Herbstwald

Oh nein, er fängt an, von Herbstwald zu schreiben, er ist wieder… wieder… DEPRESSIV! Ich kann euch beruhigen, die ist nicht der Fall. Ich hatte nur das Bedürfnis, nach einem längeren Aufenthalt im Lehrsaal, mit dem ich dieser Tage definitiv nicht zufrieden war, Abstand zu gewinnen. Und wenn man schon den Pfälzerwald direkt hinter dem Haus hat, ist es nur natürlich, einen Spaziergang zu machen; selbst, wenn man sich eigentlich ein bisschen schlapp fühlt. Die Notwendigkeit war da und dem wurde Folge geleistet.

Wie ich so ging – und unterwegs über zwei Schülerinnen stolperte, die ebenfalls ein bisschen Bewegung suchten – kam ich nicht umhin, die Ruhe zu genießen. Sein wir ehrlich: es war kalt, es war feucht, es war ein kleines bisschen nebelig (allerdings nicht annähernd so, wie gestern), aber es war so VERDAMMT RUHIG. Kein Blabla, kein Chitterchatter, keine Ablenkung von dem, was wirklich wichtig ist: endlich wieder die eigenen Gedanken miteinander streiten hören. Für mich ein Genuss, weil ich viele Dinge mit mir selbst ausfechte. Ich meine, schon mal erwähnt zu haben, dass ich gerne simulierte Gespräche mit anderen Personen führe, und dafür ist ein Waldspaziergang wunderbar geeignet.

Meine Gesprächspartner (danke der Nachfrage, ich bin NICHT Schizophren), sind dabei sehr unterschiedlicher Natur, so wie meine Gedanken höchst wandelbarer Natur sind. Ich begegne dabei Personen, die im Hier und Jetzt existieren ebenso, wie vollkommen imaginären Konstrukten aus den Tiefen meiner (gelegentlich etwas kaputten) Fantasie. Wichtig zu bemerken ist hier allerdings, dass die Themen stets um ein Vielfaches realer und eng mit meinem Leben verflochten sind. Wir reden also über Gespräche um Chancen, Risiken, Erfolge, Niederlagen, Leben und Tod. Und alles Mögliche dazwischen. Und eigentlich lasse ich mich nur ungern dabei unterbrechen.

Es mag Beobachtern deshalb gelegentlich so scheinen, als wenn ich abgelenkt, unaufmerksam, abwesend oder gar schroff und ablehnend daherkomme. Ich bitte dies zu entschuldigen, aber es ist mir seit Jugendtagen (also vermutlich seit ich langsam bewusst mit meiner Depression zu ringen begonnen habe) zur zweiten Natur geworden. Ich habe lediglich gelernt, in sozialen Situationen eine jeweils passende Benutzeroberfläche zu booten. Ich möchte nicht, dass Menschen denken, dass sie mir egal sind. Manche sind das wirklich; aber jene, mit denen ich mich auf persönlicher oder professioneller Ebene befasse, haben eigentlich meine volle Aufmerksamkeit verdient. Jedoch kriege ich es nicht immer so hin, wie’s indiziert wäre.

So sind der Nebel und das Herbstlaub eine passende Analogie. Denn darunter versteckt sich das wahre Antlitz des Waldes, wartet nur darauf, wieder erweckt zu werden. Wartet nur darauf, wieder mit seinen Besuchern spielen und sie verzaubern zu dürfen. Die abweisende Seite, die vermeintliche Abwesenheit von Leben ist nur eine Maske, die aufgelegt wurde, während sich der Wald für ein neues Spiel um das Leben regeneriert. So wie ich, wenn ich durch diesen Wald gehe. Denn natürlich haben jene, die sich auf mich verlassen meine bestes Ich verdient. Auch, wenn es sich gelegentlich unter dem Herbstlaub versteckt. Gute Nacht…

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