Ein Sieg…?

Entwickelt sich für das Berufsbild „Notfallsanitäter“ nun doch alles zum Guten? Ich weiß nicht; und wenn ich ehrlich bin, will ich noch nicht einmal spekulieren. Immer wieder wird, insbesondere von manchen Vertretern meines Berufsstandes, über den Lobbyismus der Ärzte gegen eine Substitution ärztlicher Maßnahmen durch Medizinalfachpersonal hergezogen. Es scheint manchmal, als wenn ständische Vertretungen der Ärzteschaft auf Standpunkten aus dem vergangenen Jahrhundert beharren, weil sie um ihre Pfründe fürchten. Doch ist dies tatsächlich der Fall?

Könnte es nicht eher so sein, dass diese Ständevertreter – angesichts ihres Alters und ihrer durchschnittlichen Positionen – einfach nicht mitbekommen haben, dass sich der Berufsstand des Rettungsfachpersonals in den vergangenen 25 Jahren erheblich weiter entwickelt hat? Dass der NotSan von heute mit dem RettSan von damals nur noch wenig gemein hat? Denn betrachten wir die Situation einmal nüchtern, sind die neueren Vertreter meiner Disziplin keine einfachen Befehlsempfänger mehr, sondern werden mit dem Handwerkszeug ausgestattet, selbst qua-wissenschaftlich die immer neuen Erkenntnisse der Evidenz-basierten Medizin sich anzueignen.

Zweifellos können manche das besser und andere weniger gut. Dennoch bleibt im Mittel eine deutlich verbesserte Fähigkeit, auf die Neuerungen und die damit einher gehenden Anforderungen des Feldes reagieren zu können. Doch diese Erkenntnis ist bei den Herren Standesvertretern der Ärzteschaft, in deren Köpfen wir immer noch dämliche Krankenträger sind, einfach noch nicht angekommen. Dies zu verändern, ist eine der Herausforderungen.

Ich habe mir heute morgen im Parlamentsfernsehen die öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses angesehen und musste ja ein bisschen schmunzeln, als der Vertreter der Bundesärztekammer sagte, dass man die Notwendigkeit sähe, auch andere hochschulisch-pädagogisch gebildete Menschen, nämlich z.B. Ärzte in die Leitung von OTA-Schulen berufen zu können. Um es aus der Sicht des studierten Berufspädagogen noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Ärzte sind allein Kraft ihres Studiums NICHT befähigt, pädagogisch tätig zu werden! Dazu mangelt es ihnen an der dazu notwendigen Ausbildung. Es mag von Fall zu Fall Ärzte geben, die dies zumindest teilweise durch Begabung ausgleichen können; aber das reine Fachwissen genügt nicht, um dieses auch didaktisch sinnvoll und dem Adressaten angemessen vermitteln zu können. Und es wäre mir sehr recht, wenn manche – allzu arrogante – Vertreter der ärztlichen Zunft dies endlich einmal zur Kenntnis nähmen.

Alle gestrigen Darlegungen wurden nun gewürdigt und heute morgen haben die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD ihren gemeinsamen Antrag auf Änderung des NotSanG zurückgezogen. Das heißt, die Bundesratsinitiative, welche von Bayern und Rheinland-Pfalz initiiert wurde, ist wieder im Rennen. Man könnte das als einen Sieg betrachten. Wäre da nicht der Umstand, dass das Einfügen einer begrenzten Befugnis zur Ausübung der Heilkunde im Rahmen der in der Ausbildung vermittelten Fähigkeiten in das NotSanG vermutlich zu kurz greift.

Eine Novelle des Heilpraktikergesetzes (HPG), welche für einzelne nicht-ärztliche Medizinalfachberufe jeweils – stets am Stand der medizinischen Forschung und der Tiefe der Ausbildung orientierte – Kompetenzen freigibt, wäre wesentlich sinnvoller und würde auch andere Berufsgruppen mit ähnlichen Problemen, wie etwa die Hebammen, Physiotherapeuten, etc. aus der Schusslinie nehmen. Aber das würde ja bedeuten, dass man zugeben müsste, dass a) unser Gesundheitswesen ziemlich kaputt ist und b) die deutsche Form der Arztausbildung auch nicht mehr der Weisheit letzter Schluss… Und so was glaubt ja keiner. Oder?

Komme es wie es mag, ich kann noch lange keinen Sieg erkennen. Dennoch bin ich froh, dass dieser halbherzige Quatsch von den GroKo-isten erstmal vom Tisch ist. In jedem Fall bleibt noch viel zu tun. Habe ich erwähnt, dass ich mich in die Schöpfung einer zweiten Braunwalder Erklärung involviere? Schönen Tag noch.

Auch zum Hören…

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