles Gute eine Ende hat – insbesondere der Urlaub. Das ist wahr und bleibt auch dann wahr, wenn ich mir alles schönrede. Und doch… doch finde ich jedes Mal, wenn ich mich von den ganzen Problemen daheim, dem Stress, den Menschen, die immerzu nur fordern, schließlich auch meinen eigenen Ansprüchen entkopple, immer noch zurück zu dem Kerl, der ich eigentlich gerne immer wäre: eine entspannte Seele, die mit einfachen Dingen zufrieden und mit sich selbst im reinen ist. Der Effekt hält natürlich niemals allzu lange an. Aber vielleicht ja zur Abwechslung mal bis zum nächsten Urlaub. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Ob ich diesen Urlaub weitere Gedanken finde, über die ich schreiben will? Es erscheint mir denkbar. Andererseits… vielleicht sollte ich einfach mal die Finger stillhalten? Ach, wir werden sehen. Ich bin angekommen um eine paar Tage zu bleiben und meiner Seele gut zu tun. Also werde ich Orte besuchen, staunen, knipsen, Speis & Trank genießen, nix arbeiten; und wahrscheinlich auch schreiben. Wir lesen uns. Vielleicht, wenn ihr auch mal am richtigen Ort angekommen seid…? Bis dahin – schönen Abend.

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