A snipet of rescue

Nur sehr selten äußere ich mich mit Bezug auf meinen Beruf. Nicht, weil ich ihn nicht mag, sondern weil es genug Andere gibt, die ein Riesengewese darum machen: Ich bin Rettungsassistent und bilde selbst Rettungsfachpersonal aus. Ich arbeite überdies als Disponent auf der hiesigen Leitstelle. Man könnte sagen, dass ich im Business ziemlich stark verwurzelt und auch leidlich gut vernetzt bin. Müsste ich meine Einstellung zum Beruf beschreiben, würde ich sie vermutlich als eher bodenständig bezeichnen; Ich mache keinen Bohei um meine Person oder meine Profession, erledige die Arbeit zumeist unauffällig, unaufgeregt, halbwegs effizient und gekonnt. Zumindest höre ich nur sehr selten Beschwerden über mein Tun. Und ich weiß, dass nur ein gutes Team gewinnt, wobei ich neben den direkten Kollegen all die anderen im Gesundheitswesen tätigen Menschen gerne auch als Teil des Teams betrachten würde. Wenn es doch nur andersherum genauso wäre.

Ich erfahre immer wieder, dass ein nicht unerheblicher Teil des Medizinalfachpersonals, aber auch der Ärzteschaft meinesgleichen immer noch für dumme Krankenträger hält. Lange habe ich mich über diese Ungerechtigkeit aufgeregt, doch heute weiß ich, dass nicht wenige meiner Kollegen mit Schuld daran sind. Und zwar, indem sie sich benehmen, wie dumme Krankenträger! Indem sie ein Berufsethos an den Tag legen, der mich Schaudern lässt, sich dabei jedoch gleichzeitig daran delektieren, die von ihnen entdeckten Fehler anderer in aller Breite kommentieren zu müssen. Nicht selten offenbaren sich dabei neben den vordergründig imponierenden sozialen Defiziten auch fachliche. Und dann denke ich an Sünden und erste Steine…

Gewiss hat sich das Niveau meiner Kollegen – und wie ich hoffe, auch das Meine – im Lauf der Jahre verbessert, aber wir sind mitnichten soweit, dass man für alle jetzt den Generalantrag des Ernst-genommen-werden-Müssens stellen könnte. Eine Kollegin bemerkte dieser Tage in einem Post, in einem sozialen Medium einen generellen Mangel an Soziabilität in sozialen Berufen. Was zuerst wie eine Anklage klingt, ist aber ein bedeutsamer Appell: sich selbst nicht so wichtig, dafür andere aber etwas wichtiger zu nehmen, den Menschen – zuvorderst denen in den medizinischen Berufen, aber auch ganz generell – mit Respekt zu begegnen und ihre Würde zu wahren. Wenn andere sich schon nicht an diese goldene Regel des Miteinanders halten, so ist es an meinem Berufsvolk, es dennoch zu tun; nicht, weil wir besser sind als andere, sondern weil wir als Bindeglied so vieler unterschiedlicher Teile der Gesellschaft eine Vorbildfunktion haben (sollten). Schaffen wir das, gibt es guten Grund, uns als soziale Individuen zu respektieren. Und dann klappt es ja vielleicht irgendwann auch mit dem Respekt vor unserer Profession. Aber einen hohen Standard selbst zu leben, ist weiß Gott um einiges schwerer, als dies von anderen einzufordern…

Sonne im Herzen?

Die letzten schönen Tage des Jahres galoppieren an uns vorbei, senden nochmal Sonne und halbwegs angenehme Tagestemperaturen, die einen zum Rausgehen animieren und Gelegenheit bieten, etwas Wohlgefühl zum Überstehen des hierorts unausweichlich herannahenden Schmuddelherbstes und Winters zu tanken. Ich bin eigentlich trotz der Hitze, die das Arbeiten tatsächlich schwerer macht, schon immer eher ein Sommermensch gewesen, ich fühle mich da ein bisschen wie eine Pflanze. Allerdings ist meine Photosynthese die Bereitstellung von Glückshormonen, wie man das im Volksmund so nennt. Bahnt sich die dunkle Jahreszeit ihren Weg durch den Kalender, spüre ich ebenso unausweichlich, wie’s mir ein wenig schwerer wird mit dem Wohlgefühl, dem Lächeln, dem Weitermachen an sich. Früher habe ich das nicht so gemerkt. Heute allerdings wird mir schmerzlich bewusst, wie sehr ich die langen Sommerabende brauche, um meine mentalen Batterien aufzutanken.

Unser Gehirn ist permanent damit beschäftigt, uns Streiche zu spielen, uns die Realität, wie sie eigentlich von blanken Zahlen repräsentiert wird vollkommen anders erleben zu lassen, verschoben und verdreht bis zu einem Punkt, da unser Bild von der Welt nur noch wenig mit ihrer wahren Beschaffenheit zu tun hat. Das erlebt man beim Diskurs über alle möglichen Themen, aber auch wenn man mal zu etwas recherchiert, von dem man fest der Meinung war, zu wissen worum es geht. Mit meinen Gefühlen ist das nicht anders. Nüchtern betrachtet geht es mir gut: ich habe eine wunderbare Familie, tolle Freunde und ein Heim, wo ich mich zu Hause fühle, habe einen festen Job, der unser Auskommen sichert, komme mit den Zielen, die ich mir selber gesteckt habe gut voran und werde fast überall respektiert und als der angenommen, der ich bin. Nach messbaren Parametern ist alles OK! Und doch…

…und doch spüre ich meine Dämonen. Sie waren schon immer da, mein ganzes Erwachsenenleben hindurch; vermutlich auch schon in meiner Jugend, das kann ich heute allerdings nur noch schwer nachvollziehen. Aber erst, wenn man mal knietief durch die Scheiße gewatet ist, kann man die Bedeutung mancher kleiner Zeichen richtig deuten, ahnen dass es noch lange nicht vorbei ist, nie vorbei sein kann; weil ein kleiner, zumeist sorgsam versiegelter Teil von mir diese selbstzerstörerische Macht der Depressionen niemals ablegen wird. Ich weiß das, doch wissen und begreifen sind so oft zwei paar Stiefel.

