Fresh from Absurdistan N°29 – Zu Tode reguliert?

Föderalismus ist vom Prinzip her die Idee, die Dinge dort zu regeln, wo sie auch passieren, nämlich bei den Bürgern. Oft ist das auch hilfreich. Man denke zum Beispiel an zeitlich und räumlich begrenzte Lösungen für lokale und regionale Probleme. Dabei steht dann die Subsidiarität im Vordergrund. Strukturell höher angesiedelte Stellen sollen erst dann einschreiten, wenn die Regulierungsressourcen und Kompetenzen der untergeordneten Gliederungen überfordert sind. Nehmen wir an, eine lokal begrenzte Raumordnungs-Maßnahme (städte- oder straßenbaulich) muss auf den Weg gebracht werden. Dann wissen die Leute vor Ort wesentlich besser, was gebraucht wird, als jemand im fernen Stuttgart oder gar Berlin. Erst wenn dieses Projekt zu groß und zu teuer wird, sind Land und Bund mit im Boot.

Nach diesem Gedanken sollte auch die Pandemie bekämpft werden. Da wo viele krank werden, müsste man geeignete lokale Maßnahmen ergreifen können, die auch über die, zwischen Bund und Ländern beschlossenen Vorgaben hinausgehen dürften. Soweit die Theorie. Aber was nehmen die Menschen landauf, landab momentan wahr: jedenfalls keine präzise örtlich und zeitlich gesteuerten Maßnahmen. Die Leute sehen einen Regulierungs-Dschungel, neben dem unser Steuerrecht aussieht, wie ein frisch gemähter Fußballplatz!

Ein gutes Beispiel findet direkt vor unser aller Haustür statt: Schulpflicht vs. Präsenzpflicht, unterschiedlichste Daten für einen früheren Ferienbeginn, die gehandelt werden, konträre Aussagen zur mutmaßlichen Infektiosität der Kinder, und und und… Wir brauchen einen harten Lockdown jetzt, so sehr ich es auch bedauern würde, manche Dinge dieses Jahr nicht tun zu können. Doch dieses unsägliche Rumgeeier verschiedenster profilierungs-süchtiger Machtmenschen, gemischt mit den Einlassungen des Altherren-Clubs Leopoldina ist eine mächtige Illustration der Verhältnisse in unserem Lande. Eine sinnvolle Gewichtung der Interessen und eine echte Abwägung von Rechtsgütern ist dem Proporz der Macht gewichen!

Und mittendrin sitzen die Nazis und versuchen, in dem Vakuum der Gestaltungslosigkeit, welches die etablierten politischen Kräfte erzeugt haben, ihre Macht auszudehnen. Gott sei Dank bislang nur mit geringem Erfolg. Aber bei der Politik- und Pandemie-Müdigkeit, welche sich in der Bevölkerung breitmacht, ist das leider nur eine Frage der Zeit. Seht euch die sozialen Netzwerke und die Menschen auf den Straßen an. Die sind zwar nicht das Volk, wie manche meiner Sozen-Freunde immer wieder betonen; aber die Unterschiedlichkeit der dort vertretenen Menschen sollte jeden halbwegs wachen Demokraten alarmieren. Noch ist das kein Querschnitt durch die Gesellschaft, der sich dort abbildet. Aber es könnte in absehbarer Zeit einer werden. Was ist denn, wenn sich die enttäuschten Partypeople mit den erschöpften Pflegekräften und den erregten Wutbürgern verbünden, hm…

Wir brauchen jetzt Kulturförderung, damit nach der Pandemie noch eine vorhanden ist! Wir brauchen jetzt substantielle Unterstützung für das Gesundheitswesen, die auch nach der Krise aufrechterhalten wird – denn nach der Krise ist immer auch vor der Krise! Wir brauchen jetzt schnelle unbürokratische Hilfe für jene, die es alleine nicht schaffen! Wir brauchen jetzt einen harten Lockdown! Und wir brauchen für die nächsten Wochen und Monat bundesweit einheitliche Regeln, denn der Föderalismus hat in der Pandemie kläglich versagt! Aber wir brauchen definitiv kein Christfest und kein Sylvester als Superspreading-Event für die dritte Welle – die Zweite trifft uns schon hart genug. An all die Leugner: hoffentlich kratzt auch bei euch ein Freund, Bekannter, Kollege oder gar Familienmitglied (fast) ab, damit ihr’s endlich kapiert! Und tschüss!

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