Diskussionskultur?

Ich habe es in letzter Zeit schon ein paar Mal thematisiert, dass ich in der öffentlichen Auseinandersetzung den Punkt „Kultur“ im Begriff, der heute die Überschrift konstituiert, erheblich vermisse. Ich bin wirklich der Allerletzte, der nicht gerne mal bis zur Polemik überspitzt und andere Diskussionsteilnehmer auch mal hart verbal angeht. Das ich das im Gegenzug auch selbst erdulden muss – geschenkt. Das gehört dazu. Die Frage ist, ob man dabei an den Fakten orientiert bleibt und dem Gegenüber gleichzeitig die Chance einräumt, seinen Standpunkt zu äußern. Ein Mindestmaß an mentaler Flexibilität ist hierfür eine Grundvoraussetzung. und natürlich die Fähigkeit, abseits seiner politischen Dogmen zu denken.

Ich bin Sozialdemokrat. Ist nicht leicht dazu zu stehen, wenn man sich anschaut, was speziell die Bundes-SPD in den letzten Jahren an Mist verzapft hat, den man keinem echten Sozen als sozialdemokratische Politik verkaufen kann. Dabei sollte offen zur Diskussion und auch Disposition stehen dürfen, was Sozialdemokratie im Kern bedeuten soll. Was Olaf Scholz treibt, verdient diese Bezeichnung allerdings nicht im Ansatz. Schwamm drüber. Ich habe durchaus auch Sympathie für die eine oder andere Position der Linken. So, wie ich auch manches, was die Grünen sagen, gut finde und selbst manche tiefschwarze Ansicht findet meine Zustimmung. Wie schon vor langer Zeit gesagt – man kann eine politische Auffassung kaum mit drei Buchstaben abkürzen.

Dieser Beitrag von Jung & Naiv , in welchem Susann Hennig-Wellsow (neue Vorsitzende der Linken) ihre bemerkenswerte Unkenntnis im Bezug auf Wehrpolitik offenbart und sich dabei in typisch linkem Dogmatismus verstrickt, wurde in einem „Ich-habe-das-geteilt“-Thread Anlass einer Diskussion, in deren Verlauf ein Kommentar, welcher der Blase, die sich da hoch verächtlich und auch ad hominem äußerte nicht gefiel, kommentarlos gelöscht wurde. Wären das alles AfD-Leute, hätte es mich nicht gewundert oder gejuckt, obwohl man bei denen eher einen Shit-Storm erwarten dürfte. Da da jedoch lauter Leute unterwegs waren, die sich selbst als aufrechte Demokraten bezeichnen würden, war ich über diese freche Zensur doch mehr als nur ein bisschen betrübt. Insbesondere, da das teilweise Leute waren, die ich bislang aus unterschiedlichsten Gründen respektiert habe.

Sinngemäß hatte ich geschrieben, dass es schon zu billig und zu wohlfeil wäre, sich hier an der offenkundigen Unkenntnis von Frau Henning-Wellsow abzuarbeiten, und gefragt, was wohl schlimmer wäre: diese Unkenntnis, oder wenn doch eigene Parteifreunde sich Kraft Amtes bereichern (Nikolas Löbel), Cum-Ex-Verdächtige vertreten (Wolfgang-Kubicki) oder auf undurchsichtige Weise in eben jene Affäre verstrickt zu sein scheinen (Olaf Scholz). Ich weise an dieser Stelle noch mal drauf hin – auch die SPD kriegt ihr Fett weg! Die Grünen erwähne ich deshalb schon gar nicht mehr, weil das so unglaublich viele Menschen auf so unglaublich uncharmante Art triggert. Auf solche Schlammschlachten habe ich keine Lust mehr. Wer immer noch nicht begriffen hat, dass wir mit dem gesamtgesellschaftlichen Umbau jetzt schon ein Jahrzehnt zu spät dran sind, dem kann ich auch nicht mehr helfen.

Jedenfalls musste ich in der Folge jemanden entfreunden, den ich auch in Persona schon lange kannte (nun aber nicht mehr kennen will) , weil mir derlei Zensur weder verständlich noch tolerabel ist. Man wirft AfD-Anhängern und Verschwörungschwurblern immer gerne vor, dass die sich in ihrer Blase ja radikalisieren und dort undemokratische Meinungen und Verhaltensweisen verinnerlichen würden. Qualitativ ist das oben beschriebene Verhalten, missliebige Kommentare wortlos zu löschen genau das gleiche, denn man entzieht sich auf einfache Art und Weise einer inhaltlichen Diskussion. Das hat jedoch mit „ein aufrechter Demokrat sein“ dann nichts mehr zu tun. Natürlich nutzt man Facebook als Bestätigungs-Maschine, um das Belohnungssystem anzukurbeln. Für was anderes taugt es ja nicht. Dann sollte man aber auch so ehrlich sein und offen sagen: „deine Meinung wollen wir hier nicht!“.

Darum sage ich es der gemeinten Person jetzt im Gegenzug in aller Deutlichkeit: deine Art der „politischen Diskussion“ ist eines vermeintlich gebildeten Menschen unwürdig und deine Kritikfähigkeit unter aller Sau. Viel Spaß in der eigenen Blase…

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