Es gibt eine Menge Dinge, an denen ich immer wieder ein Stück weit genesen, mich erholen, Kraft sammeln kann, aber mit meinem Temperament ist es in letzter Zeit wieder wie beim Hulk: „Ich bin wie ein blank liegender Nerv…“. Ich mag dieses Zitat, denn es erinnert mich stets daran, wie viel Kraft es mich an manchen Tagen kostet, den ganzen Arschgeigen, denen ich auf die eine oder andere Art begegne nicht einfach meine Meinung zu sagen, oder ihnen eine zu langen, sofern sie physisch präsent sind. SO VIEL KRAFT! Es ist nicht meine Art, anderen meine Probleme aufzubürden, auch wenn ich weiß, dass es ein paar wenige Menschen in meinem Leben gibt, zu denen ich jederzeit mit jedem Scheiß kommen kann, wenn es nicht mehr anders geht.

Doch es geht anders! Das ist einer der Gründe, warum ich dieses Blog pflege. Zwar nicht so regelmäßig, wie es das verdient hätte, aber immerhin finde ich immer wieder den Weg hierher, um die Welt um mich herum und die Art, wie ich sie erlebe offen zu reflektieren. Es drückt nicht nur meine Persönlichkeit aus, sondern hilft mir zudem, meine Gedanken zu ordnen. Irgendwie mache ich meine Leser damit zumindest dahin gehend zu meinen Therapeuten, dass sie meine Gedanken anhören – ob sie diese teilen, ist dabei zunächst für meinen ergotherapeutischen Nutzen unerheblich. Daher an dieser Stelle Danke für’s Zuhören, auch wenn es manchmal schwer fallen mag. Überdies – und da regt sich stets der Pädagoge in mir – pflege ich natürlich die Hoffnung, den einen oder anderen zum Nachdenken und zum offenen Umgang mit vielen gesellschaftlichen Themen anzuregen. Dieser Doppelsinn ist es, der mir schon in mancher Stunde ohne Sonne Frieden und Zufriedenheit geschenkt hat. Ich hoffe nur, dass ich vor lauter, lauter in der dunklen Zeit wieder regelmäßiger zum Scheiben komme; auch damit ich diesen Effekt erleben darf. In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen schönen und erfolgreichen Herbst.

Bild-ung?

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, zumindest wenn Betrachter und Schöpfer „die gleiche Sprache sprechen“. Das mit der Sprache ist allerdings so’ne Sache. Bildsprache ist genau wie jede andere Form von Kommunikation eine Angelegenheit, die einen gemeinsamen Zeichensatz, also einen Code voraussetzt, den alle Beteiligten kennen müssen, damit einander Verstehen gelingen kann. Die Kunst der Bildgestaltung beinhaltet also wesentlich mehr, als Blende, Belichtung, ISO, etc. einstellen zu können. Ein Objekt, oder auch eine Person so dazustellen, dass die Darstellung einen Sinn enthält, der über das bloß Gezeigte hinausgeht, also einen für möglichst viele andere erfahrbaren Bedeutungsüberschuss zu erzeugen, ist die wahre Kunst; zumindest in meiner Lesart.

Nun ist ein gemeinsamer Code, welcher die Interpretation dieser Bedeutung erlaubt ausdrücklich KEINE Frage von Bildung! Es geht einfach nur darum, die gleiche Sprache zu sprechen. Ob es dabei um die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Jugend- oder Subkultur geht, oder die, weitesten teils rein enzyklopädische Wissensbasis des Bildungsbürgertums, welches sich – meines Erachtens zu Unrecht – als Spitze kulturellen Schaltens und Waltens versteht, ist vollkommen unerheblich; man muss lediglich Zeichen auf einer gemeinsamen Interpretationsbasis erkennen und nutzen können. Und auch abseits der Domänen klassischer humanistischer Bildung ist hierzu unter Umständen eine erhebliche kognitive Leistung von Nöten.

Gerade die sozialen Medien im Internet erzeugen heute mit teilweise rasender Geschwindigkeit eine Fülle neuer Formen, deren Decodierung für den nicht initiierten Betrachter oftmals nicht, oder nur teilweise möglich ist. Bedauerlicherweise kann dieser Umstand auch als eine Art Chiffre für diejenigen herhalten, die auf dem digitalen Weg fragwürdige oder auch illegale Botschaften verbreiten wollen. Schnell zu lernen, was hier genau übermittelt wird, erfordert dabei sowohl von den Strafverfolgern als auch von jedem, der verantwortungsbewusst mit dem Medium Internet umgehen können will einen aktiven Lernprozess und auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Subtexten zeitgenössischer Bildsprache. Menschen, die ihre Botschaften im oberflächlich Harmlosen verpacken, können den unbedarften Nutzer nämlich schnell in einen Dialog verwickeln, dem zumindest junge, wenig gefestigte Menschen nicht gewachsen sind. Dies ist einer der Prozesse, die zur Radikalisierung durch das Internet führen. Die Ästhetik des Djihad wirkt dabei zunächst eher unverfänglich, exotisch, verwirrend, aber auch verheißungsvoll und zieht so die leider allzu häufig eher wenig reflektierten Konsumenten unter Umständen schnell in ihren Bann.

Den Umgang mit Bildsprachen zu vermitteln ist somit ein, auch aus aufklärerischer Sicht notwendiger Teil von Bildung, der absolut nichts mit der Anhäufung enzyklopädischen Wissens zu tun hat, sondern vielmehr mit der Vermittlung der Fähigkeit sowohl klassische als auch zeitgenössische Bilder decodieren zu können. Kein einfaches, wohl aber ein lohnendes Unterfangen, nicht nur aus künstlerisch-ästhetischer Sicht, sondern auch aus pädagogischer und kultureller. Denn wenn man Kultur als einen Prozess begreift, also etwas, das in Bewegung ist, dann sind alle Ausdrücke von Kultur – darunter auch das, was wir Kunst nennen – auch im natürlichen Wandel begriffen. Akzeptiert man diese Sichtweise, muss man sich immer wieder auf neue Wahrnehmungen einlassen, auf neue Interpretationen und Ausdrucksformen.

