Ich hör immer nur Gewalt…

…gegen Retter nimmt zu. Und dann werden irgendwelche Forderungen gestellt. Wahlweise will man Kameras in RTWs installieren. Oder man bietet Seminare zur Deeskalation an. Oder Selbstverteidigungs-Training extra für medizinisches Fachpersonal. Und die Gesetzte müssten ja auch noch weiter verschärft, oder wenigstens mal „richtig“ angewandt werden. Oder man bietet den Kollegen Stich/Schuss-sichere Weste an.  Und überhaupt tun immer alle furchtbar betroffen, wenn wieder mal etwas passiert ist, obwohl man doch schon an so vielen Fronten etwas für die Einsatzkräfte tut. Aus allen Ecken des Netzes kommen sie dann und wollen irgend so einen Menschen, der was sehr Dummes getan hat an ein brennendes Kreuz nageln – oder schlimmeres… Lest doch besser erst mal diese Studie im Detail.

Tatsächlich ist mit dieser beschissenen, geheuchelten Entrüstung niemandem geholfen, denn wie wahrscheinlich ist es, dass irgendein verbal-aggressiver Netz-Troll in persona dazwischen geht, wenn irgend ein Mensch mal wieder was Dummes tut…? Genau – die geht asymptotisch gegen Null! Schauen wir uns also mal die ganzen anderen Strategien an: Wie war das noch mal mit Kameras? Die reduzieren die Gewaltbereitschaft des Gegenübers? Da sind verschiedene Forscher anderer Meinung! wird immer noch diskutiert, doch zu abschließenden Ergebnissen ist man noch nicht gekommen. Ergo: untauglich! Die Gesetze wurden bereits verschärft. Hier weiter zu diskutieren: untauglich!

Kommen wir zu Selbstschutz- und Selbstverteidigungs-Maßnahmen: Eine solche Weste ist beengend, sie bietet nur für einen sehr begrenzten Teil des Körpers Schutz und sie steigert das Aggressionspotential der Patienten und der Bystander, da es zu einer Gleichsetzung von Rettungskräften mit den Mitgliedern der Sicherheitsbehörden kommt. Gegenüber Polizisten gibt es nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Aggressionspotential. Nicht mehr als Helfer sondern als Bedrohung der persönlichen Autonomie wahrgenommen zu werden macht es nicht leichter, mit dem Patienten ins Gespräch zu kommen.  Überdies vermitteln die Westen – genauso wie viele Selbstschutz-Kurse – ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Das Maß an Schutz, welches Gadgets und die vermeintlich durch 2x8h Training erworbene Souveränität im Umgang mit Konfliktsituationen bieten wird im Vergleich zu den tatsächlichen Risiken deutlich überschätzt. Insbesondere von unerfahrenen Anwendern. Im Ergebnis steigt die Bereitschaft, sich Konfliktsituationen auszusetzen, ohne tatsächlich dafür gewappnet zu sein.  Ich weiß, dass speziell die Anbieter von Kursen oder Schutzartikeln wie Westen und Pfefferspray (im übrigen privat nicht für den Gebrauch an Menschen zugelassen) das tendenziell anders sehen, da ihr Geschäftsmodell davon abhängt. Das ändert jedoch nichts daran: UNTAUGLICH!

Womit wir bei Deeskalation wären. Mit Verweis auf die eingangs verlinkte Studie lässt sich etwas plakativ sagen, dass es an Samstag-Abenden im Zusammenhang mit Alkoholkonsum durch junge Männer zu einem deutlich erhöhten Gewaltpotential kommt. Das war vor 20 Jahren auch schon so und sollte niemanden verwundern. Was mich verwundert ist, dass in diesen 20 Jahren meine Kollegen anscheinend nur wenig im bereich der sogenannten Soft-Skills dazu gelernt haben. Die heißen deshalb so, weil man bei korrektem Gebrauch derselben nicht auf die Schnute bekommt! Und genau da, scheint es zu fehlen. Zweifelsohne sind manche heute Gewaltbereiter; Aufrüstung des Rettungsfachpersonals zu Para-Police-Officers ist allerdings – zumindest meiner bescheidenen Meinung – nach die falsche Antwort darauf.

Und ja, dieser Artikel ist kein Aprilscherz, ihr Lappen…

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