Don’t F.E.A.R. the Reaper…

Manchmal fragt man sich, warum man Dinge tat, tut, getan haben wird, tun wollte – oder halt doch unterließ; und so weiter und so fort. Wir leben, auch wenn wir uns gerne einer anderen Illusion hingeben möchten, zumeist im Konjunktiv. Es stört uns allerdings zugegebenermaßen beim Leben nicht sonderlich oft, nicht WIRKLICH zu WISSEN, was als Nächstes passieren wird, da unsere Erfahrung uns wenigstens das gute GEFÜHL vermittelt, die Dinge dennoch im Griff zu haben. Es ist dabei auch weitestgehend unerheblich, WAS wir gerade tun, oder WO und WARUM wir es tun. Außer, wir sind mit Aktionen außerhalb unserer Komfortzone befasst! Dann wird es heikel. Wenn das Unerwartete, das Unbekannte, das Noch-nie-Gemachte auf uns warten, dann beginnt die Amygdala zu feuern, um uns rast- und ratlos zurückzulassen. Hier spielt es allerdings eine Rolle, ob wir uns bewusst (und vor allem vorbereitet) auf etwas Neues/Anderes einlassen, oder unversehens in eine solche Angelegenheit geworfen werden. Man könnte auch sagen: Psychologisches Framing ist der Schlüssel! Was ich damit meine, ist Folgendes: auch, wenn ich mich mit einer gewissen Vorbereitung auf das Neue, Ungewisse einlassen kann, bleiben primär immer jene Sorgen und Zweifel, die daraus resultieren, dass meine Erfahrungs-Heuristiken mir an diesem Punkt schlicht nicht weiterhelfen können und ich mich daher auf eine Mischung aus educated guess und Spiekenkökerei verlassen muss. Dass dabei ein Leibgrimmen entsteht, ist verständlich. Was ich allerdings beeinflussen kann, ist mein Umgang mit diesem – zugegeben sehr unguten – Bauchgefühl. Ich kenne zwei Hauptvarianten, die sich beide mit dem Wort F.E.A.R. (hier verstanden als Akronym) beschreiben lassen:

Milde Abendsonne in Münster…
  • Variante A; Fear Everything And Run! Sich von der Sorge und Angst niederringen zu lassen, ist nichts ungewöhnliches und passiert jedem von uns dann und wann; einfach weil es Dinge gibt, die zu groß, zu schlimm, zu unabänderlich sind, so dass wir diese hinnehmen müssen, obwohl wir das eigentlich nicht können. Dieser Modus wird allerdings dann zum Problem, wenn mich ein solches Gefühl auch bei Situationen erfasst, die ich eigentlich kontrollieren könnte, wenn ich mir nur die Zeit nähme, diese richtig zu analysieren. Immer dann, wenn wir uns nämlich bei Entscheidungen einer subjektiven Zeitnot unterordnen, die so objektiv GARNICHT existiert, steigen Fehlerhäufigkeit und -wahrscheinlichkeit deutlich an. Immer wenn wir nur die Risiken, aber nicht mehr die Möglichkeiten sehen, beschädigen wir uns selbst. Immer, wenn wir nur noch auf Sicherheit spielen, verspielen wir einen Teil unseres Glückes. Letztlich ist es vollkommen egal, wie man zu so einer Einstellung gekommen ist, man sollte nur irgendwann an den Punkt kommen, zu begreifen, dass man sich auf diese Art vieler Chancen beraubt, sich entwickeln und wachsen zu können. Das einzige Ergebnis ständigen Zauderns ist ständiges Stehenbleiben – und wer stehenbleibt, wird von der Welt zwangsläufig überholt. Oder im schlimmsten Fall überrollt.
  • Variante B: Face Everything And Rise! Die eben beschriebenen Verhaltensweisen sind nicht immer schlecht! Angst kann in bestimmnten Situationen ein guter Ratgeber sein, um nicht über das Ziel hinauszuschießen. Es wäre aber schön, wenn man irgendwann die Weisheit entwickelte, erkennen zu können, wann Angst tatsächlich ein Ratgeber ist – und wann einfach nur Angst vor der eigenen Courage. Ich kann an dieser Stelle jedoch auch mit Gewissheit sagen, dass DAS eine der schwierigsten Lernaufgaben überhaupt ist, denn diese Weisheit ist sehr eng mit dem Wachstum von Handlungskompetenz verknüpft. Wirklich zu wissen, was man kann und was (noch) nicht, ist eine Gabe, die man sich nur mühsam aneignet und bei der gilt: Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen, außer durch mehr Erfahrung. Daher ist die zweite Option auch ein zweischneidiges Schwert; kann einen das beherzigen des „Face Everything And Rise!“ doch auch dazu bringen, Dinge tun zu wollen, die man (noch) nicht kann. Und manchmal auch solche, die man niemals wird tun können…

Ich ging heute Abend in Münster (Westfalen) spazieren. Zuerst zum Hafen und dann durch das Hansaviertel zurück. Ein reichhaltiges Abendessen wollte halt mit ein paar Schritten gekontert werden; und wie ich so durch diese vollkommen fremde Stadt ging, hatte ich dennoch das Gefühl hier richtig zu sein, denn da waren einfach nur ein (kleiner) Haufen andere Menschen, die anscheinend ebenso das Gefühl hatten, den überraschend milden Abend nicht vollkommen ungenutzt vorüber ziehen lassen zu wollen. Sehr erfrischend, einfach mal für ein paar Augenblicke nur sein zu können, wenn man vom Grundrauschen der typischen Sorgen, die mich oft begleiten mal absehen möchte. Die Arbeit hat mich halt schon auf der Zugfahrt eingeholt, auch wenn es eigentlich erst morgen hier richtig losgeht. Ich glaube, wenn ich das nächste Mal ein paar Tage frei mache, lege ich mir für die Zeit ein Prepaid-Handy zu und schalte das andere einfach ab. Es würde mich vermutlich etwas gesünder machen. Was nun aber FEAR angeht… es hätte (ohne Grundrauschen) ein fast perfekter Moment für Variante B gewesen sein können; ärgerlich, aber daran sterben wird auch niemand. Daher auch keine Angst vor dem Reaper. Immerhin, ich bin hier: anderes Setting, andere Player, anderes Format, andere Ziele und dennoch inhaltlich vertrautes Terrain. Nur isses halt heute anders gelaufen als erhofft, aber so ist das Leben; hätte ich Angst vor solchen Abweichungen vom „Idealbild“, wäre ich der Falsche für meinen Job. Die neue Woche startet spannend und ich nehme die Herausforderung an. Wir hören uns.

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