Das Gute im Menschen…

…ist eine Illusion? Nein, soweit würde ich dann doch nicht gehen. Immerhin habe ich schon viele positive Beispiele sehen dürfen. Es ist nur so, dass diese verrückten Zeiten vornehmlich die Extreme in den Menschen zum Vorschein bringen. Ich ging heute, nachdem ich in den letzten Tagen nur eingeschränkt dazu gekommen bin (dank eines sehr intensiven Abschlusslehrganges), mal wieder im Waldpark spazieren und musste feststellen, dass da Menschen waren, die genauso wie ich auf der Suche nach frischer Luft und freien Gedanken waren. Zumindest rede ich mir das ein. Die meisten waren wohl eher auf dem Weg zum Weiher oder ins Strandbad.

Ich bekam natürlich auch das übliche Sammelsurium menschoider Daseinsformen vorgeführt, die mir manchmal das Leben sauer machen: die Lauten, die Egoisten, die Narzissten, die Bramarbasierer; kurz, die üblichen Nervtöter halt, welche jegliche Ansammlung von Volk zu durchsetzen und damit zu zersetzen neigen. Drauf geschissen. Irgendwann, nach einer Weile kam ich dahin, wo es dann stiller wird, weil die Meisten ja doch nur so tun, als wenn sie spazieren gingen. Und dann wurde es angenehm. Also nicht im Sinne der Witterung, denn die war heute eindeutig zu heiß zum Wohlfühlen. Aber da war weniger Volk!

Bäume und so…

Bin ich ein Misantrop? Vermutlich zumindest ein bisschen, da ja jeder soziale Beruf das Risiko in sich trägt, nach und nach asozial zu werden. Jedenfalls sah ich unterwegs – bevor ich in den Genuss der gesuchten Solitude kam – Menschen. Eine sah aus, als wenn sie über Suizid nachdächte und es ist beim besten Willen nicht schicklich, jemand Unbekanntes so direkt darauf anzusprechen. Die meisten sahen weg, wenn ich ein recht fröhliches „Guten Morgen“ von mir gab (um 10:45 finde ich das am Sonntag noch angemessen), als wenn sie mit Besserem / Wichtigerem beschäftigt wären (vermutlich sich selbst, so wie ich auch) und Manche waren so ostentativ mit etwas beschäftigt, dass es schon fast an versuchten Landfriedensbruch gegrenzt hätte, sie anzusprechen.

Das deckt sich mit meinen Erfahrungen der letzten Zeit. Wann auch immer ich kürzlich mit Menschen zu tun hatte, die nicht gerade aus meinem familiären oder direkten beruflichen Umfeld kamen, gab es dieses Gefühl von Distanziertheit, Angst, Ekpathie, Soziophobie, welches sich vermutlich aus der Unsicherheit über den Fortgang der Dinge unter dem weiterhin gültigen Vorzeichen „Corona“ speist. Wir sind einfach von der Rolle. Und gefühlt bleibt dabei ein Teil unserer Menschlichkeit auf der Strecke. Denn mit dem Schrumpfen unseres sozialen Radius scheint auch unsere Offenheit gegenüber dem Sozialen insgesamt zu schrumpfen. Mit verheerenden Folgen.

Dass die Pandemie Existenzen, Lebensentwürfe, Lebenspläne, etc. über den Haufen wirft, als seien diese nichts, ist eine Tatsache und für sich betrachtet schlimm genug. Dass wir uns davon offenkundig nachhaltig spalten, entzweien, ins Chaos (ver)führen lassen, ist mir zwar verständlich, jedoch dennoch ein Graus – und irgendwie auch ein Rätsel. Ist unser ganzer zivilisatorischer Anstrich tatsächlich so dünn, dass diese Prüfung ihn hinweg zu wischen vermag? Oder ist es nicht eher so, dass die letzten Jahrzehnte des dauernden Wachstums und Fortschritts uns vollkommen blind gemacht haben für die Fragilität dieses Konstruktes „Menschheit“? Sind wir letztlich immer noch nur diese egoistischen, Triebgesteuerten Affen, für die manche Forscher uns heute noch halten? Ich weiß es wirklich nicht – aber ich würde mir wünschen, dass wir wenigstens irgendwann über dieses Stadium hinweg kämen. Wäre denn nicht genau jetzt ein guter Zeitpunkt für das Gute im Menschen? Ich will’s versuchen. Macht irgendwer mit…?

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