Träumen lernen…?

Heute ist der Tag, an dem meine große Tochter konfirmiert wird. Ich erinnere mich noch daran, dass das für mich damals ein großes Fest war und dass eine Menge Leute von weit her kamen, um mitzufeiern. Ich vermute, dass derlei Dinge – damals wie heute – in verschiedenen Familien unterschiedliche Stellenwerte haben. Und ich bin mir nicht sicher, welchen Stellenwert es für mich hat; insbesondere unter dem Aspekt, dass ich der Institution Kirche gegenüber alles andere als freundlich gesonnen bin. Das überschattet jedoch nicht das Fest für meine Tochter. Sie ist dem ganzen Konfi-Dingens gegenüber zwar auch eher kritisch, hat allerdings verschiedene Aspekte des Konfi-Unterrichtes positiv bewertet; und neue Freunde gewonnen. Heutzutage geht es da auch weniger um Bibelfestigkeit, als vielmehr darum, auf den Wert von etwas Humanismus in verdammt schnelllebigen Zeiten hinzuweisen. Damit gehe ich schwer d’accord! Ich bin darum sogar ordentlich angezogen und im Wort angemessen zurückhaltend. Und ich grille für Familie und Freunde, auf dass man sich wohl fühle. Ich nehme diesen Tag und seine Ereignisse also einfach an und mache für meine Lieben und mich das beste daraus. Dennoch hat es etwas in mir angeregt.

Wovon wohl Tiger träumen…?

Ich las neulich irgendwo, dass es immer häufiger Kinder und Jugendliche gäbe, die angesichts des gegenwärtigen Zustandes unserer Welt und mancher für die Zukunft erwarteter Entwicklungen in eine Art Katatonie, also eine Schockstarre verfallen, unfähig sich zu irgendetwas zu motivieren, weil Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit zu den übergeordneten Themen ihrer Leben geworden seien. Und das bringt mich zu der Frage, wie wir es schaffen, unsere Kinder zum Träumen anzuregen, zum Staunen zu bringen, schließlich dazu, die Zukunft anzunehmen, auch wenn die Herausforderungen nicht einfach sein mögen? Man könnte, wenn man sich etwas zu viel in den asozialen Medien herumtreibt den Eindruck gewinnen, dass eh alles Planen und Tun für die Katz ist. Alles egal, weil so viele „Diskussionen“ von ewiggestrigen, verzichtsunfähigen, egoistischen, asozialen Kognitionsallergikern bevölkert werden, die es für den Untergang des Abendlandes halten, wenn sie nicht mehr mit ihrem überdimensionierten Fossilverheizer bis direkt vor die Billig-Gammelfleischtheke fahren können. Insbesondere meine Generation (X) und die davor (Boomer) tun sich hier nicht gerade positiv hervor. Es tut halt aber auch weh, wenn man von diesen Rotzlöffeln, die noch ganz grün hinter den Ohren sind gesagt bekommt, dass man es auf der ganzen Linie verkackt hat, dass muss ich schon sagen (dürfen)… [/Ironie off]

Ganz ehrlich: ICH glaube an diesen Satz: „Alle haben gesagt, dass geht nicht. Dann kam eine:r und hat’s einfach gemacht!“ Sei du selbst der Wandel, den du in der Welt sehen willst. Jeden Tag, mit kleinen Schritten und dem, was auch immer man selbst zu tun vermag, Dann kommen wir zusammen von diesem anderen Satz weg, den ich hasse, wie sonst nix auf der Welt: „Das haben wir schon IMMER so gemacht!“ Und erreichen gemeinsam, dass Träumen sich wieder lohnt. Ach was, bereits davon zu träumen, die Welt selbst mit zu verändern hilft bereits. Denn mit dieser Einstellung kannst du nicht verzweifeln, weil mit ein wenig Phantasie fast alles möglich wird. Auch unsere Welt lebenswert zu halten. Und weil meine große Tochter heute konfirmiert wird, und Konfirmation eigentlich „Bekenntnis“ und „Bestätigung“ bedeutet, konfirmiere ich hier und heute, dass ich an die Zukunft glaube, weil ich meinenTeil dafür tue (und noch mehr tun will), damit sie passieren kann! Für meine Kinder, aber auch für die anderen Menschen, die mir am Herzen liegen. Ihr wisst schon – die paar, die ich nicht hasse…

Und wie bringt man sich und andere (vor allem seine Kinder) nun zum Träumen? Ich denke, indem man ihren Ideen Flügel verleiht, indem man ihre Kreativität unterstützt, indem man ihnen so viel Freiraum wie möglich lässt – auch wenn man seinen Kindern Grenzen setzen muss, damit sie in ihrem Mangel an Lebenserfahrung nicht die vollkommen falschen Abzweigungen wählen. Ist ’ne Gratwanderung, die ganz sicher ab und an schief geht, die in Konflikte mündet und verdammt anstrengt. Doch die Alternative ist, dass wir Menschoide drillen, die dann halt im Rahmen definierter Parameter funktionieren – und tun, wie ihnen geheißen! Das haben wir als Menschheit viel zu lange getan – ich war (bin?) so ein gedrillter Menschoid, der sich erst nach und nach seines eigenen Denkens bemächtigt hat und heute der Art gegenüber, wie unsere Gesellschaft funktioniert so viel Zweifel und Widerwillen entwickelt hat, dass es nichts anderes mehr gibt, als zu versuchen, das System von innen zu verändern. Und wisst ihr, was das bedeutet – dass ich träume! Ich träume von Alternativen, die nicht braun-blau sind, von Veränderung hin zu mehr Humanismus und weniger Kapitalismus; und schließlich davon, dass meine Kinder zu verantwortungsbewussten, selbst denkenden Menschen werden, die irgendwann konfirmieren, dass sie auch solche Träume träumen, anstatt an der Zukunft zu verzweifeln. Dann hätten die beste Ehefrau von allen und ich zumindest nicht alles falsch gemacht. Hoch die Tassen – darauf, und auf meine Große. Schönen Sonntag.

Auch als Podcast…

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