Es sind komische Zeiten. Ja, in den USA stellt sich ein Psychopath zur Wiederwahl und das Beste, was die andere Partei aufzustellen vermochte, ist ein greiser, illiberaler Parteibonze. Na ja, wird schon schiefgehen. Das ist jedoch nicht, worum es mir gehen soll. Denn mein Augenmerk richtet sich einerseits an jedem vergehenden Tag im Moment auf die Gesundheit der Schüler und des Lehrkörpers (ja, auch meine). Covid19 ist gegenwärtig eine permanente Bedrohung für regelgemäßen Präsenz-Unterricht. Das betrifft ja nun nicht nur Berufsfachschulen, sondern vor allem auch das allgemeinbildende Schulwesen. Aber aus meiner persönlichen Sicht kann ich am Besten was dazu sagen.
Gleich vorweg – ich kriege einen Hals, wenn man Lehrern, die darauf hinweisen, dass E-Learning in vielerlei Hinsicht nicht gut – teilweise auch gar nicht – funktioniert wahlweise Inkompetenz, Faulheit oder mangelndes Engagement vorwirft. Viele Kolleginnen und Kollegen haben im ersten Lockdown non-existenter Infrastruktur, fehlender Ausbildung in E-Medien-Didaktik und mangelnder Unterstützung durch die zuständigen Behörden zum Trotze gezaubert. Und bekommen als Dankeschön dafür Gejammer und Gedisse. Schämen sollten sich diese Leute was. Insbesondere wieder jene, die keine Ahnung, dafür aber mal wieder verdammt viel Meinung haben.
Ich bin übrigens von einem dieser Kollegen aus dem allgemeinbildenden Schulwesen gerügt worden, weil ich Anfangs aus seiner Sicht nicht umfassend auf Hygienekonzepte hingewiesen habe. Ich kann an dieser Stelle sagen – danke für die Kritik, jedoch macht der Ton halt die Musik. Schwamm drüber, ich habe was dazugelernt. Insbesondere über Menschen. Mittlerweile sind die Konzepte ausgereift, gut beübt und dennoch, trotz aller Konformität mit behördlichen Vorgaben, vermutlich immer noch unzureichend. Wir werden sehen, wohin uns der November bringt. Ich vermute ja, dass wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt sind. Was bedeutet, dass ich von meinen Kollegen und insbesondere meinen Schülern stringente Einhaltung der Vorgaben verlangen muss. Das ist sozial nicht immer einfach.
Aber eine Einstellung des Präsenz-Unterrichtes wäre zu diesem Zeitpunkt mindesten genauso ungünstig, wie sie das Mitte März war, als ich mich hoppladihopp dazu genötigt sah, Inhalte des RS-Grundlehrganges auf Fernlehre umzustellen. Rettungsdienst ist nun mal ein Gewerk, dass sehr viel handlungspraktisch relevanten Unterricht verlangt und dies ist im E-Learning nur mühselig, wenn es jedoch um handwerkliche Skills geht gar nicht zu bewerkstelligen. Durch Nachlässigkeiten im Umgang mit den Hygienerichtlinien würden sich die Schüler also direkt ins eigenen Fleisch schneiden. Ich habe das schon bei einigen Gelegenheiten verdeutlicht; und doch…
Ich beobachte an mir eine gewisse Tendenz zur Ermüdung. So wie ich an meinen Schülern auch eine gewisse Tendenz zur Ermüdung sehen kann. Nun bin ich am Thema Risikogruppe ca. zwei Jahrzehnte näher dran als sie. Vielleicht ist es diese Abstraktheit der Bedrohung, die Menschen so große Probleme bereitet. Wenn ich mir einen Horrorfilm anschaue, dann kommt die Schreck-induzierte sympatho-adrenerge Reaktion so sicher wie das Amen in der Kirche, spätestens, wenn die Gruppe sich getrennt hat. Bei Covid19 ist das anders: da gibt es eine akute Stressreaktion erst, wenn man die Todesnachricht von Verwandten oder Freunden bekommt. Vorher ist es mehr so wie Bullshit-Bingo. Kann man spielen, es hat ja eh keine echten Konsequenzen.
Das klingt vielleicht resigniert und böse, doch so ist es nicht gemeint. Auch mir fällt das alles schwer. 7-8h am Tag mit Maske im Unterricht stehen, immer wieder ermahnen und beten das alles weiterlaufen kann, raubt einem ganz schön viel Kraft. Aber die Alternativen sind jenen, die sich mit der Materie auskennen weidlich bekannt. Also heißt die Parole: immer vorwärts, immer weiter, und nach außen immer heiter… Denn wenn entweder einer meiner Schüler, meiner Kollegen, oder ich des Covidiantentums verdächtig werden, ist der Ofen für den momentan so wichtigen Präsenzunterricht ganz schnell aus. Und wie geht’s euch anderen da draußen so? Ich wünsche eine gesunde und erfolgreiche Woche.