Für mich ergibt sich daraus eine spannende Ambivalenz: zum einen spricht es den Lehrer in mir an, up to date zu bleiben, selbst neue Formensprachen rasch und präzise interpretieren zu erlernen, um adäquat darauf reagieren zu können. Auf der anderen Seite steht meine Kreativität zur Disposition; auch sie muss sich weiter entwickeln, denn sonst werde ich mir selbst langweilig. Und meinen Lesern wahrscheinlich auch. Also immer schön weiter lernen, nicht nur um diejenigen erkennen zu können, die das Internet für sinistere Zwecke ausnutzen, sondern auch, weil vieles Neue spannend ist und einen auf mehr als eine Art weiter bringen kann.

Schaffen wir das?

Um’s gleich deutlich vorweg zu nehmen: ich bin immer noch der Meinung, dass diese Frage positiv beantwortet werden sollte. Nicht etwa, weil ich eine Rosarote Brille trage, die meinen Realitätssinn abschaltet, wie ein Bekannter es auf Facebook dieser Tage so schön geschrieben hat, sondern weil unsere Leistungsfähigkeit mitnichten ihre Grenzen erreicht hat; vielerorts hat man ja erst angefangen, richtig aufzudrehen. Der Bekannte orakelt von Bürgerkriegsähnlichen Zuständen, die wir zu erwarten hätten, weil die Gewaltkriminalität um ein Vielfaches zugenommen habe. Ich hab das an Hand der aktuellen Zahlen aus Baden-Württemberg mal kurz gegengerechnet. Wenn man davon ausgeht, dass die Zahl krimineller Delikte insgesamt ohne Flüchtlingszuzug auf dem gleichen Niveau geblieben wäre, hätten durch Flüchtlinge verübte Straftaten (wir sprechen allerdings nur von eröffneten Ermittlungsverfahren – wie viele davon tatsächlich strafwürdig im Sinne des StGB sind, bleibt abzuwarten) eine Steigerung von 0,3% im Ländle zur Folge. Ja, das ist wirklich schlimm. Genauer gesagt drei Tausendstel von einem Vielfachen… Tatsächlich hat die Zahl krimineller Delikte von 2013 nach 2014 im Ländle um 3,2% zugelegt und stagniert auf gleichbleibend hohem Niveau. Also ich sehe mich jetzt geradezu von kriminellen Kosovaren überrannt – ihr auch?

Butter bei die Fisch, das Argument ist Bullshit. Die Behauptung, dass die Kriminalität in der BRD wegen der Flüchtlinge explodieren würde, ist an den Haaren herbei gezogene, rechte Panikmache. Sonst nix. Ja, die Polizei schiebt Überstunden, aber nicht, weil sie dauernd den durch unsere Einkaufsmeilen marodierenden Mob in Schach halten muss, sondern weil sie damit zu tun hat, den Personentransfer durchs Bundesgebiet zu kontrollieren, Asylbewerberunterkünfte vor rechter Gewalt zu schützen und die vielen Menschen die da kommen zumindest ein Stück weit auf Gefährderpotentiale abzuklopfen – was ich im Übrigen absolut legitim finde, da die Gefahr, dass mit den Flüchtlingen auch Terroristen ins Land sickern könnten zumindest nicht vollkommen von der Hand zu weisen ist. Es ist nur so: wenn schon ein gut organisiertes, hoch entwickeltes Gemeinwesen wie das unsere hierbei gelegentlich den Überblick verliert, glaubt dann wirklich irgendjemand, dass Abu Bakr al-Baghdadi und seine verlotterten Mopedfahrer mit Kalaschnikows wirklich einen Masterplan haben, den kein Sicherheitsdienst der Welt zu durchschauen vermag? Die können soziale Medien, ein bisschen Hacken, Schmuggel, Menschenhandel, Sklaverei, aber auch die IS-Führer haben keine Wahrsagekugeln. Und da haben wir schon wieder Bullshit!

Ohne Zweifel ist es an der Zeit, Geld in die Hand zu nehmen und zunächst mal für mindestens zwei bis drei Jahre dauerhafte Strukturen zu schaffen, um all jene zumeist ehrenamtlichen Helfer, die langsam aber sicher ohne vernünftige Unterstützung an ihre Limits gelangen werden zu entlasten, neue Arbeitsplätze (was man durchaus als schnellen positiven Nebeneffekt betrachten könnte) und halbwegs würdige Verhältnisse für die Flüchtlinge zu schaffen, was übrigens einen großen Teil der sozialen Spannung aus den Unterkünften nehmen würde – und damit auch gut für die Kriminalstatistik wäre. Denn man kann wohl kaum annehmen, dass man Menschen, für die unser Land ein sehnsüchtig erwarteter Hort der Freiheit und des Friedens war einfach in solchen Löchern wie den LEAs und BEAs zusammenpferchen und sie weitestgehend sich selbst überlassen kann, ohne dass es dabei zu Stress kommt; viel Stress auf vielen Ebenen, denn eine solche Behandlung reduziert, so sie konsequent fortgesetzt wird, die Compliance dieser Menschen gegenüber dem System, dass sie so beschissen behandelt recht bald auf nahe Null. Doch wir brauchen diese Menschen!

Ja, verdammt noch eins, prügelt es euch endlich in den Kopf – ohne einen Nettozuzug von 450.000 bis 500.000 Menschen PRO JAHR bis 2030 werden wir unseren Wohlstand nicht halten können, weil eine Wirtschaft ohne qualifizierte Mitarbeiter alsbald zu schrumpfen beginnt. Und mit ihr Löhne, Gehälter und über Steuern finanzierte staatliche Leistungen. Wer tatsächlich glaubt, bei Hartz IV wären wir schon am unteren Limit, der hat keine Ahnung von den Tücken der Demographie und grundlegenden wirtschaftlichen Zusammenhängen; ganz einfach gesagt: mehr Rentner (weil die geburtenstarken Jahrgänge der 60er langsam älter werden) + weniger Werktätige (weil die Jahrgänge danach geburtenschwach waren) = weniger Fachkräfte = Abzug von Produktion etc. aus der BRD = Absinken der Wirtschaftsleistung = weniger Geld in den Sozialkassen = Armut (und zwar für große Teile der Bevölkerung), weil Transferleistungen gekürzt oder gleich ganz gestrichen werden müssen. Weniger Rente, Stütze, Kindergeld, Steuervergünstigungen, etc. Wollt ihr das wirklich? Das wäre nämlich unsere Zukunft, wenn die Faschos sich durchsetzen könnten.

