Auf Zeit Online haben die vor ein paar Wochen einen Umfrageaufruf veröffentlicht, der mich tatsächlich interessiert hat: es ging um die Frage, wie hoch mein inneres Alter wohl sein könnte ? Ich hab natürlich was geschrieben, denn irgendwie interessiert es mich doch ein bisschen, als wie schlimm andere meinen Spieltrieb einschätzen / empfinden 😉 . Bisher haben die noch keine Ergebnisse veröffentlicht und wahrscheinlich sprechen sie mich auch nicht direkt an, denn ein wenig empfinde ich mich schon als stereotypen Vertreter meiner Generation: Familie, Kinder, Job, Verantwortung, Schulden, der übliche Quatsch – alles da. Ich meine, wir sind doch alle „so super-specal snowflakes“, oder? Wir sind alle so besonders und so besonders wichtig und so besonders toll und… ach ich weiß auch nicht, doch alle irgendwie gleich. Wie man’s jetzt auch dreht und wendet, das Bedürfnis, als Unikat gelten zu dürfen bleibt bestehen. Oder wenigstens als Unikum. Ist bis jetzt noch nix draus geworden, aber ich habe ja noch Zeit.
Aber das innere Alter – ja, darüber mache ich mir in letzter Zeit häufig Gedanken. Nicht, weil ich mich neuerdings alt fühlen würde, auch wenn sich meine Schüler gelegentlich alle Mühe geben, dieses Gefühl in mir hervorzurufen. Nö, es ist vielmehr so, dass mein Spieltrieb mal wieder Urständ feiert und ich mich manchmal ein wenig bang frage, ob das eigentlich noch in Ordnung ist, oder ob ich doch mal langsam erwachsen werden sollte. Nun ist Erwachsen sein aber ja ein Prozess, der sich immer mal wieder ändert und eigentlich fühle ich mich wohl. Da ist halt dieses kleine Männlein in meinem Hinterkopf, mein Wissen um die Erwartungen Anderer (im Symbolischen Interaktionismus das „me“), dass gelegentlich kopfschüttelnd über meine Schulter schaut, wenn ich irgendeinen Quatsch anzettele, der so ganz und gar nicht Mitte Vierzig ist. Habe ich übrigens schon erzählt, dass ich seit Heiligabend einen neuen Mitbewohner habe?
Man könnte jetzt abwiegeln, indem man die Schuld bei der besten Ehefrau von allen sucht, aber das wäre ungerecht – denn einerseits ist der große Ameisenbär in seiner echten Darreichungsform in der Tat mein Lieblingstier (könnte u. A. daran liegen, dass die Viecher in Gefangenschaft echte Langschläfer sind, üblicherweise gegenüber Menschen ziemlich verträglich und einfach verdammt possierlich). Andererseits bin ich ehrlich genug, zugeben zu können, dass ich, genau wie die Gattin, die einfach nicht an dem Regal vorbei kam, solche Kuschelviecher durchaus mag. Und der hier schaut ja nun auch echt drollig, oder? Der einzige Einwand, welcher mir einfällt ist, dass das unnötiger Konsum war. Aber mal ehrlich, das war der ganze Rest von Weihnachten allüberall unter den deutschen Tannenspitzen höchst wahrscheinlich auch. Wer ohne Schnitzel ist, werfe das erste Schwein… Ich habe mich jedenfalls derbe gefreut. Überdies wird er die meiste Zeit eh von meinen Kindern bespielt. Die mögen ihn nämlich auch ausnehmend gern.
Was sagt das alles über mich aus? Dass ich gelegentlich mehr als nur ein bisschen kindisch bin? Streichen wir einfach mal das gelegentlich, OK. Das die beste Ehefrau von allen, den ganzen Vorsätzen zum Trotze manchmal Konsum-Affekt-inkontinent handelt? Ich denke, schon, kann sie dafür aber nicht verdammen. Sowas hier ist ein lässlicher Spaß. Das ich die Welt gerne bei vielen Gelegenheiten und auf viele unterschiedliche Arten spielerisch erkunde? In jedem Fall! Dass ich deshalb nicht geeignet sein kann, Verantwortung im Job und sonst wo zu übernehmen, weil ich mich wie ein Kind aufführe? Und da ist sie wieder, die Stereotypen-Dogmatismus-Falle! Nur, weil etwas ein wenig aus der Norm fällt, ist es nicht zuverlässig, passt nicht zu dieser oder jener Aufgabe, hat keine Daseinsberechtigung? Das ist im Kern die gleiche Argumentation, mit der Nazis auf Flüchtlinge losgehen, Freunde der Nacht. Und da werde ich wirsch!
Ist nicht so, dass sich schon mal jemand getraut hätte, sowas zu mir zu sagen. Ganz ehrlich, ich möchte das auch keinem empfehlen, denn das könnte u. U. eine durchaus bedrohliche Affekt-Inkontinenz auf meiner Seite hervorrufen. Weil ich nämlich üblicherweise recht zuverlässig meine Aufgaben erledige. Es mag da draußen Menschen geben, die das Anders sehen. Die sind mir aber mittlerweile scheißegal; entweder, weil sie keine Ahnung von den Anforderungen meines Jobs haben, oder aber egoistisch und illoyal waren/sind. Ich mache das, was ich tun muss am Liebsten im Hintergrund, ohne Bohei und Öffentlichkeit. Diese „Seht-her-wie-gut-und-fleißig-ich-bin“-Typen gibt’s schon genug und sie sind mir im besten Falle unsympathisch. In gravierenden Fällen hätte ich einen Ort im Kopf, wo die niemals jemand findet… Und privat, da mache ich einfach mein Ding. Wozu manchmal auch gehört, bewusst und kontrolliert infantil zu regredieren, oder aber meinem Spieltrieb vollen, ungehinderten Auslauf zu geben. Wer damit nicht klarkommt, sollte mal seine Prioritäten überprüfen – und seinen Spießer-Faktor, der dürfte nämlich bei „abnorm verknöchert“ liegen. Schönen Abend noch.