Verdammt – schon wieder Sonntag…?

Ich sah die Tage auf Insta ein kleine Bildergeschichte, die ungefähr so ging:

Mitarbeiter und Chef in Videokonferenz
Chef: "Mir ist aufgefallen, dass Sie jeden Tag exakt um 09:00 ein- und um 17:00 ausstechen..."
Mitarbeiter: "Ja, ich bin um 17:00 mit meiner Arbeit fertig."
Chef: "Sie gehen also nach Hause, wenn alle anderen noch arbeiten?"
Mitarbeiter: "Ja, da ich mit meiner Arbeit fertig bin."
Chef "Sie wissen, dass bald Beförderungen anstehen und dass jemand, der nicht etwas mehr für den Laden tut, dann leicht übersehen werden kann...?"
Mitarbeiter: "Oder ich stehe auf der Liste ganz oben, weil ich effizienter arbeite, als alle anderen. ICH bin um 17:00 mit meinen Aufgaben fertig!"
Chef: "...?"
Mitarbeiter: "Ich kann Ihnen ja auch mal zeigen, wie man es schafft, vor 20:00 rauszukommen. Es braucht nur ein wenig Übung. Und schon hat man auch wieder ein Privatleben! Ah... wir haben 17:00"
Mitarbeiter loggt sich aus
Chef:"...?"
Der kleinen Ziege ist der Boss egal – sei wie die kleine Ziege!

Um es gleich vorwegzunehmen: die kleine Geschichte bekam einen shitload of hate von Menschen, die es offenkundig gewohnt sind, „die Extrameile zu gehen“; viele von ihnen stammen zudem anscheinend aus den USA, wo das mit der Arbeit noch mal eine ganz andere Geschichte ist. Aber warum, wenn ich mal ganz frech fragen darf, sollte ich mich von jemandem auffordern lassen müssen, mehr zu tun, als vertraglich vereinbart wurde? Ich meine – ja, es gibt Menschen, denen ihre Arbeit so viel Freude bereitet und so viel (positive) Herausforderung bietet, dass sie gerne etwas mehr geben. Dann gibt es jene Menschen, die mit einem typischen 9-to-5-Model nix anfangen können, weil ihr (zirkardianer) Biorhythmus, ihre Lebensgewohnheiten, ihre Sozialisation, ihre psychische Verfasstheit nicht mit 9-to-5 zusammenpassen. Ich gehöre übrigens auch in diese Kategorie. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich mir meine Wochenarbeitszeit kreuz und quer über die Tage legen und käme wahrscheinlich trotzdem immer noch auf 5 – 10% mehr, als ich eigentlich müsste. Weil ich gerne an Problemen tüftele, mich unterschiedlichste Themen aus meinem Fachbereich interessieren und beackert werden wollen, weil mein Job sehr vielfältig und fordernd ist. JA, er ist manchmal auch mit Arschlöchern durchsetzt; aber die findet man, Gauß’schen Normalverteilungen zufolge überall. Trotzdem fickt mich dieses ewiggestrige Modell des Festzeit-Präsentismus so sehr, dass ich immer wieder überlege, mir einen Job mit fester Home-Office-Garantie zu suchen, selbst, wenn ich dann weniger verdienen würde. Weil mich dieses „Sie müssen im Büro sichtbar sein!“ an preußische Gutsbesitzer erinnert, die ihre Länderein abschreiten, um nachzuschauen, ob die Frohndienste auch sauber erbracht werden. WAS FÜR EIN SCHWACHSINN!

Dass Lehrkräfte für die verschiedenen Unterrichte da sein müssen, die sie zu geben haben, dass es Sprechzeiten für Auszubildende und die anderen an der Ausbildung beteiligten Stellen geben muss, steht außer Frage. Dass ich als Administrator auch noch für einen Haufen anderer Menschen erreichbar sein muss, werde ich nicht bestreiten. Aber ganz ehrlich: Klausuren korrigieren, Stoff noch mal tiefergehender recherchieren, Unterricht vorbereiten, Distanzlehreveranstaltungen entwickeln und zusammenbauen, strategische Planung und Entwicklung – all das geht mir in meinem eigenen dedizierten Büro, so klein es auch sein mag, IMMER besser von der Hand, als im großen Lehrerzimmer oder meinem Präsenz-Office, wo sehr häufig am Tage jemand hereinspaziert kommt und mich ablenkt. Wenn dann noch eine zwanghafte Orientierung an der Uhr dazukommt, macht mich das mit der Zeit, müde, mürrisch, unglücklich – und vor allem ineffektiv und weniger produktiv. Und es ist definitiv nicht mein Ziel, zu wenig oder zu schlechte Arbeit abzuliefern. MICH hat schon sehr lange niemand mehr aufgefordert, dass ich länger bleiben müsse. Wohl aber haben Leute in letzter Zeit zu spüren bekommen, was passiert, wenn ich mich auf andere Weise zu sehr gegängelt fühle. Und das fanden sie nicht so gut, dass da offensichtlich immer noch Dämonen hinter der Fassade lauern, die man mit der richtigen (oder besser: falschen) Strategie aufwecken kann; und die dann allen Beteiligten den Tag versauen können. Wie schon des öfteren gesagt: meine Toleranz für Bullshit ist bei ZERO; und sie wird auch nicht wieder steigen!

Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen über die strategische Ausrichtung und die Modalitäten der Kommunikation; und immer wieder sage ich mittlerweile laut „NEIN“, wenn ich das Gefühl habe, Dinge tun zu sollen, die sinnlos sind. Auch steht regelmäßig das Thema Präsentismus auf der Tagesordnung – und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass man mit mir nicht mehr darüber reden möchte. PECH GEHABT. Denn Präsentismus vertreibt Mitarbeiter, vernichtet oft mehr Output als er Synergien schafft und nervt ganz allgemein Menschen, die anders funktionieren als eine gut geschmierte 9-to-5-corporate-drone zu Tode. Mal ganz davon abgesehen, dass die körperliche Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz mit erledigter Arbeit gleichsetzen zu wollen in etwa so sinnvoll ist, wie der Versuch, Alligatoren das Fliegen beizubringen. Jeder weiß doch, dass das nur mit Haien geht; und nur in der Tornadosaison… Hübsche Hutständer, deren tatsächlicher Leistungsoutput – umgekehrt proportional zur Menge bewegter heißer Luft – gegen Null konvergiert, gibt’s in jedem Laden. Meistens haben diese Kanaillen auch noch die allergrößte Klappe. Und sind super darin, mit den richtigen Leuten bei den richtigen Anlässen einen zu heben, um persönlich voran zu kommen. Selbstdarsteller eben. Konnt ich noch nie gut; ich neide den Leuten ihren Erfolg aber auch nicht, denn im Arsch vom Chef ist es halt auch dunkel und stickig. Das muss man wollen! Wenn es nach mir ginge, ließe man mich (und mein Team) einfach in Ruhe unseren Job machen und in regelmäßigen Abständen Informationen liefern. Aber so einfach wird es wohl nicht so schnell werden. Schade eigentlich. Ist morgen tatsächlich schon wieder Montag…

Auch als Podcast…

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