Schaffen wir das? Ich sage ja – aber nur zusammen. Einerseits weil ich an den Willen der meisten Menschen hier glaube, es richtig machen zu wollen. Andererseits weil ich sehe, dass die Politik langsam aber sicher in Bewegung kommt. Und schließlich, weil es keine Alternative gibt. Ein einziges Mal hätte Frau Merkel ihr Lieblingswort ungestraft nutzen können – positiver Zuzugssaldo und daraus erwachsend die Pflicht zur Integration der Flüchtlinge ist alternativlos; es sei denn man akzeptiert eine europaweite humanitäre Katastrophe und die aus einer nationalistisch motivierten Abschottung resultierende Verarmung unserer Nation in jeder Hinsicht als akzeptable Alternativen. Schönen Tag noch…

A snipet of unbelieving!

Jetzt versucht er sich als Friedensstifter im Nahen Osten zu gerieren, der ewige Präsident. Ist innenpolitisch unter Druck, weil die Sanktionen sehr wohl Wirkung gezeigt haben. Verliert an Strahlkraft, weil in der Ukraine im Moment nichts mehr geht. Braucht ein neues Projekt, das ihn als starken Mann, als Macher, als Gestalter zeigt, auch wenn seine wahre Prämisse in der fortdauernden Bewahrung der Oligarchie liegt, die seine Macht sichert. Keine Ideen für eine nachhaltige Erneuerung Russlands, kein Zeichen von Veränderung, vor allem kein Zeichen für das Entstehen dessen, was wir als Zivilgesellschaft bezeichnen.

Wladimir Wladimirowitsch ist ein Getriebener seines eigenen Systems aus einem Militarismus, der gleichsam als Motor für die weitestgehend veraltete Inlandsindustrie und Identifikationsschablone für ein zutiefst verunsichertes Volk dient auf der einen Seite und einer repressiven Unterdrückung alternativer politischer Kräfte auf der anderen Seite. Und solange die Russen nicht begreifen, dass dieser Macho, dem sie hinterher rennen, sie immer nur weiter zurück wirft, weil sich die Welt auch ohne sie vorwärts bewegt, wird sich das Land auch nicht erneuern können. Ich hatte ja mal gesagt, dass die Russen im Moment gefühlt ungefähr da sind, wo unsere Vorväter zu Zeiten der Weimarer Republik waren, ganz kurz vor der so genannten „Machtergreifung“ – hier noch mal für alle zum Mitschreiben: die NSDAP wurde Kraft Wahl zur stärksten Gruppe im Parlament und genoss auch unter den Vertretern anderer Parteien Sympathien. Es ist also weder hier noch anderswo ohne Präzedenz, dem Nationalisten-Pack zu folgen. Zu dieser Einschätzung stehe ich, weiß leider aber auch nicht, was man tun könnte, um eine tiefgreifende Demokratisierung in Gang zu setzen.

Und nun operieren russische Truppen in Syrien, vollkommen intransparent, Seite an Seite mit Assads Leuten, der jedoch seine Legitimation als politischer Führer dieses Landes mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen seine eigene Zivilbevölkerung absolut und unwiederbringlich verwirkt hat. Natürlich jammern nun die Nato-Mächte, ist der Schachzug als Mittel zur Stärkung von Russlands geopolitischem Einfluss in dieser Region doch nur allzu durchsichtig. Die eigene Bigotterie, selbst die unschuldigen Zivilisten zu Faustpfändern der eigenen Einfluss- und Verwertungsinteressen gemacht zu haben wird dabei geflissentlich unter den Teppich gekehrt.

Mir persönlich fällt es in dieser Situation schwer zu sagen, wer sich dabei mit mehr Blut beschmiert hat, doch eines stößt mir übel auf: das die Weltgemeinschaft es Putin erlaubt, sich durch undurchsichtige Luftschläge gegen unbekannte Ziele zum Retter Syriens zu stilisieren, um so wieder von seinen innenpolitischen Winkelzügen abzulenken. Dies unwidersprochen geschehen zu lassen, bestärkt allenfalls antidemokratische Kräfte, spielt Kriegsgewinnlern in die Hände und wird sicher nicht zu einem Rückgang der Flüchtlingsströme führen. Tja, Pfui Deibel, und wieder sind überall nur Opportunisten zu sehen!

Heute mal linke Polemik

Ich habe jetzt angefangen, auf Fratzenbuch deutliche Kommentare bei jenen zu hinterlassen, die rechte Scheiße teilen und liken. Es nutzt nur nichts und ich weiß nicht, ob ich schon so weit bin, diese Leute einfach abzuschreiben. Grundsätzlich geht es mir heftig gegen den Strich, eventuell die Idee aufgeben zu müssen, dass Menschen allgemein der Vernunft zugänglich sind UND das faschistisches Geseire nicht vernünftig sein kann, weil es grundlegende Menschenrechte in Abrede stellt. Man könnte jetzt einwenden, dass die Menschenrechte, von denen ich rede eine „Erfindung“ der Neuzeit sind und dass man früher seine Grenzen auch mit Waffengewalt verteidigt hat. Das Internet ist allerdings auch eine Erfindung der Neuzeit und DAS wird von den dämlichen Faschos ja nun wirklich gerne genutzt.

