Zunächst muss ich feststellen, dass ich in den letzten Tagen zu wenig Zeit und Muse hatte, hier einen Text einzupflegen. Meine neue Position hat mich wohl doch mehr gefordert, als gedacht. Heute Abend hatte ich immerhin mal wieder Gelegenheit, einem Fachgespräch mit den Kolleginnen und Kollegen von der GzFWR beizuwohnen. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle die gesamte Diskussion darstellen zu wollen. Eine Sache ist mir jedoch auch in diesem Moment noch sehr präsent: nämlich die Frage, was die Menschen wieder aus unserem Berufsfeld, bzw. der tatsächlichen Tätigkeit als Notfallsanitäter/in hinaus treibt?
Unsere Gesellschaft hat gerade eine Studie zum Thema Berufstreue veröffentlicht, auf die ich bei dieser Gelegenheit hinweisen möchte. Doch unsere Diskussion kam auf etwas anderes, als den in der Studie beleuchteten Punkt „Rechtsunsicherheit“; wir waren irgendwann bei „Langeweile“ und konnten uns am Schluss darauf einigen, dass die passendere Bezeichnung „subjektive Unterforderung“ sei, unabhängig davon, ob diese Betrachtung objektiv zu halten wäre. Denn schließlich gibt es ja gelegentlich durchaus Differenzen zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung der eigenen Person.
Das Gehirn ist ein wundersames Ding. Ich nehme die Art, wie meines mit mir kommuniziert immer als asynchron und asymetrisch wahr. Ideen werden rezipiert, fallen in irgendein Loch und werden, manchmal mit erheblicher Zeitverzögerung wieder ausgespien. Manchmal zerfleddert, gelegentlich aber auch angereichert mit Neuem. Die Diskussion heute Abend hat mich direkt geflasht. Irgendwas in mir wurde munter und wollte raus zum Spielen. Ich meine jetzt auch zu wissen, was das ist: Ungeduld! Ungeduld mit mir selbst und meinen Fähigkeiten. Ungeduld mit der Entwicklung meines Berufsfeldes. Ungeduld mit den strukturellen und politischen Prozessen, die dabei eine Rolle spielen. Und schließlich: Ungeduld mit einigen Protagonisten, weil sie sich gerne selbst reden hören, dabei aber allzu oft nur heiße Luft produzieren und die Berufslandschaft eher zersplittern, anstatt sie zu einen. Egal…
Ich fing an, meine eigene Berufstreue zu überdenken, die ja nun schon über 25 Jahre anhält. Und egal, wie kritisch ich auch mit meinen Motiven bin: ich brenne immer noch für diesen Job! Für das Arbeiten mit Menschen, an Menschen, für Menschen! Doch warum ist das so…? Wenn ich an meine Jugend zurück denke, dachte ich immer, Maschinen wären mein Ding. und ich verspüre bis heute eine gewisse Faszination für Technik, insbesondere für IT. Doch meine andere große Leidenschaft, nämlich das Geschichtenerzählen hat mich schon früh gelehrt, dass ich mit Menschen auch sehr gut klarkomme. Denn eben das Geschichten erzählen lehrte mich einerseits, in unterschiedlichsten Rollen denken, sie analytisch durchdenken zu können; andererseits förderte es meine Kreativität. Und so war es für mich die Mischung aus analytischer Distanz und wohldosierter empathischer Zuwendung, mit der ich meinen Patienten helfen konnte (und immer noch kann).
Als Verfechter einer konstruktivistischen Weltsicht fällt es mir einerseits nicht schwer, „subjektive Unterforderung“ als Grund zum Ausscheiden aus dem Rettungsdienst zu verstehen. Wer seinen Job als immer wiederkehrende, irgendwann öde Routine erfährt, dem fordert dieser nicht mehr so, als dass er dabei bleiben wollen würde. Ich möchte gerne herausfinden, was solche Seelen bei der Stange halten könnte. Denn vielleicht würde beim einen oder anderen ein Reframing der eigenen Situation vollkommen ausreichen. Überdies möchte ich mich gern daran beteiligen, Perspektiven für einen Verbleib im Job aufzuzeigen, denn eines ist sicher: wir müssen dem manifesten Fachkräftemangel begegnen. Das wir auch endlich neue Wege in der Präklinik beschreiten, den Rettungsdienst als Gatekeeper für die weiteren Strukturen des Gesundheitswesens etablieren und dabei auch weitere Jobperspektiven etablieren müssen, steht außer Frage. Doch für solche Vorhaben braucht es Mitstreiter. Hat jemand Interesse…?