Etwas machen! Etwas NEUES machen! Der Wunsch, schöpferisch tätig zu sein wohnt – zumindest in meiner Wahrnehmung – nicht jedem Menschen inne. Muss er aber auch nicht, solange es nur genug von uns gibt, deren intrinsische Motivation über das bloße Besorgen des Notwendigen zur reinen Subsistenz hinausweist. Roboten, damit Essen auf dem Tisch steht, man ein Obdach und Kleidung hat, die vor dem Unbill der Umwelt schützen und etwas Unterhaltung, um sich vom gelegentlichen Elend durch das Roboten ablenken zu können, ist dennoch für niemanden von uns vom Tisch. Aber der Kreislauf des Kapitalismus verlangt von den allermeisten keine, oder nur sehr wenig Kreativität, keine Innovation, sondern lediglich Problemlösen im Rahmen definierter Parameter. Oft sind die darum entwickelten Arbeits-Vermeidungs-Strategien die höchste Form von Leistung, die man realistischerweise erwarten darf. Aber das Roboten in einem eng begrenzten Rahmen, das kriegen die Allermeisten allermeistens auch irgendwie hin. Das “irgendwie” im letzten Satz mag hierbei auf die Qualität des Hinkriegens hinweisen… MIR genügt es jedoch nicht, im Rahmen definierter Parameter zu “funktionieren”. Sprach ich nicht erst neulich von Leidenschaft? Von meiner ersten und größten Leidenschaft, dem Geschichtenerzählen? Vermutlich ein Tun, dass zumindest dann und wann ein wenig Kreativität fordern könnte. Allerdings sprach ich auch von Scheitern; und damit gleichsam von den Hindernissen, mit denen Kreativität zu kämpfen hat…. oder? Oder könnte es nicht vielleicht doch so sein, dass Hindernisse und Beschränkungen uns erst dazu anregen, etwas wirklich interessantes entstehen zu lassen?

Letzthin habe ich mich neu mit der Frage nach der Quelle meiner Inspiration auseinandergesetzt und bin dabei unter Anderem über ein Youtube-Video gestolpert, welches sich mit eben der Frage befasste: was machen Begrenzungen und Hindernisse mit unserer Kreativität? Spannend fand ich die hier gewonnene Erkenntnis, dass solche Herausforderungen diese eher steigern; undzwar durch die ihnen innewohnende Notwendigkeit, originelle Lösungen für ungeahnte Probleme finden zu müssen. Konfrontiert mit dem Mangel an Ressourcen wie Raum, Zeit oder Geld, eingeschränkt durch die verfügbare Technik (oder den Ausfall derselben) wird einfaches Problemlösen plötzlich oft genug zu einer eigenen Kunstform. Würde man immerzu aus den Vollen schöpfen können, jedes Problem sofort mit einer Reay-Made-Solution bombardieren können, wäre ein kreativer Prozess in etwa so, wie der durchschnittliche Schulweg irgend so eines behelikopterten Bonzen-Kindes in Hamburg: planiert von Mamas überteuertem SUV! Keine Anstrengung, keine Herausforderung, keine Notwendigkeit zur Kooperation – und damit absolut nix gelernt. Denn der Fond von so einem Möchtegern-Leistungsträger-Panzer ist das Sinnbild der Komfortzonen-Couch. Du wirst einfach über alle möglichen Hindernisse hinweg getragen. Doch erst, wenn du auf etwas stößt, dass dich bremst, dass dich irritiert, dass dich dazu zwingt, zur Seite zu gehen oder mit dem Klettern anzufangen, setzt du dich wirklich mit deiner Umwelt auseinander. Wenn man kreativ sein bzw. werden möchte, darf man niemals damit anfangen, immerzu die gleiche alte Antwort auf neue Fragen geben zu wollen. Man muss jede Herausforderung zu ihren jeweiligen Bedingungen annehmen und analysieren, um sie begreifen und bearbeiten zu können. Kreativität ist Lernen ist Kreativität. Und das strengt an! Das muss man wollen!
Welcher Art meine Beschränkung der Mittel in irgendeinem kreativen Prozess auch sein mag; ich sollte diese nicht von vornherein als Zeichen begreifen, es sein zu lassen, sondern so oft es geht als Ansporn sehen, neue Wege zu suchen; denn das Sprichwort “Not macht erfinderisch!” gilt nicht nur für Autowerkstätten im Südsudan. Nach meiner persönlichen Erfahrung ist es leicht, sich von auftauchenden Hindernissen entnerven, entmutigen, gar ganz vom Vorhaben abringen zu lassen. Das, was einen dann noch vorwärts treiben kann, ist intrinsische Motivation, kreativ sein zu wollen, etwas schaffen zu wollen und darum bereit zu sein, mit dem zu arbeiten was man hat – und das, was man nicht hat positiv auf den Prozess wirken zu lassen. Diese Motivation ist, wie bereits oben gesagt, keine Ressource, die jedem Menschen in gleichem Maße zur Verfügung steht. Und das ist auch okay so, denn kreativ sein zu MÜSSEN, weil es einem halt wichtig ist, kann gelegentlich durchaus mit Schmerzen verbunden sein. Dieser Drang entsteht meist aus einer inneren Ideenfülle, die manche von uns in sich tragen und die sich einen Weg nach draußen suchen MUSS, damit man nicht bald das Gefühl bekommt, wertlos zu sein, weil man keine dieser Ideen in die Tat umsetzt. Und dann rennt man halt oft in die vielen Fallen auf dem Weg; wobei es für die meisten einen Walk-Around gibt. Ich habe kein Geld für teure Software oder die “richtigen” Geräte? Für viele Projekte genügen frei verfügbare Programme und ein Mittelklasse-Smartphone / Tablet. Das Wichtigste ist, damit zu üben und sich mit den technischen Möglichkeiten und Grenzen auch wirklich vertraut machen. Ich habe nicht die passenden Hintergründe / Sets für meine Ideen zur Verfügung? Dann geht man raus, sucht nach den passenden Sets und probiert so lange, bis es passt. Ich bin mit meiner Schreibe nicht zufrieden? Meine Texte wirken nicht so, wie ich mir das wünsche? Da hilft nur eines: schreiben, schreiben, schreiben… dann lesen und noch mal schreiben! Kreativität ist ein Muskel, den man regelmäßig trainieren muss, um besser werden zu können. Und dann braucht man immer noch die richtigen Sparringspartner. Menschen, die einem sagen, wenn ein Projekt oder Produkt der eigenen kreativen Bestrebungen schlicht Scheiße ist.
Kreative Grenzen entstehen meist nur dort, wo ich sie entstehen lasse. Die einzige, wahre kreative Begrenzung, die sich dauerhaft meinen Fähigkeiten zur Problemlösung entzieht, ist ein extrinsisch erzeugter Mangel an Zeit, sich mit den verfolgten Ideen und Projekten zu den eigenen Bedingungen auseinandersetzen zu können. Denn an der Notwendigkeit, das existenziell Notwendige zu beschaffen, kommt keiner von uns vorbei. Wie dem auch sei – jene, die ihre Ideen in die Welt gesetzt sehen wollen, weil sie davon überzeugt sind, dass diese Ideen es wert sind, von anderen wahrgenommen und diskutiert zu werden, finden immer irgendeinen Weg. Denn sie MÜSSEN einen Weg finden, um nicht irgendwann an sich selbst zu verzweifeln. Also sitze ich hier und schreibe weiter… schönes Wochenende.

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