An anderer Stelle habe ich darauf hingewiesen, dass die Flüchtlingskrise keine einfachen Antworten zulässt, weil sie aus vielschichtigen Sachverhalten resultiert, an welchen die Führer der freien Welt im Übrigen durchaus eine Mitschuld tragen. Selbstverständlich sind Politiker zuallererst den Interessen ihres Wahlvolkes verpflichtet und damit automatisch den innenpolitischen Erfordernissen ihres Heimatlandes, seien diese nun sozialer, wirtschaftlicher oder die Sicherheit betreffender Natur. Allerdings dabei die Interessen der anderen Nationen und ihrer Bewohner vollkommen unter den Tisch fallen zu lassen, bzw. diese bewusst zu missachten, ist nicht nur aus der Sicht Kant’scher Moralphilosophie fragwürdig. Leider ist jedoch genau solches Verhalten – zumindest verkürzend beschrieben -Hauptursache für die meisten Übel unserer Zeit, so auch für die Misere in Syrien, welche die Menschen nun in Scharen quer durch Europa und schließlich vor unsere Haustüren treibt.

Natürlich werden jetzt die „Das Boot ist voll“-Rhetoriker wieder geifern, dass wir uns nicht um die Probleme gänzlich Fremder scheren dürfen, so lange wir selbst genug davon haben. Geht man diesen Problemen aber auf den Grund, haben sie alle die gleichen Ursachen; nämlich die ungezügelte, unregulierte, unaufhaltbare und unglaublich unmoralische Habgier der besitzenden Klasse – oder vereinfacht gesagt, die entfesselte Gewalt des Neoliberalismus. Klingt das jetzt irgendjemandem zu radikal links? Dem entgegne ich folgende Fragen: warum investiert man Geld in Propaganda die behauptet, dass wachsende soziale Ungleichheit nicht schlimm ist, weil die einen einfach mehr verdienen, als die anderen? Ist die Arbeit des Unternehmenslenkenden Wirtschaftswissenschaftlers wirklich mehr als 300mal so viel wert, wie die des einfachen Produktionsarbeiters, der noch dazu als Leasingkraft angestellt ist und deshalb trotz 40 Wochenstunden Stütze beziehen muss? Diesen Lohn, den das Unternehmen spart, zahlen die normalen Werktätigen, denn durch die vielen legalen Schlupflöcher zahlen Unternehmen viel zu geringe Abgaben auf ihre erwirtschafteten Gewinne. Ach ja, ich weiß, das sind ja alles unbewiesene Behauptungen und nur unreguliertes Unternehmertum erzeugt Wertschöpfung. Nur komisch, dass Herr Grupp von Trigema das auch anders hinkriegt…

Mir ist schmerzlich bewusst, dass auch die besten Argumente und Beweise für den Arsch sind, wenn das Gegenüber sich eine Meinung gebildet hat, die in sein Weltbild passt. Aber auch mir hat manches nicht ins Weltbild gepasst; zum Beispiel, dass mit aufgenommenen Flüchtlingen nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Das manche Menschen, die hierher kommen seltsame Vorstellungen davon haben, was jemandem wohl zusteht, der zu der Solidargemeinschaft, in welche er zunächst erst integriert werden muss noch gar nichts selbst beigetragen hat. Und das bei so vielen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen Reibungsverluste vorprogrammiert sind. Das manche Menschen, die da von weit herkommen, Vorstellungen in Kopf und Herz mit sich herumtragen, die nur schwer, manchmal auch gar nicht mit unserer Demokratie vereinbar sind. Überdies sind offenkundig auch manche Zuwanderer schlimme Rassisten, die zu erziehen schwierig werden könnte, eventuell sogar unmöglich. Was machen wir mit denen?

Weiß man noch nicht, aber es gemeinsam herauszufinden ist vermutlich die schwierigste Aufgabe, denn Häuser zu bauen und passende Jobs zu finden ist ein eher mechanistisches Unterfangen. Seelen und Herzen für unsere Art zu leben einzunehmen, dürfte da weitaus fordernder sein. Und dennoch ist es die größte Chance, die wir bekommen, um die rapide überalternde Gesellschaft zu verjüngen, ihr eine Zukunftsperspektive zu geben. Denn welchen Wert hätte unsere Art zu leben, egal wie gut oder schlecht sie gegenwärtig auch sein mag, wenn wir keine Möglichkeiten mehr hätten, sie weiterzugeben. Sie mag sich dabei verändern, so wie sie es schon immer getan hat. Ich bin jedenfalls gespannt, wohin uns der Weg führt. Gehen wir ihn doch mal zusammen, anstatt einander zu hassen – auch wenn’s bedeutet, mal links abbiegen zu müssen…

„Statikultur“ – oder warum dumme Menschen glauben, dass Veränderung gefährlich ist!

Jo mei, der Söder, dieser alte Populistenbazi. Man sieht schon daran, dass man nur einen Buchstaben ändern müsste, um genau erkennen zu können, wo dieser Mann politisch wirklich steht. Jetzt hat er gesagt, dass der „Zustrom an Asylsuchenden die Statik unserer Kultur nachhaltig beeinflussen würde“; gemeint war natürlich, „diese Fremden machen mir mein Land kaputt, weil sie unsere Kultur nicht respektieren und sich nicht einfach assimilieren lassen“. Das Kultur an sich nichts Statisches, also Feststehendes, Unveränderliches ist und somit ihrer Natur nach auch keine inhärente Statik haben kann, ignoriert er dabei geflissentlich. Vielleicht hat er dies auch bis heute nicht kapiert, würde mich bei seiner Vita nicht wundern, ist Markus Söder doch vor allem an Markus Söder interessiert. Aber da ist er ja nur einer von vielen (Politikern)…

Nun ist es aus meiner Sicht so, dass wir einfach viel zu viele Leute von den beiden gesellschaftlichen Extremrändern haben, welche die Debatte um Sinn und Ziel von Zuwanderung in Zeiten wie diesen an sich gerissen haben und mit ihrem dogmatischen Geschrei jede Position in der Mitte niederbrüllen. Dabei werden oft möglicherweise richtige Dinge aus den falschen Motivationen heraus geäußert. Für die Unternehmer ist eine größere Konkurrenz um beschissen bezahlte Jobs – die zu noch beschissener Bezahlung führen wird, auch wenn’s keiner zugeben will – natürlich sehr willkommen. Gewiss gibt es unter den Migranten viele gut ausgebildete Menschen ; das Gegenteil ist aber mindestens genauso oft der Fall, da in den Herkunftsländern eine geordnete Berufsbildung wie in der BRD nur selten stattfindet, woraus folgt, dass viele nicht über eine fundierte Ausbildung im hier üblichen Sinne verfügen, oder aber keine Zertifikate über ihre Fähigkeiten vorweisen können. Und die landen alle in prekären Beschäftigungsverhältnissen, welche es nur deshalb gibt, weil Wirtschaft und Politik so verdammt gut vernetzt sind => lest endlich mal was Vernünftiges, zum Beispiel Colin Couch.

