Ver-Zweiflung… oder auch nicht…?

Wann immer ich mich – dummerweise – dazu anschicke, mir ernsthafte Gedanken über den Zustand unserer Welt machen zu wollen, droht dieses eine Gefühl mich zu übermannen: Verzweiflung! Allüberall, wohin das Auge auch blicken mag, sieht man ein riesiges, heiß brodelndes Meer aus Bullenscheiße, während im Maschinenraum des Schicksals die Kleingeistigen, die Engstirnigen, die Kurzsichtigen, die Ängstlichen, die Berechnenden und die paar wenigen – aber umso gefährlicheren – wahrhaft Bösen in gemeinschaftlicher Anstrengung das Feuer unter dem Kessel anheizen, damit es auch immer schön weiter kocht. Die Hoffnung hingegen bleibt allzuoft ein kleiner, zerbrechlich wirkender Nachen, der von der tosenden See ein ums andere Mal verschlungen zu werden scheint. Doch… doch… untergehen kann sie scheinbar nicht. Immer wieder schwingt sie sich auf die absurdesten Wellenkämme, um ein Licht dorthin zu tragen, wo es allzu finster wird. Aber jedes Mal, wenn sie kurz außer Sicht gerät, wenn die Wellen so hoch schlagen, dass man insgeheim denkt „jJtzt ist’s um sie geschehen!“ nagt dieser Zweifel, drängt dieses alte Sprichwort: „Hoffen und Harren hält Manchen zum Narren!“

SEHNSUCHT!

Das ist das Wesen der Verzweiflung: sie ist der Summe all unserer Zweifel, die mit etwas Pech so groß werden kann, dass wir unter der Last zusammenzubrechen drohen. Sie ist ein Attentäter in der Nacht, wenn unsere Emotionen viel weiter oben liegen, als im hellen Tageslicht, weil unser präfontaler Cortex – geschaffen, mit der Kraft der Ratio unser Fühlen im Zaum zu halten – des Nachts auch mal Ruhe braucht. Sie ist der Windstoß, der die letzte Kerze löscht; oder diese umwirft, um alles niederzubrennen. Sie ist die Quelle unserer inneren Finsternis. Sie ist die Erkenntnis, dass es ein Omega wirklich gibt… Derzeit betrachte ich all das wie von außen, als wenn es mich nicht beträfe. Einmal mehr haben sich meine Gefühle scheinbar verabschiedet, der rationalen Betrachtung das Steuer übergeben und warten ab, was passiert. Und so betrachtet bin ich auch nicht wirklich verzweifelt. Im Gegenteil habe ich eine Klarheit über das, was zukünftig getan werden muss, wie schon lange nicht mehr. Ich sehe alle Optionen, ich sehe den Weg, der genommen werden sollte und ich weiß, dass ich – tief drin – bereits alle wichtigen Entscheidungen getroffen habe und diese nur noch umsetzen muss, COME HELL OR HIGH WATER!

Doch natürlich sind meine Emotionen nicht weg, auf Urlaub in Italien oder so. Ganz im Gegenteil schauen sie immer mal wieder kurz rein und fragen mich, wann ich mal wieder so richtig austicken möchte. Ich sagte neulich mal wieder zu jemandem meinen beliebten Spruch, dass ich einfach dauernd wütend sei (ihr wisst schon, DAS Zitat aus „Marvel’s The Avengers“). Ich kanalisiere diese Wut nur anders. Bis zu einem gewissen Punkt nehme ich diese Wut eher als Eustress war, als Energie, die ich nutzen kann, um weiterzumachen. Klar, das kann auch in die andere Richtung gehen (wie ich einstmals schmerzlich erfahren musste), aber derzeit nehme ich keine derartigen Tendenzen an mir wahr. Ich bin allerdings wütender als sonst, weil ich ein paar Dinge auf der Arbeit einfach nicht sehen konnte (oder sehen wollte) und jetzt einen hohen Preis dafür zahlen muss. Eigentlich (und in diesem Fall ist die Einschränkung leider wahr) bin ich ein sehr auf Gerechtigkeit und Ausgleich bedachter Mensch. Aber ich lies mir meine Entscheidungen von der Amygdala Anderer diktieren, weil geschäftlich ja immer irgendwas auf dem Spiel steht. Wir neigen bei dieser verfickten Zahlenschubserei unter dem Diktat des nächsten Abschlusses manchmal aus dem Blick zu verlieren, das Menschen zuerst fehlerbehaftete soziale Wesen sind und erst dann – mit langem Abstand – produktive Arbeitnehmer! Ich hab’s gerade mal wieder verstanden und MUSS meine Konsequenzen daraus ziehen. Doch was bedeuten solche Konsequenzen im Angesicht der Anderen?

Einmal mehr werden mich irgendwelche Menschen bezichtigen, wie eine Maschine zu handeln, emotional tot, mindestens aber unempathisch oder sonst noch irgendetwas zu sein. Andere werden mir genau das Gegenteil vorwerfen, jede*r einfach deshalb, weil sie es glauben. Früher hat mir so eine Aussicht Angst gemacht, oder zumindest ambivalente Gefühle hervorgerufen. Heute weiß ich allerdings zwei Dinge, die ich früher noch nicht wusste: Erstens, dass ich meine Entscheidungen IMMER zu meinem Wohle und dem meiner Lieben treffen muss; Ausnahmen nur für jene, die es sich verdient haben! Jemand anderes Interessen oder Meinungen (etwa von manchen Chefs oder manchen Kollegen) spielen dabei keine Rolle mehr. Die würden doch genauso zuerst IHRE ureigensten Interessen vertreten. Zweitens kenne ich heute meinen Wert; und der ist sowohl auf der sozialen wie auch der fachlichen Ebene nicht eben gering! Ich werde vielleicht nächste Woche 50, aber ich bin noch lange kein altes Eisen! Ich stellte letzthin fest, dass man seine Interessen und Prioritäten öfter neu bewerten muss, als ich das bislang getan habe. Woraus folgt: wenn’s sein muss, werden nun alte Zöpfe abgeschnitten, Prozesse und Beziehungen neu geordnet. Was getan werden muss, wird getan, auch wenn es ein ums andere Mal wehtun wird. Und definitiv nicht nur mir… Aber ich habe es satt, mich um irgendjemand anderes Willen manipulieren zu lassen.

Klinge ich bitter? Das täuscht. Das darf ich euch versichern, denn ich war schon lange nicht mehr so mit mir im Reinen, wie jetzt. Und wenn ich von meinem Erholungskurztripp zurückkomme, werde ich die Kraft haben, Tabula Rasa zu machen. Bin mal gespannt, wie das Spielfeld danach aussieht. Wie’s auch kommt – gehabt euch wohl und lasst euch nicht vom Regen wegspülen.

Auch als Podcast…

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