Lauernde Bestien

Es wäre definitiv keine Übertreibung zu sagen, dass ich nicht nur eine Sommer-, sondern auch eine Nerdstuff-Hure bin. Ich wurde diesbezüglich in jenem dunklen, prähistorischen Zeitalter der späten 80er und frühen 90er des vergangenen Jahrhunderts sozialisiert, als die UDSSR, aka „Imperium des Bösen – damals wusste ich noch nicht, das zum Bösesein immer zwei gehören – gerade im Untergang begriffen war, zwei Deutschlands zumindest auf dem Papier zu einem wurden und viele Dinge wie Bücher, VHS-Kassetten, etc noch unter der Hand kopiert werden mussten, weil manche Dinge in Deutschland nicht so leicht zu bekommen waren. Pen’n’Paper war damals ein absolutes Nischenhobby, Animes sowieso, und die musikalischen Absurditäten, welche ich zu konsumieren beliebte (Metal, Punk, Gothic, Batcave, Industrial, Industrial Electro, etc.) ebenso. Man lief zwar als Nerd damals nicht so sehr Gefahr, verprügelt zu werden, wie dies evtl. in den Staaten der Fall war – den Außenseiterstempel bekam man trotzdem. Ich habe das immer ein kleines bisschen versteckt, weil ich eh nicht „one of the cool kids“ war. Irgendwann hat’s mir aber nix mehr ausgemacht, weil ich bemerken durfte, dass es andere gab, die ähnlich drauf waren wie ich.

Keine lauernden Bestien in Sicht – selbst die Menschen verstecken sich…

Ich lernte meine beste Ehefrau von allen in jener Zeit kennen und lieben – und natürlich teilten wir die Leidenschaft für so manches Hobby und/oder Medienprodukt. Über die Jahrzehnte haben sich unsere Geschmäcker beim Medienkonsum zwar ein wenig ausdifferenziert, aber manche Dinge sind immer noch gleich. So auch die Liebe für diverse Filme, die heutige Kinogänger als altmodisch oder langsam betrachten würden. Aber wenn ich mir so manches dieser modernen, hektischen Schnittgewitter anschauen muss, bekomme ich eher Brechreiz, als dass ich die Dynamik erkennen kann, welche Cutter und Regisseur vermutlich damit erzeugen wollten. Früher hat man mit kassischen Center-Framing, Kamerafahrten von der Totale ins Detail, Aufnahmen an ECHTEN LOCATIONS und ähnlichen cinematischen Kniffen, die man heute vergessen glauben muss, wenn man nur Blockbuster konsumiert, visuelle Erfahrungen geschaffen, von denen nicht wenige den Test of Time ziemlich gut bestehen. Vielleicht, weil man einigen einfach anmerkt, wie viel Herzblut, Handarbeit, Kreativität in die Erschaffung geflossen sind. Man kann sich dabei natürlich an Filmkritikern orientieren (Roger Eberts Verrisse waren ja legendär), oder man akzeptiert einfach, dass der eigene Geschmack nicht zwangsläufig am Mainstream ausgerichtet sein muss. Ist sowieso immer die bessere Idee, nicht blind und blöd hinter der Herde herzutraben. Manchmal machst du das nämlich, kuckst dich noch mal um, und bist plötzlich ein Nazi! Wird MIR nicht passieren.

Lauernde Bestien waren in diesem Zusammenhang z. B. „Der Geist und die Dunkelheit“. Und weil man über Geschmack nicht streiten soll sage ich dazu nichts weiter. Nur so viel: das war zwar damals kein Nerdstuff; manchmal muss man aber einfach nur warten, bis die Sachen, die man gut findet dazu mutieren, weil die Mainstream-Karawane weiterzieht und anderes abfeiert. Eine Zeitlang fand ich z. B. Superhelden-Filme ganz nett. Bis man merkte, dass Marvel die Kuh totgemolken hat. DC hätten das auch gerne hinbekommen, aber bei denen war das CGI schon am Anfang so Kacke, wie das JETZT auch bei Marvel der Fall ist. Außerdem war ihre Scripts immer schon zu ernst, ohne relevant zu wirken. Jetzt langweilt aber auch der ganze aufgesetzte, möchtegernwitzige Scheiß bei Marvel einfach nur noch. Natürlich sind alle Grundgeschichten schon lange erzählt. Schließlich gibt’s uns Menschen und das Geschichtenerzählen schon eine ziemliche Weile, und die Themen wiederholen sich zwangsläufig. Aber ich brauch was Frisches. Leider wollen die Geldgeber im Business raschen Return of Investment, weshalb man nur noch Franchises und Remakes auswalzt, um halbwegs sicher Kasse machen zu können – der Mainstream ist eben halbwegs berechenbar. Da lasse ich mich lieber noch mal von den alten Bestien belauern und genieße schöne Aufnahmen, für die man keinen Greenscreen ins jeweils billigste Produktionsland stellen, und Zulieferer knechten musste. Für MICH immer noch erheblich inspirierender, als dieser ganze moderne, ewiggleiche Retorten-Dreck. Ist wie mit aktueller Pop-Musik – hast du einen Song von Taylor gehört, hast du alle gehört. Viel Spaß beim Haten – wir Nerds haben uns schon lange dran gewöhnt.

Auch als Podcast…

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