Aber es gibt auch andere Positionen. Die einen zelebrieren Willkommenskultur aus dem bislang unbefriedigten Bedürfnis heraus, gute Menschen zu sein – und es auch zeigen zu können. Die anderen wissen instinktiv, dass die Konkurrenz um ihre beschissen bezahlten Jobs oder auch staatliche Transferleistungen härter werden wird und fackeln dann Asylbewerberunterkünfte ab. Ja, der Spruch ist plakativ und nicht jeder mentale Nazi wird wirklich so radikal. Die meisten sondern nur verbalen Ausfluss ab, der mit „aber…“ endet. Auch das ist allerdings wenig hilfreich. Irgendwo in diesem Spannungsfeld zwischen Abstiegsangst, blindem Hass auf alles Fremde, opportunistischen Ausbeutungsinteressen, Gutmenschenreflexen und weitgehend planlosen, von ihren unreflektierten Doktrinen getriebenen Verantwortlichen liegen ein paar Wahrheiten, die für beide Parteien schwer verdaulich sein dürften.

Ja, es gibt Probleme: die Leute die hier ankommen sind nicht alle nett und devot und friedlich und können nicht von alleine unsere Sprache, geschweigen denn das sie alle Regeln kennen können, die hier gelten. Sie können oft auch nicht mit den anderen Asylbewerbern, weil sie aus den unterschiedlichsten Kulturen kommen, teilweise traumatisiert sind und dann hier auf engstem Raum eingepfercht werden müssen, weil sich niemand frühzeitig besonnen hat, dass die Grenzen aufzutun eine Sogwirkung haben könnte, die nicht mehr kanalisierbar ist. Logistisch war keiner auf solch einen Ansturm vorbereitet, weil das Bundesinnenministerium monatelang den Kopf in den Sand gesteckt hat, nach dem Motto „wenn ich es nicht sehe, ist es auch nicht wahr!“. Überdies hat man uns alle mit zu kleinen Zahlen bewusst belogen. Vor allem die Bundespolitik hat versagt, mit Ansage und auf ganzer Linie!

Die Folgen sehen wir nun in unseren Kommunen, vor unseren Haustüren: Unterkünfte, die aus allen Nähten platzen, was regelmäßig zu Auseinandersetzungen mit Polizei und Rettungseinsätzen führt. Wen’s wundert, sind die LEAs und BEAs sozial und medizinisch doch wie Schnellkochtöpfe auf zu heißen Platten. Diese Symptome schlechten Managements, schlechter sozialer und medizinischer Betreuung durch mangelhaft ausgebildetes und überfordertes Personal – abgestellt von privatwirtschaftlichen Unternehmen, die sich hier einfach nur goldene Nasen verdienen wollen – und daraus sichtbar resultierenden Konflikten sind natürlich Wasser auf den Mühlen der „Ich bin ja kein Nazi, aber…“-Fraktion. Dabei wären all diese Folgen vermeidbar gewesen, wenn man a) von Anfang an ehrlich zu sich, uns und vor allem den potentiellen Zuwanderern gewesen wäre, b) viel früher, umfassender und entschlossener in Syrien bzw. gegen den IS interveniert hätte und c) Schäuble, diesen größten aller Demokraten endlich in die Rente geschickt hätte. Dann hätte er nicht so viel Porzellan zerschlagen und so viele Menschen kaputt gespart, diese dumme, alte Schwabe!

Abseits all dieser Probleme könnte man nun das ehrenamtliche Engagement loben, dass vielerorts die letzte Barriere vor einem endgültigen Kollaps der Situation darstellt. Und tatsächlich haben die Helfer für ein warmes Dankeschön Großartiges geleistet. Doch mittlerweile laugt dieses fast selbstverständliche Abrufen von Leistungen, die eigentlich für Katastrophenfälle gedacht waren alle Beteiligten aus und schmälert unsere Kapazitäten für die Bewältigung stets möglicher, anderer Krisen fast bis auf Null. Die Flüchtlingskatastrophe wird zur Normalität gestylt, die Zeche soll wieder die Zivilgesellschaft zahlen und damit jeder von uns, egal, ob er aktiv hilft oder nur sekundär darin verwickelt wird. Und der Finanzminister will in anderen Ressorts sparen. Wahrscheinlich bei der Bildung und im öffentlichen Dienst, die können sich ja am schlechtesten wehren, weil diese Bereiche schon lange keine Lobby mehr haben.
Hätte Frau Dr. Merkel einen Arsch in der Hose, flöge sie nach Damaskus, um Assad die Leviten zu lesen. Kanonen-Uschi würde schon mal einen Syrien-Einsatz planen. Der alte Schwabe würde die Kohle auftreiben, ohne jene zu gängeln, die eh schon zu wenig haben. TTIP-Siggi würde zusammen mit Lobby-Andrea ein Konzept erarbeiten, wie man schnell und effektiv von staatlicher Seite Beschäftigung fördert, indem man Sozialarbeiter, medizinische Fachangestellte und Kommunale Angestellte zur Bewältigung des Flüchtlingsstromes anstellt und staatliche Bauprojekte für LEAs und BEAs mit menschenwürdiger Ausstattung und Platzangebot ankurbelt. Damit könnte man auch gleich Arbeitsplätze für Neubürger schaffen, die sich dann gleich um ihre Nachfolger verdient machen könnten, während der näselnde Saarländer ein vernünftiges Zuwanderungsgesetz entwerfen lässt. Für Altbürger, die wirklich arbeitswillig sind fände sich da gewiss auch jede Menge Beschäftigung.

