Skandalös!

Nachdem ich über Vulgarien, die Aluhuten mit ihren Bewohnern, den wundersamen Conspiraten, und auch über das schöne Kannitverstan gesprochen habe, wäre es langsam mal an der Zeit für einen Ausflug nach dem heißen Shitstormesch. Ich meine… wie unfassbar einfach ist es heute, vor allem in den asozialen Medien, Menschen in ihren oftmals hart lächerlichen Befindlichkeiten zu stören. Am Ende des Tages genügt es mittlerweile, das falsche Fantrikot anzuhaben, oder über irgendeinen hippen Hopper zu sagen, dass man den nichtssagenden Verbalmüll, den er absondert selbst besser hinbekommen hätte. Früher hätten alle Beteiligten nach so einer Ansage kurz mit den Schultern gezuckt, „Arrogantes A*******h“ gesagt, vielleicht ’ne Backpfeife verteilt und damit wäre die Beere geschält gewesen, wie man hierorts sagt. Klamotten sind problematisch, Musik ist problematisch, Frisuren sind problematisch – Dreadlocks anybody – Politik ist oberübel problematisch und ein angeblicher Mangel an political correctness tötet ganze virtuelle Präsenzen. Und was ist es meistens – ein Scheiße-Orkan, dessen tatsächliche Substanz in ein kleines Wasserglas passt.

Was die wohl gerade diskutieren…?

Nehmen wir Friedrich Merz und seine zahnarztbesuchenden Asylbewerber. Anstatt sich eine Woche lang darüber aufzuregen, dass dieser lächerliche, rechtsanbiedernde Kognitions-Amateur und Fettnapfsuchautomat, an dem das einzige wirklich Christdemokratische die Anstecknadel am Revers ist, sich grunddämlich und lügenfalsch zu einer Thematik geäußert hat, von der er so viel versteht, wie vom ganzen Rest der Sozialpolitik – nämlich GAR NICHTS – hätte man einfach sagen/schreiben können: halt die Fresse, du dummes Kind und lern die Fakten! Und dann einfach gar nicht mehr erwähnen müssen. Und dann wird auch noch publiziert, dass er die Reaktion auf sein grenzdebiles Geseiere „Schnappatmung“ nennt. Für mich beweist das zwei Dinge: a) er braucht dringend einen Neurologen und b) er hat keine Ahnung von Medizin. Und was bitteschön ist mit Bezug auf diesen Heuler daran neu? NIX! GAR NIX! Der hatte noch nie mehr drauf als Zahnbelag, außer, wenn es darum ging sein eigenes Schäflein ins Trockene zu bringen. So wie ein nicht unerheblicher Teil seiner Parteikollegen. Wir leben im Kapitalismus – schon vergessen? Man hätte also besser nichts dazu gesagt, nichts geschrieben und niemanden befragt. Wir haben andere Sorgen, dankeschön! Warum bekommt dieser Eumel soviel Publizität? Weil alle wissen, dass er gerne im Blaubraun-Trüben fischt; immer noch nicht begreifend, dass DEREN Fans das Original wollen und nicht eine billige Blackrock-Kopie. True fascism since 1932 – das ist es, was AfD-Wähler wollen und wählen, keine opportunistische Fehlfarbe im Law-and-Order-Gewand.

Und so geht das in einem Fort. Wann immer man irgendwelche Medienkanäle öffnet, bekommt man seine Dosis Shitstorm geliefert. Schnappatmung? Vielleicht, wenn man sich zu sehr echauffiert und die gute alte Pumpe endgültig den Geist aufgibt; denn diese Form der Atmung gibt’s nur, wenn der Körper gerade sein Leben aushaucht. Das Problem dabei ist, dass die Leute sich nicht mehr über Fakten aufregen – also zum Beispiel die Äußerung faktischer Unwahrheit wie im Fall Merz – sondern darüber, dass jemand ihre Gefühle verletzt, wenn er oder sie dies oder das sagt. Wann bitteschön ist es Mode geworden, dass man keinen robusten, sachlichen Diskurs mehr führen darf? Ich erlebe das überall, in der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch im Berufsleben, dass Menschen nicht mehr sachgrundbezogen argumentieren, sondern alle Worte auf Goldwaagen gelegt werden müssen, weil sonst irgendjemand ein beleidigtes Lamento anstimmt, dass man ihn oder sie aber mehr respektieren müsse – allerdings meist ohne, dass dies in der Gegenrichtung auch der Fall wäre. Subjektive Meinungen, Gefühle und die Wahrung des eigenen Gesichtes sind heute das Movens öffentlicher Diskurse – und degenerieren diese damit von echten inhaltlichen Auseinandersetzungen hin zu heuchlerischen Befindlichkeitenparaden, in denen immer irgendjemand einen Grund findet, beleidigt zu sein. Richte ich mein ganzes Reden und Handeln an dieser Snowflake-Scheiße aus, verkommen der öffentliche Raum, aber auch die Arbeitswelt zu Spielplätzen voller übergroßer Kinder, die sich gegenseitig mit ihren Schäufelchen hauen. Wie soll man so in einer Demokratie oder einer komplexen Organisation Mehrheiten und Konsens aushandeln? Im Ergebnis heulen wir uns so in die Handlungsunfähigkeit. Danke für NIX ihr Idioten!

Bevor mich jemand falsch versteht – und das tun da draußen ja, wie eben beschrieben, sehr viele mit voller Absicht: ich möchte einen robusten, sachlichen, Inhaltsorientierten Diskurs. Ich möchte jedoch KEINE Verschiebung des Sagbaren hin zu Rassismus, Chauvinismus, Ausgrenzung, so wie der Antichrist, ähm sorry „Christdemokrat“ Merz diese gerade betreibt und so den Faschos von der AfD in die Karten spielt. Offensichtlich ist die Geschichte eines halbwegs stabil demokratischen Wertkonservatismus in der BRD auserzählt. Und die angeblichen Liberalen werden zeitgleich gerade von Lindner abgewickelt, hin zu einer Turbo-Opporto-Egoistoiden One-Man-Show ohne jegliche Substanz. Über DIESE SPD, die viel zu oft nicht mehr meine SPD ist, muss ich an dieser Stelle den Mantel des Schweigens breiten. Denn ich hätte gerne mehr ECHTE DISKUSSION und weniger SUBSTANZLOSEN SKANDAL! Kriegen wir das irgendwie hin? Schönen Abend.

Auch als Podcast…

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