Dieser Tage entspann sich im Dunstkreis der DGRe eine Diskussion um einen Beschluss-Vorstoß des deutschen Ärztetages, in der Ausbildung von NotSan mehr klinische und notfalldiagnostische Skills zu verankern – und diese Ausbildungsteile in ärztliche Hand zu legen. Dazu fallen mir spontan mehrere Punkte ein, die ich in dieser Debatte gerne beachtet wissen würde:
- NotSan in Ausbildung bekommen die notwendigen notfalldiagnostische Skills für ihre spätere Arbeit bereits heute – zumindest den gängigen Curriculi nach – bedarfsgerecht und praxisorientiert vermittelt (die Güte mag hierbei einer Serienstreuung zwischen den Ausbildungs-Einrichtungen unterliegen). Das beinhaltet explizit auch die Fähigkeit zur Beurteilung klinischer Parameter, die für eine Weichenstellung der anschließenden klinischen Behandlung bedeutsam sind. Dennoch gilt, dass diagnostische Maßnahmen, die keine direkte therapeutische Konsequenz haben, in der prähospitalen Akutphase obsolet sind – sie kosten wertvolle Zeit, die bei der Versorgung kritisch kranker Patienten eh knapp ist! (Welche diagnostischen Maßnahmen jeweils schnell und sinnvoll zur Abwendung gebracht werden können und sollen, ist dabei vom Stand der Technik und der Anwendungssicherheit der Nutzer abhängig! => Sonographie anybody?)
- Bevor man sich der Verlängerung der hospitalen Ausbildung von NotSan widmet, fände ich es sinnvoller, zunächst die vielerorts mangelhafte Verzahnung zwischen Fachschule, Rettungswache und eben den Kliniken neu aufzustellen. Die Summe der Reibungsverluste, welche durch die schlichte Non-Existenz von Kompetenz-Entwicklungs-Netzwerken entstehen zu minimieren, würde vermutlich bei allen Beteiligten erheblichen Frust und große Unsicherheit abbauen und gleichsam die Ausbildungsergebnisse verbessern helfen. Mangelnde Kommunikation, unklare Zielvorstellungen, Unkenntnis der Curriculi und persönliche Missverständnisse sind derzeit in diesem Feld an der Tagesordnung. Und es kostet sehr viel Mühe, diese Dinge immer erst in der Ex-Post-Betrachtung glattschleifen zu müssen…
- Ein Medizinstudium befähigt NICHT automatisch zur Lehre an einer Berufsfachschule – oder an der Universität, auch wenn die Promotion (der Definition nach der Erwerb der Lehrfähigkeit für Hochschulen) dies evtl. suggerieren mag. Die pädagogischen Feinheiten sinnvoll gestalteter Lernarrangements in der Erwachsenenbildung bilden aus gutem Grund eine eigene hochschulische Domäne – und ich bin es ehrlich gesagt leid, hier immer wieder Diskussionen mit Medizinern führen zu müssen. Daher sehe ich den – vom Ärztetag explizierten – Wunsch, den klinischen Anteil der Berufsausbildung über weite Strecken in ärztliche Hände zu legen, als hoch kritisch an. Ich schicke ja auch keine Ärzte, um die Feinheiten der Gesundheits- und Krankenpflege unterrichten zu lassen; sondern Fachleute, die sowohl die Praxis kennen, als auch die notwendigen pädagogischen, psychologischen, soziologischen und didaktischen Skills erlernt und deren Beherrschung durch das Ablegen einer oder mehrere Prüfungen dokumentiert haben! Ich will an dieser Stelle erneut eine Lanze für die Schaffung einer eigenen Berufsprofessionswissenschaft innerhalb meines Berufsfeldes brechen; und das inkludiert selbstverständlich auch die Lehre in diesem!
- Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Apekt ist die Verfügbarkeit der Ressource „Ärztin / Arzt“ im klinischen Setting. Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese in ausreichendem Maße zur Verfügung stünde, um eine derartige Zusatzbelastung überhaupt leisten zu können. Betrachtet man in diesem Zusammenhang dann noch die politischen Pläne, die Krankenhaus- Landschaft bundesweit einzudampfen, sehe ich in der Zukunft tendenziell eher ein Schrumpfen der klinischen Anteile der NotSan-Ausbikldung, bzw. deren teilweise Subsititution durch reichhaltige Simulationsszenarien.
Alles in allem betrachte ich den Vorstoß also als wenig durchdacht, im Hinblick auf die tangierten Ressourcen und Bedürfnisse für nicht bedarfsgerecht, und vollkommen an der klinischen Alltags-Realität vorbei. Ich würde mich über eine Diskussion freuen.