Und was passiert stattdessen? Jeder ist krampfhaft bemüht, sich in eine gute Position für den nächsten Wahlkampf zu bringen, es bewegt sich nichts, die Stimmung wird immer schlechter und die Situation immer bedrohlicher. Keinen Arsch in der Hose, keine nachhaltige Vision – sorry Steinbück, aber deine dummen Äußerungen holen dich bei mir immer wieder ein – alles nur Reaktion und die stets zu klein, zu langsam, zu wenig, zu zaghaft, zu politisch. Es fehlt nicht viel, dass radikale Kräfte endgültig die Deutungshoheit übernehmen und Mutti rautet immer noch von sich selbst berauscht von Gipfel zu Gipfel, ohne wirklich was zu reißen. Jetzt wisst ihr, warum ich in letzter Zeit nichts geschrieben habe: ich hatte vor lauter Arbeit und Kotzen keine Zeit zum Schreiben…

Mentalhygiene

Ich zelebriere in meinem Blog gerne mal Gelehrsamkeit, erhobene Zeigefinger, Moralkeulen und andere Dinge, die Menschen vor den Kopf stoßen können. Das ist im Lauf der Zeit ganz nebenbei zu meiner Art geworden, mit dem umzugehen, was sich so tagtäglich vor meinen Augen abspielt; ich meine damit weniger den üblichen Wahnsinn des Kinderhabens, auch wenn der nicht immer leicht zu verkraften ist. Ebenso wenig spiele ich damit auf die Unwägbarkeiten meines Retter-Lebens an, denn davon gibt es zu viele und sie sind für Outsider zu schwer zu verstehen, als dass ich sie öffentlich breit treten möchte. Nur als kleine Anmerkung hierzu: wenn ich Blogs von Kollegen rings um den Globus lese, entsteht durchaus der Eindruck, dass die Probleme und Sorgen in den entwickelten Nationen überall die gleichen sind. In den nicht so entwickelten haben die Kollegen wahrscheinlich weder Zeit, noch Muße, noch Geld, um zu bloggen. Doch zurück zum Sujet; auch mein Studium ist nichts, was sich tagtäglich vor meinen Augen abspielt, sondern etwas, dass ich bewusst gewählt habe, anstatt dass es mir einfach passiert…

Was mir aber immer wieder passiert ist, dass ich Menschen dabei beobachten darf, dass sie aus den verschiedensten Gründen die falschen Entscheidungen treffen – das Gegenteil kommt auch vor, aber nicht so oft – und damit nachhaltig zerstören, anstatt tatsächlich nachhaltig zu erhalten oder gar wachsen zu lassen; zum Beispiel die Existenzen von Menschen, die keine Lobbyverbände und keine echte politische Macht haben. Oder dies zumindest denken. Doch wer sind jene, welche die Fehler begehen? Man könnte zu kurz denken und sagen: die Politiker! Oder vielleicht auch unsere tollen Wirtschaftskapitäne, die in der Mehrzahl nur auf kurzfristige Gewinnerwartungen und Börsenkurse schielen! Und natürlich deren Gewährsleute, die dafür sorgen, dass die Politik auch weiterhin die Voraussetzungen für eine sichere Umverteilung von Unten nach Oben schafft bzw. diese erhält! Doch wie bereits angemerkt greift dieser Gedanke zu kurz, denn indem wir, also du, ich, wir alle die Vorgenannten gewähren lassen, ohne unsere Mittel voll auszuschöpfen, legitimieren wir durch unser Stillschweigen deren Tun – und verwirken damit gleichzeitig auch unser Recht, hinterher zu jammern, wie schlecht es uns doch geht und wie Scheiße diese Typen da oben doch sind.

Frau Dr. Merkel wäre nicht so erfolgreich mit ihrer Magie des präsidialen Nichtstuns, flankiert von de harten Hand gegen die bösen Anderen – im Moment sind ja grade Griechen en vogue, mal schauen, wer dann vor der nächsten Wahl opportun erscheint – wenn die Wahlschafe nicht jedes einzelne Mal wieder dumm ihr Kreuzchen irgendwohin malen und denken würden, damit sei der Demokratie dann aber auch genüge getan. Unser Staat ist gewiss weit davon entfernt, perfekt organisiert zu sein, aber gerade das sollte uns Anlass und Grund genug sein, dies nicht hinzunehmen, sondern das in unserer Macht stehende z tun, um es besser hin zu kriegen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger sind wir uns und unseren manchmal nervenden Kindern schuldig. Und deshalb werde ich unbequem bleiben, vielleicht sogar noch unbequemer werden; um nämlich an den vielen Sofas zu rütteln, in denen unsere in den Topor gemerkelte Nation dahinsiecht. Und ganz nebenbei betreibe ich mentale Hygiene, indem ich den Duck in meinem Kopf weitergebe. Daher auch weiterhin viel Spaß mit meinem Schmerz!

Kairos – mal wieder

Menschen sprechen ja ganz gerne mal von einer „glücklichen Fügung“, wenn ihnen etwas Gutes wiederfährt, wenn etwas Wichtiges klappt – insbesondere, wenn dies wider Erwarten der Fall ist – oder wenn ihnen unverhofft Fortuna hold ist. Ich persönlich denke ja, dass beim Gelingen eine Handlung weniger die Fügung sondern mehr die Fertigkeit den Ausschlag gibt. Zumindest ist man üblicherweise besser dran, wenn man auch beherrscht, was man anstellen möchte. Und Fortuna? Nun ja, sie kann einem beim Spiel helfen, wenngleich nicht alles auch ein Spiel ist, was wie eines aussieht. Ihr könnt ja mal Johnny Hooker und Henry Gondorff fragen(*). Was nun das Gute, welches einem einfach passieren kann angeht, so spielt Glück hier gewiss eine Rolle, aber nur eine von vielen, weil auch Elemente, die man eher dem bewussten, planvollen Vorgehen zurechnen würde in solchen Situationen eine Rolle spielen.

