The italian tales n°4 – Leonardo hätt’s gewusst.

Wie das so beim Reisen geht, besucht man Orte, an denen man noch nicht war. Ist ja auch einer der Gründe, warum man überhaupt verreist. Also… zumindest in meiner Agenda. Gewiss ist es so, dass Menschen auch in der Ferne oft das suchen, was sie kennen, denn immerhin gibt es uns ein (wenn gelegentlich auch trügerisches) Gefühl von Sicherheit. Die landestypische Sprache wenigstens ein bisschen zu beherrschen und zu wissen, was man wo finden kann, tut ein Übriges.

Natürlich ist Italien jetzt nicht gerade ewig weit weg. Man fährt zwar einen ganzen Tag mit dem Auto, aber im Großen und Ganzen ist es in vielerlei Hinsicht meiner Heimat ähnlich. Und auch wieder nicht. Vielleicht macht diese, nicht allzu ausgeprägte Ambivalenz einen Teil jener Spannung aus, die mich schon so oft hierher gezogen hat. Zweifelsfrei hat die Toskana sowohl landschaftlich als auch kulturgeschichtlich einiges zu bieten. Ich fotografiere halt gerne alte Steine und hübsche Berge und davon gibt’s hier reichlich. Ebenso wie man hier gute Speisen und Getränke findet.

Da waren wir also die Tage in Vinci. Ja genau – der Ort aus dem Leonardo da (aus) Vinci herkommt. Man kann sich vorstellen, dass die Leutchen dort eine große Sache daraus machen, denn immerhin war er – aus meiner Sicht – das bedeutendste Universalgenie der Renaissance. Sechs Museen in und um Vinci widmen sich also den verschiedenen Facetten seines Schaffens. Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu der Auffassung, dass wir so jemanden in unsere Zeit gut gebrauchen könnten. Also jemanden, der tatsächlich zu fast allem etwas sinnvolles und oft sogar relevantes beitragen kann…

Natürlich ist mir bewusst, dass die Menge des verfügbaren Wissens sich seit Leonardos Zeitalter exponentiell vervielfacht hat und es allein deshalb schwer möglich sein dürfte, etwas wie ein Universalgenie in der Menschheitsgeschichte noch mal zu erleben. Und wenn es eines gäbe, würde es auf Facebook wahrscheinlich so lange gemobbt werden, bis es sich in eine Höhle ohne Strom zurückzieht, um alle Probleme unserer Zeit theoretisch zu lösen und dann mit einem dreckigen Lachen auf den Lippen zuzusehen, wie seine Aufzeichnung verbrennen, während er dahin scheidet. Ich würde das feiern, wenn ich es denn erführe.

Ich bin mir nicht sicher, ob ein Universalgenie zwangsläufig zum Misanthropen werden würde; die Chancen stehen allerdings angesichts des Scheiße-Levels auf unserem Erdenrund nicht schlecht. JA – ich gebe es zu, ich war wieder auf Facebook, habe es bereut und schnell wieder zugemacht. Denn um ehrlich zu sein: auch im Urlaub wird mir jedes Mal kotzübel, wenn ich diese rassistischen, chauvinistischen, propagandistischen Dreckfratzen von der AfD auch nur aus der Ferne sehen muss. Undemokratisches Gesindel allesamt; bei denen und ihren Anhängern verliere ich langsam jedwede Hoffnung. Wenn auch (eigentlich) intelligente Menschen nicht mehr aus ihrem Kokon der Verblendung auschecken können, bleibt mir nur zu sagen: Leonardo hätte euch gesagt, dass ihr ins Verderben rennt.

Um das zu komplettieren: auch in der Ferne lassen meine heimatlichen Leidenschaften mich offenbar nicht genug los, als das ich vollkommen ausblenden könnte, was daheim passiert. Vielleicht ist das ein Teil meiner Persönlichkeit, auf den ich verzichten könnte. Andererseits wäre ich dann wohl nicht der, der ich bin. Also geht’s munter weiter. Mir fällt die Tage bestimmt noch was ein, worüber ich reden muss. Bis dahin: gute Zeit!

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