Flight of the procrastinator…

Ich bin schuldig. Ich habe nicht genug getan. Oder so… Das war eine seltsame letzte Woche und es sieht nicht danach aus, als wenn die nächste anders würde; was daran liegen könnte, dass ich allen selbst getroffenen Behauptungen zum Trotze, Menschen zu hassen sehr viel mit welchen zu tun hatte und habe. Könnte an meinem Job liegen. Oder daran, dass ich, sofern ich jemanden leiden kann, eine halbwegs soziable Bedienoberfläche zu simulieren im Stande bin. Jedenfalls hatte ich mehr Input aus „dem Geschäft“, als ich haben wollte, weil manche Leute nicht so wirkliche Leuchten sind, wenn es um Personalführung geht. Was solls. Eigentlich hätte ich mich nur mit meiner Master-Thesis befassen sollen. Ich habe auch gelesen, Literatur gesichtet, viele Notizen gemacht, ein Interview geführt, weitere Kontakte geknüpft. Und nebenbei gelebt (also Zeit mit meiner Familie und Freunden verbracht, gegrillt, gezecht, gesurft, gezockt, etc.; und sogar etwas Haushalt gemacht) Oder war es andersherum? Nun, DAS ist vermutlich Betrachtungssache. jedenfalls fühle ich mich deswegen vieles – nur nicht wirklich schuldig. Weil sich momentan in mir ALLES gegen diesen dauernd propagierten Selbstoptimierungs-Leistungsträger-Wahn wehrt.

Im Moment fällt seit einer guten Stunde ergiebiger Regen über der Stadt – und irgendwie wirkt das auf meine Seele beruhigend. Ich weiß, wir haben eigentlich Frühling und Maimarkt und BUGA und wasweißichnichtnochalles in der Stadt, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist mir das alles einerlei, weil ich weiß, dass morgen früh die Ruhe vorbei sein wird – und 100 Dinge gleichzeitig über mich herfallen werden, um mein, nur unter Mühen aufrecht erhaltenes Gleichgewicht zu stören. Und im Moment geht es nicht mal um mich und meine verf****e Depression, sondern um die Sorgen und Nöte Anderer. Diese Leute, von denen ich vorhin sprach – also die, die ich leiden kann. Interessant in diesem Zusammenhang ist Folgendes: Jemand, mit dem ich schon länger keinen Kontakt mehr pflege, hat mir mal vorgeworfen, dass ich gefühlskalt sei; es sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass der Anlass damals eine Beerdigung war. Und ich muss auf die Person wohl unempathisch gewirkt haben. Was bedeutet, dass diese Person damals Empathie und Mitleiden miteinander verwechselt hat. Ich weiß sehr wohl sehr oft, was gerade in meinem Gegenüber vorgeht; ich glaube nur, dass es nicht immer sinnvoll, angemessen, hilfreich oder für MICH gut ist, darauf weitschweifig und tränenreich einzugehen. Also lasse ich dass häufig sein, weil ich selbst genug Scheiß am laufen habe. Nutzt ja auch nix, wenn ich mitheule. Um das hier abzuschließen: wann und wo ich meine (Mit)Gefühle rauslasse, ist – sofern nicht gerade mal wieder mein cholerisches Temerament zur Unzeit die Oberhand gewinnt – meine Sache. Ganz allein meine Sache! Aber ich kann, wenn ich will und/oder muss!

Ich habe der Prokrastination deshalb gehuldigt, weil ich wohl geahnt haben muss, dass ich meine Zeit, selbst, wenn ich dafür Urlaubstage genutzt hatte nicht auf die Weise für mich nutzen können würde, wie ich es mir gewünscht hätte. (Für diejenigen, die der Post-Titel verwirrt: „Flight of the Navigator“ ist ein Sci-Fi-Film aus dem 80ern; ich habe nur den Titel verballhornt). Ich hasse es, dass ich Recht behalten habe, aber was rum ist, ist rum. Gefühlt spült dieser Regen gerade wenigstens nicht nur die Pollen aus der Luft, sondern auch meine Sorgen um das Morgen. Das wird jedoch gewiss nicht lange anhalten. Gerade so lange vielleicht, dass ich nach dem Schreiben dieses Posts noch ein paar Dinge organisieren, mit meiner besten Ehefrau von allen einen netten Abend verbringen und danach ruhig schlafen kann. Denn im Büro wird Prokrastination ja nicht so gern gesehen – wenngleich es mir manchmal so vorkommt, als seien manche dort tatsächlich nur so was wie animierte Toupetständer; womit nichts über die Echtheit der Haarpracht ausgesagt ist. Eigentlich wollte ich mich doch gar nicht über meinen Job definieren, tue es mittlerweile aber wohl mehr, als gesund ist. Mal sehen, ob/wie ich DAS wieder abstellen kann. Denn mein Prokrastinieren ist tatsächlich zumeist kein echtes Rumgammeln, sondern vielmehr eine Art kreativer Prozess – mit wechselnden Resultaten. Aber sowas macht mir gerade viel mehr Spaß als dass, womit ich unsere Brötchen verdienen muss. Ich wünsche dennoch allen einen geschmeidigen Start in die neue Woche. Und wetterfeste Kleidung…

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