Wenn sich aber die Dinge einmal glücklich gefügt haben, also durch Anstrengung, Überlegung und das – manchmal – nötige Quäntchen Glück die Dinge eines zum anderen fiel und am Schluss alles irgendwie besser gepasst hat, als zunächst gedacht, dann sind wir in jenem Bereich, wo der Kairos regiert. In der griechischen Mythologie ist Kairos – der (glückliche) Augenblick – das Gegenstück zu Chronos – dem Zeitverlauf – und hatte sogar seine eigene anthropomorphische Personifizierung. Vulgo, der Augenblick wurde zum Gott, welcher für „die Gunst der Stunde stand“. Man dachte dabei an Momente, die für besondere, große Taten günstig seien; doch heutzutage darf man beim Kairos ruhig auch an andere günstige Gelegenheiten denken, die beim Schopfe zu packen oft eines gewissen Mutes, manchmal bestimmter Talente, aber eigentlich immer des Glückes bedarf.

Des Glückes, diesen Moment und die Chance, welche ihm innewohnt erkennen zu können. Des Glückes, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Des Glückes über notwendige Ressourcen zu verfügen. Und schließlich des Glückes, sein Glück begreifen und genießen zu können. Wem das nicht verständlich scheint, der stelle sich einfach vor, er sei im Urlaub und der Vermieter böte ihm an, kostenfrei noch etwas länger bleiben zu dürfen!

Wie dem auch sei, ich musste darüber nachdenken, wie oft, ohne dass man es merkt und damit auch, ohne dass man es angemessen würdigt solche Dinge geschehen, wir unsere Chancen nutzen, somit unser Leben einen anderen Verlauf nimmt und etwas verändert wurde, obschon wir uns doch so fest – manchmal zu fest – in der sicheren Bahn unserer Existenz wähnen. Hätte, hätte, Fahrradkette. Ich habe schon ein paarmal gesagt, dass ich nichts bereue und mein Leben mag, so wie es heute ist. Einzig ist mir eben bewusst geworden, dass ich all das, was ich bin und habe nicht oft genug feiere! Und damit bin ich gewiss nicht allein. Sicher, ich könnte damit hadern, noch nie im Lotto gewonnen zu haben, mich nicht für eine pekuniär erfolgreichere „Karriere“ entschieden zu haben, oder die falschen Freunde zu haben; also eben nicht solche, von denen ich mir leichte Kohle versprechen könnte. Aber ich liebe meine Lieben und meine Freunde, ich mag meinen Beruf und auch was ich studiere. Und ich finde meine Freude meistens an Dingen, die man nicht kaufen kann. Und der nächste Kairos? Nun, er kommt bestimmt, mal sehen, was ich mit ihm oder er mit mir anstellt…

(*) Für Leute, die keine solchen Cineasten sind: Johnny Hooker und Henry Gondorff sind die Hauptfiguren des Gaunerstreifens „Der Clou“ von 1973. Wer stylische Heist-Movies mag, wird ihn mögen, spielt aber in den 30ern.

A snipet of education

Ich habe eine Meinung und ich werde sie kundtun; ist natürlich weder das erste, noch das letzte Mal, aber in diesem Fall werde ich mich einer allzu weit ausufernden Argumentation enthalten, darum sofort zum Faktum: Bildung ist KEINE Ware und darf auch nicht als solche behandelt werden!

Wenn Bildung als Ware behandelt wird und von privaten oder semi-privaten Anbietern „geliefert“ wird, sind diese Anbieter der Marktlogik unterworfen und müssen demgemäß entweder die Leistung billigst möglich, bzw. möglichst effektiv produzieren, oder aber exorbitante Preise verlangen, um ihr Profitinteresse befriedigen zu können. In jedem Fall aber können sie den staatlichen Bildungsauftrag unterlaufen, indem sie ein Angebot-Portfolio zusammenstellen, welches dem auf der anderen Seite des Vertrages gelegenen Verwertungsinteresse entgegen kommt. Denn so wie ein kommerzieller Anbieter von Bildung damit Geld verdienen will, erwartet der Abnehmer, durch die bezogene „Ware“ bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erzielen. An Berufsfachschulen mag dieses priorisierte Streben nach ökonomisch verwertbarem Wissen ja gerade noch angehen, doch wenn solche Tendenzen sich auch in unserem allgemeinen Bildungssystem zeigen und von – ich muss es leider in aller Form sagen – vollkommen bescheuerten Erziehungsberechtigtoiden auch noch mit Macht voran getrieben werden, kommt dabei etwas unter die Räder, was wir dringend brauchen: am humanistischen Ideal orientierte, ganzheitliche, staatsbürgerliche Erziehung. Und eben nicht die Anhäufung enzyklopädischen Wissens, oder etwa das Vermitteln von Skills zur Frühpropädeutik von Beruftauglichkeit.

Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn junge Menschen in der Schule mal in die Arbeitswelt hinein schnuppern können, oder so genannte Soft-Skills wie Teamfähigkeit, Soziabilität, usw. erlernen; aber das darf nicht als Ersatz für die Grundlegung eines moralisch-ethischen Kompasses dienen, oder die Entwicklung eines Verständnisses für unsere Geschichte, die Verfasstheit unseres Staatswesen und die daraus erwachsenden Verpflichtungen! Denn wohin unser Land treibt, wenn junge Menschen zwar u.U. super für ihren Job ausgebildet werden, jedoch kein Verständnis für und anscheinend auch kein Interesse an den Fragen haben, die zu beantworten die Zukunft unseres Landes bestimmen wird – soziale Ungleichheit, europäische Einheit Flüchtlingsproblematik, etc. – kann man erahnen, wenn man zum Beispiel nach Freital in Sachsen schaut…

In so einem Land möchte ich nicht leben. Und ich hoffe sehr, mit dieser Meinung nicht alleine dazustehen, weshalb ich mich gegen Eingriffe in die Bildung aus puren Verwertungsinteressen verwehre. Im Übrigen versuche ich, auch den Azubis, mit denen ich persönlich zu tun habe mehr zu vermitteln, als nur die „tricks oft the trade“. Zum Beispiel Einblicke in die ethischen Dilemmata, denen man begegnen kann, sowie eine insgesamt gesunde Einstellung zum eigenen Beruf. In diesem Sinne, bis die Tage mal wieder.