Fresh from Abdsurdistan N°31

Ach es hätte so viel Absurdes gegeben, worüber man in den letzten Wochen hätte schreiben können: amerikanische Patridioten stürmen das Capitol und die meisten Cops schauen einfach nur entgeistert zu. Ein irrlichternder Boris Johnson und sein echt sauber verkackter Brexit. Covidioten, die einfach nicht ihre Fresse halten können. Italienische Politiker, welche Deutschland beschuldigen, alle Impfdosen wegzukaufen. Wer lange genug sucht, findet noch jede Menge anderen Schwachsinn, der in beinahe ironischer Weise den verkorksten Zustand unserer Welt beschreibt. Aber ich bin ganz ehrlich zu euch. Ich habe die Schnauze von der ganzen Negativität voll. Schon seit Wochen übe ich mich in Abstinenz von der Beschimpfung irgendwelcher Social-Media-Pickel am Arsch unserer Welt. Diese blinden, blöden Kognitionsallergiker kommen auch mal eine Weile ohne mich aus. Würde außerdem zu viel Energie kosten.

Ne, ne, ich bin immer noch irritiert davon, dass der zweite Lockdown (oder sollen wir ihn mal lieber die „unentschlossenste Schlacht aller Zeiten“ nennen) mich null juckt! NULL! Ich will nicht verheimlichen, dass es Menschen in meinem Umfeld gibt, die sich deutlich mehr Sorgen machen (müssen). Die beste Ehefrau von allen zum Beispiel. Wir haben nun mal alle unser Bündel zu tragen. Ich glücklicher Schweinehund lebe jedoch den Luxus, in einem wahrhaft krisenfesten Job tätig zu sein. Diese Schule geht nicht in Kurzarbeit. Aber selbst wenn – dann fahre ich halt wieder Sanitätsdroschke. Was Sozialkontakte betrifft: JA, ich würde manche Menschen gerne mal wieder live sehen, ich bin ja nicht aus Eis. Doch der kleine Sozialautist in mir kommt auch mal ganz gut ein paar Wochen solo (oder fast solo) zurecht. Ist alles nur eine Frage des Framings. Und mit Shoppen hatte ich es eh noch nie so wirklich. Ich gehe ganz altmodisch einkaufen. So lebensnotwendige Dinge wie essen und trinken und Toilettenartikel – und ja, auch Klopapier…

Ich schaue mir unsere Kinder mit gewisser Sorge an. Die Große versteht schon ziemlich viel von dem, was da vorgeht, ist aber trotzdem traurig, dass sie kaum ein Sozialleben pflegen kann. Doch irgendwie arrangiert sie sich mit den Gegebenheiten. Die Kleine hingegen prüft im Moment häufig die Grenzen unserer Duldsamkeit, indem sie sich ihre Freiräume schafft – auf Kosten der Anderen. Für sie bedeutet der aktuelle Schullockdown einen weiteren Throwback in ihrer sozialen Entwicklung, von dem ich noch nicht weiß, wie wir den wieder ausgleichen sollen. Und wir sind bestimmt nicht die Einzigen, denen es so geht. Ich bin da mit mir selbst uneins. Ist das, was wir durch diese Maßnahmen gerade zu schützen versuchen all diese individuellen Opfer wirklich wert? WIRKLICH? Die Antwort werde ich wohl erst in ein paar Jahren bekommen und ich bin mir nicht sicher, dass sie mir gefallen wird. Dazu muss ich die Tage noch mal öffentlich meditieren!

Auf Grund des Umstandes dass unser Regierenden nun endlich kapiert haben, dass der Arbeitsplatz sowie der tägliche Weg dorthin im ÖPNV wohl genauso Treiber des Infektions-Geschehens sind, wie Schulen und daher nun Home-Office anmahnen, unterrichte ich im Moment von zu Hause aus. Funktioniert Bombe im Vergleich zu meinen Befürchtungen hinsichtlich der Stabilität und der didaktischen Fragen. Allerdings hätte ich damit auch schon vor zwei bis drei Monaten anfangen können. Oder anders gesagt, es hat ZEHN! WOCHEN! gedauert, bis diese Amateure in Berlin endlich gemerkt hatten, dass diese ganze Salamitaktik (die noch dazu im föderalistischen Klein-Klein von Hinz und Kunz unterlaufen wurde – DANKE FÜR NICHTS, FRAU EISENMANN ) nicht funktioniert. Und dann haben die noch nicht mal den Arsch in der Hose, den Laden richtig zuzumachen. Das ist MEIN Absurdistan!

Ganz ehrlich – ich weiß auch nicht wie lange das noch geht, wie lange das noch gutgeht, welche Folgen das alles für uns und unsere Art zu leben haben wird.; oder, wie lange ich noch so guter Dinge bin. Aber wenigstens habe ich meine politischen Feindbilder wieder erneuern können. Ist ja auch was wert, zu wissen, wem man bei Gelegenheit mal wieder schön eine verbal vor den Latz geben kann. Was meine Lieben, aber auch die ganzen anderen Menschen da draußen angeht: jeder hat wohl sein individuelles Absurdistan, dass ganz langsam, unmerklich, aber unaufhaltsam in eine neue Normalität übergeht. Ob die jedem gefallen wird, steht in den Sternen (auch wenn ich nicht an Astrologie glaube). Es wäre allerdings schön, wenn wir mal anfangen könnten, uns darüber zu verständigen, was wir als Gesellschaft für eine neue Normalität haben wollen. Dass nennt man übrigens Öffentlichkeit und es wird Zeit, dass in der öffentlichen Diskussion, Ratio, Ehrlichkeit, Fakten und Ideen wieder die Oberhand über rasende Emotionen, alternative Wahrheiten, Dogmatismus und Lügen gewinnen. Ich hätte gerade Zeit dafür. Und ihr so…?

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