Um es vorweg zu nehmen: ich wusste bis heute Morgen nicht, dass es Game-Design heuzutage als Ausbildungsberuf gibt. Ich war mal davon ausgegagngen, dass sowas irgendwie mit einem klassischen Grafik-/Designstuidum, oder mit einem Informatikstudium verdongelt ist. Man lernt ja bekanntlich nie aus. Eigentlich ging es in dem Artikel um junge Leute, die anstatt eines Studiums ein klassische duale Berufsausbildung machen; und den Umstand, dass viele Elternteile, Freunde und whatnot das blöde finden, weil man ja nicht so viel lernt und hinterher weniger Geld verdient. Ist ein interessanter Blick auf das anscheinend verquere Bild, welches viele Menschen offenkundig immer noch vom Broterwerb haben – Hauptsache die Kohle stimmt? Also, wenn mich meine wissenschaftlichen Studien zur Generation Z eines gelehrt haben, dann dass diese Denke auf den Gerümpelhaufen gehört. Um an dieser Stelle mal ein paar Dinge zurecht zu rücken:
- ad 1) Ein Studium ist KEIN Garant für bessere Gehaltsaussichten. Das hängt nämlich vom Fach, der jeweiligen Marktsituation, den erzielten Noten, der räumlichen Flexibilität und dem Gesamt-Engagement der Person ab, die mit einem Diplom in der Tasche auf das weite Feld des Arbeitsmarktes zieht.
- ad 2) Oft ist ein Bachelor-Abschluss NICHT genügend, um in bestimmten Bereichen überhaupt auf einen grünen Zweig zu kommen. Da spielen Verordnungen, Gesetze und Markterfordernisse eine Rolle.
- ad 3) In vielen Fachfelder gilt: Berufserfahrung ist durch NICHTS zu ersetzen; außer durch MEHR Berufserfahrung! Get over it – nur weil man in der Theorie gut ist, heißt das für die Praxis noch lange nichts.
- ad 4) Haben sich viele duale Ausbildungsgänge erheblich gewandelt (bzw. tun dies gerade), erfordern heute schon teilweise anwendungsbezogenes wissenschaftliches Arbeiten, und sind alles andere als langweilig oder kognitiv unterfordernd. Kommt mal in die NotSan-Ausbildung…
- ad 5) Sind aktuelle Gehaltsaussichten und Sozialprestige nicht in Stein gemeiselt! Manche gesellschaftliche Prozesse brauchen Zeit – ein Umstand, der bei der Generation Z halt nicht so hoch im Kurs steht. Ich habe dafür Verständnis, weiß aber auch, dass man insbesondere Verhaltensänderungen nicht mit der Brechstange durchsetzen kann.
- ad 6) Sind einfach nicht alle gleich gestrickt! Es ist schon wahr, dass man Talent durch gezielte Förderung wecken und wachsen lassen kann. Trotzdem ist nicht jeder von uns dazu gemacht Profifußballer, Rockstar, Schauspieler oder Influenzeranzium zu werden. Die besondere Mischung aus Engagement, Talent und Erfolgswillen, die so etwas ermöglicht, ist nicht in jedem Menschen auf das Gleiche gepolt. Das wäre auch irgendwie traurig langweilig, nicht wahr…?
Es gibt einen so genannten Deutschen Qualifikationsrahmen, in welchem formell (also durch Schule, Berufs-/Fachschule, Hochschule, Universität) erworbene Qualifikationen in insgesamt acht Niveaustufen einsortiert werden; was eine Taxonomie und damit eine Wertigkeit suggeriert. Nun wollen wir uns mal darauf einigen, dass ein Akademiker NICHT mehr wert ist, als ein Facharbeiter, oder sonstwer! Denn speziell in in den antisozialen Medien werden solche Scheingefechte immer wieder aufgebaut; vermutlich, weil es einerseits tatsächlich Akademiker gibt, die sich für was Besseres halten – und andererseits Facharbeiter, die wie auch immer geartete Minderwertigkeitsgefühle zu bekämpfen oder falsch verstandenen Proletarier-Stolz ausleben zu müssen glauben. Beides ist vollkommener Quatsch. Denn eine der, für den oben erwähnten Artikel befragten jungen Frauen sagt „[…] Ich bin nicht weniger schlau, bloß weil ich eine Ausbildung mache. […]“ Recht hat sie. Welchen Weg ich gehe, und warum, das ist verdammt noch mal meine Entscheidung.
Ich reflektiere noch mal kurz meinen Werdegang: Abitur mit 18, Jobben als Strippenzieher, weil Studienplätze schwierig, Zivildienst im Rettungsdienst, im Anschluss Ausbildung zum Rettungsassistenten, damit fertig mit 22. Dann arbeiten im Metier bis 45, unterwegs noch zum Disponent für integrierte Leitstellen fortgebildet, und nebenher Bildungswissenschaft studiert, und als betrieblicher Bildungskoordinator tätig gewesen. Ab 45 Entwicklung und Aufbau einer Berufsfachschule, der ich jetzt vorstehe, nebenher Masterstudium der Erwachsenenbildung, dessen Masterthesis ich gerade erarbeite. Wenn ich so darüber nachdenke, war es kein gerader, einfacher oder immer zielstrebig angegangener Weg – aber für mich war es der richtige. Denn ich habe erst mit einem bestimmten Lebens- und Berufsalter die Reife erlangt, die es für meinen jetzigen Job braucht. Daraus folgt für mich, dass es nicht auf die aktuellen Gehaltsaussichten oder die Meinung der Anderen ankommt, sondern darauf, die eigenen Fähigkeiten, Talente und Wünsche sorgfältig zu analysieren, zu reflektieren und zu fühlen – und dann zu machen, was sich richtig anfühlt. Insbesondere, wenn einen irgendjemand für eine persönliche Entscheidung kritisiert.
Ich werde jetzt gewiss nicht behaupten, dass man dann immer die richtige Entscheidung für’s Leben getroffen hat. Aber wenigstens war es dann eine, die sich aktuell richtig angefühlt hat; in die Zukunft schauen kann keiner von uns. Ich glaube ja, dass ich langsam etwas milder mit mir selbst werde; und im Gegenzug unduldsamer mit der Borniertheit meiner Mitmenschoiden. ich finde den Deal gut – und irgendwann kann ich mich dann ja darauf berufen, dass ich langsam dement werde. Dann kann ich eh jeden beschimpfen, wie ich will… 😉 Ich habe eine Berufsausbildung UND bin Akademiker; quais also doppelt gelehrt. Beides hat seinen je eigenen Wert. Unser Problem ist nicht dieser Wert, sondern die Wertschätzung (oder besser der Mangel daran) durch die bornierten Mitmenschoiden. Daran müsste man mal arbeiten, anstatt dauernd in nutzlose Neiddebatten und „Leistungsträger“-Geschwafel zu verfallen. Wir sind ALLE Leistungsträger, jeder auf seine Weise. Schönen Tag…