Gaming rules!

Leute, die schon in den 90ern Nerds waren, haben einen etwas anderen Blickwinkel auf die heutige Medienlandschaft. Viele Stoffe, viele Sujets, die heute z.B. durch die weitgehende Flixisierung des Produktionsbetriebes zum Mainstream-Gut geworden sind, gab es damals in deutlich geringerer Zahl; und sie fanden zumeist höchstens unter erheblich erschwerten Umständen den Weg auf die Mattscheibe. Ich werde jetzt nicht zu einer Elegie auf die Entweihung MEINES Nerdtums anheben, denn im Grund freut es mich, dass der nicht selten abseitige Humor und die Themen aus dem Reich der Fantasie, welche heute in großer Zahl die Datenbanken der Streamingdienste sowie Spieleentwickler und Regale der Buchläden bevölkern, meinem persönlichen Geschmack deutlich mehr entgegenkommen, als der Tatort oder Rosamunde Pilcher-Verfilmungen – und ich nenne beides mit Absicht in einem Atemzug! Aber, jedes Tierchen hat ja bekanntermaßen sein Pläsierchen, und über Geschmack soll man nicht streiten; es sei denn, man hat sonst keine Hobbies.

Chaotisch schön!

Es erscheint mir jedenfalls bemerkenswert, dass Science-Fiction, Fantasy, Mystery und Horror, oder jede Mischspielart dazwischen heutzutage nicht nur salonfähig, sondern streckenweise sogar ausgesprochen erfolgreich geworden sind. Es wirkt ein bisschen so, als wenn es schon immer mehr Nerds gab, als man anzunehmen gewagt hätte. Oder es ist einfach so ein Generationswechsel-Ding. Letztlich ist die Informations-Verfügbarkeit durch das Internet wesentlich größer geworden, was es mehr Menschen ermöglicht, mit Themen in Berührung zu kommen (und sich bei Interesse auch mit diesen auseinanderzusetzen), als dies VOR den Siegeszügen des Heimcomputers und des Smartphones der Fall gewesen war. Zeitgeist als Spiegel des Kuturschaffens hat sich einmal mehr gewandelt und ein Zeitalter ausgespien, in welchem es „chic“ ist, auch mit Ende 40, Anfang 50 noch Dinge „nice“ finden zu dürfen, die frühere Generationen einfach als Kinderkram abgetan hätten. Ich denke tatsächlich, dass es teilweise dem überall vorherrschenden Jugendwahn zu verdanken ist, dass heute so was wie „Stranger Things“ derart heftig trenden kann.

Aber Jugendwahn, dass sind doch übergut abgehangene, nur im Kopf noch knackige, durch Höhen- oder Mittelmeersonne zur Knusprigkeit veredelte Körper, die sich zwanghaft in Pellen zwängen müssen, die mit viel Wohlwollen an extrem sportlichen 20-Jährigen noch halbwegs tragbar aussehen könnten, ohne die derart aufgetakelte Person vollkommen zu entwürdigen, oder? Untote, an peinlicher Lächerlichkeit kaum zu überbietende Körperwelten-Vorschauen, die den öffentlichen Raum mit ihrer Anwesenheit zum Fremdschäm-Minenfeld degradieren? So was in der Art? Sagen wir mal so: das sind nur äußere Zeichen von Verleugnung; was ich meine, erkläre ich gleich. Und damit das hier klargestellt ist: das ist kein Alte-Leute-Bashing, oder Gerontophobie; das ist eine Feststellung über einen gewissen Prozentsatz der Menschheit, der auf das Älterwerden als unausweichlichen Bestandteil dieser „entsetzlichen Viertelstunde, durchsetzt mit Augenblicken voller Köstlichkeiten“, als die Oscar Wilde das Leben zu titulieren beliebte einfach nicht klarkommt! Aber wenn man die zu feste schüttelt, damit sie’s merken, fallen ja womöglich Toupets, Implantate und Prothesen ab, also will ich mal nicht so sein! Die wollen ja auch nur spielen, nich…

Zurück zum Nerdstuff. Menschen meiner Generation sind anders sozialisiert worden, als die Alterskohorten davor. Und auch, wenn viele meiner Altersgenossen mit Fantasy, Sci-Fi, dem Tech-Kram und anderem Nerd-Stuff nicht so viel anfangen konnten, wie etwa ich, hatte ihr Geist dennoch ZUMINDEST DIE CHANCE, sich freier zu entwickeln, mehr von der Welt und den vielen Möglichkeiten in ihr wahrzunehmen, als jede Generation davor. Die Ernsthaftigkeit der Welt war für die Bewohner der entwickelten Industrienationen des Westens und für die wenigen Jahrzehnte nach ’45 zurückgefahren. Und jetzt, da wir langsam älter werden, ernten wir mit einem gewissen Glücksgefühl diese Früchte einer Lebensleichtigkeit, die gerade wieder hinter dem Horizont verschwindet. Ich weiß nicht, wie lange diese Phase der Verfügbarkeit von Nerd-Stuff noch anhält und ob es tatsächlich gerecht gegenüber dem Rest der Welt ist, diese so zu genießen. Und wer bin ich, dass ich hierzu Festlegungen treffen könnte? Muss jeder für sich selbst wissen, wie damit umzugehen sei. Doch die Regeln des Spiels, die Gaming Rules ändern sich einmal mehr, so wie sie das immer wieder tun. Wenigstens für den Moment gilt allerdings noch: gaming rules, Spielen ist mächtig, Spielen ist wichtig, und Spielen ist Teil des Sinns von Leben! Zumindst für einen Teil von uns Menschen, zu dem ich – vollkommen unzufälig – auch gehöre! Zocken und der Konsum (ja ihr hört richtig, ich konsumiere) von anderem, nicht selbst hergestelltem Nerd-Stuff sind für mich Teil meines Lebenstiles und essentiell notwendige Zutat, um auf den ganzen Scheiß, der ringsum passiert nicht vollends durchzuknallen! In diesem Sinne wünsche ich euch ein unterhalt- und erholsames Restwochenende. Vielleicht verratet ihr mir ja mal, was euch so erdet…?

Auch als Podcast…

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