New Short #3 – Familienstress

Immer wieder werde ich von der besten Ehefrau von allen freundlich darauf hingewiesen, dass ich meine Termine doch BITTE in den Familienplaner eintragen soll, damit man auch bei mir endlich mal weiß, wann irgendwas ansteht. Es handelt sich dabei übrigens um einen archaischen Wandkalender, der recht prominent neben der Küchentür hängt. Wir reden hier jetzt nur über Dinge abseits der Routine, wie etwa Arzttermine, längere Dienstreisen, einen der sehr seltenen Kneipenabende mit alten Freunden oder ähnliches. Doch so zuverlässig, wie ich selbst vergesse auf diesen Kalender zu schauen, um irgendwas über die whereabouts meiner Lieben zu erfahren, um dann zufällig auftauchenden Teilen meiner Mischpoke blöde Fragen zu stellen, schreibe ich auch so gut wie nie irgendwas rein. Meine Nicht-Strategie besteht stattdessen darin, in wiederkehrenden Zyklen auf bestimmte zukünftige Ereignisse hinzuweisen. In aller Regel sieben, drei und einen Tag vorher – nur um dann regelmäßig in erstaunte Gesichter zu blicken, wenn ich so was sage wie “Ich bin dann jetzt mal weg.” oder “Warte heute Abend nicht auf mich.” oder “Bis übermorgen.”. Was soll ich sagen…? Man könnte in diesem Zusammenhang vermutlich jedes erdenkliche Medium zu nutzen versuchen – es würde einfach nichts bringen, wenn der jeweilige individuelle Modus Operandi der beteiligten Personen nicht darauf konditioniert ist. Und… ganz ehrlich, mit zunehmendem Alter wird das mit dem Konditionieren schwieriger. Das alles wäre kein Problem, wenn nicht die Aktionsradien aller Familienmitglieder mittlerweile einen erheblichen Umfang erreicht hätten.

Die beste Ehefrau von allen ist jetzt selbstständig, was bedeutet, dass Sie regelmäßig bei ihren Kunden vorbeischauen muss. Die große Tochter verjährt sich bald zum 17. Male und die kleine zum 13., was im Klartext bedeutet – die machen (mehr oder weniger) ihr eigenes Ding. Da sie aber noch nicht volljährig sind, ist man als Elter dazu verpflichtet, ab und an Sorge dafür zu tragen, dass sie nicht zu Unzeiten draußen rumstromern und wer weiß was tun. Ich bin da oft (allerdings nicht immer) entspannt, weil ich weiß, dass beide vernünftig genug sind. Nur auf die Umwelt hat man keinen hinreichenden Einfluss, weshalb dennoch Sorgen entstehen, wenn’s mal länger dauert. Es empfiehlt sich übrigens – im Sinne der eigenen Gesundheit – dann nicht jedes Mal irgendwelche Schokoriegel in sich rein zu stopfen. Ich bin auch ich selbst, wenn ich mich über familiäre Unzuverlässigheiten ärgere, da brauche ich keine Hilfe von Mars Incorporated… Und ich selbst habe seit einiger Zeit eine Leitungsposition, die mich ab und zu auf Reisen durch “The Länd” und andere Teile der buten Bananrepublik führen. Also kurzum, die Zahl der Termine hat sich in den letzten Jahren vervielfacht, was dazu führt, dass es vielleicht sinnvoll gewesen wäre, sich ein neues System zum Halten des Überblicks zu überlegen. Doch unterdessen stelle ich fest, dass jede*r für sich seine/ihre Termine zumeist ja ziemlich gut im Griff hat. Womit wir bei der eigentlichen Frage wären: wie viel MUSS ich über die Aktionen/Unternehmungen meiner Lieben tatsächlich wissen? Bis wohin reden wir noch über gerechtfertigets Interesse, bzw. partnerschaftliche Anteilnahme – und ab wo von übergriffiger Überwachung; insbesondere mit Blick auf die Kinder? Muss wohl jeder selbst austarieren. Dennoch höre ich immer wieder, ich soll doch BITTE meine Termine eintragen. Aber ich lebe für einen 51jährigen durchaus digital… ich nutze die entsprechenden Medien so selbstverständlich, dass ich auf den dämlichen Kalender einfach so gut wie nie achte. Er hängt halt da…

Die Botschaft hört’ ich wohl, jedoch mir fehlt die Lust. Die Lust, mich damit ernsthaft auseinanderzusetzen, weil a) eine andere technische Lösung relativ schnell nutzlos würde, weil sie genauso niemand nutzt, b) mein Hirn mit den allermeisten Anforderungen immer noch ziemlich gut mitkommt, weshalb ich diesen dämlichen Planer nicht benutze, denn ich brauche ihn nicht und c) ich nicht allein mit der Angelegenheit bin. Würde es bei den anderen wirklich so viel Schmerz verursachen, manchmal nicht genau zu wissen, wann ich was treibe, wie es für mich manchmal ganz kurz den Anschein hat, dann wäre ich schon vor langer Zeit zur Implementierung einer neuen Strategie GENÖTIGT worden. So schlimm kann es also gar nicht sein. Ich weiß ja nicht, wie es euch da draußen so geht, aber mich nervt der Gedanke an feste Terminpläne abseits der Arbeitswelt irgendwie mehr als nur ein bisschen. ich möchte mir das Gefühl bewahren, dass meine Leisuretime mir gehört… wenigstes ein bisschen. In diesem Sinne – schönes Wochenende. Was wir gemeinsam vorhaben hat die beste Ehefrau von allen ja bestimmt schon lange eingetragen… 😉

Auch als Podcast…

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